(c) Pester Lloyd / 26 - 2009
WIRTSCHAFT 24.06.2009 _______________________________________________________
Heiße Luft, statt steifer Brise
Ungarn nutzt sein Potential aus Windkraft fast nicht
Dass in Budapest viel heiße Luft produziert wird, ist nichts Neues. Auch, dass man aus dem Wind, der durch Ungarns Weiten pfeift, saubere und zudem
preisgünstige Energie machen kann, ist bekannt, wird aber noch viel zu wenig genutzt. 13% der Energie soll bis 2020 aus sauberen Quellen kommen, sogar
über 20% könnten es sein, wenn Politik und Netzbetreiber mitspielen.
Das findet auch und vor allem Péter Tóth, Präsident der ungarischen Vereinigung für
Windenergie. Auf einem gerade zu Ende gegangenen Workshop, einer Art Road Show, organsiert vom Europäischen Windenergie Verband, sagte Tóth: "Ungarn hat
ein riesiges Potential für Windenergie. Wenn die Regierung zügig Maßnahmen ergreifen würde, wie die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und einen
leichteren Netzzugang für erneuerbare Energien, könnte die Windenergie einer der Hauptfaktoren zum Erreichen der mit der EU vereinbarten Ziele für 2020 werden."
Bis dahin soll nämlich der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtaufkommen von
4,3% Ende 2005 auf rund 13% angehoben werden. "Doch nach einer Modellrechnung der Europäischen Kommission hat Ungarn sogar die Möglichkeit bis 2020 rund 20%
seiner Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen", meinte die Kongressteilnehmerin Andra Hercsuth, die beim Direktorat für Transport und
Energie der Europäischen Kommission tätig ist. Dies sei auch ein Anreiz für die lokale Industrie und Forschung.
Eine Windenergieanlage kann auch für Bauern eine zusätzliche Einnahmequelle bedeuten.
Der Wille der Netzbetreiber ist entscheidend
Derzeit wird noch nicht einmal 1% der Energie in Ungarn aus Wind erzeugt, das ist
weniger als halb so viel wie der EU-Schnitt. Im Mai 2009 liefen im ganzen Land Windkraftanlagen mit einer Leistung von gerade 177 MW, während in der EU
insgesamt schon Anlagen mit 65.000 MW installiert sind. "Im Jahr 2010 muss Ungarn einen nationalen Aktionsplan vorlegen, der konkrete Zielvorgaben und Maßnahmen
zur Erreichung der Ziele von 2020 enzhält.", mahnte Jacopo Moccia, Funktionär bei der Europäischen Agentur für Windenergie (EWEA), dem Regulator der Branche.
Sein Aufruf geht auch an die großen Netzbetreiber des Landes, die zu einer
Verbesserung und Modernisierung des Einspeisungsmanagements gebracht werden müssten, um kleinen alternativen Erzeugern leichten und sicheren Zugang zum Netz
zu ermöglichen. Monopoldenken aus alter Zeit nutze niemandem mehr, wurde betont. Und diese Vormachtstellung der Netzbetreiber ist wahrscheinlich der
gordische Knoten, der durchschlagen gehört. Verdienen könnten an der neuen Technologie Große wie Kleine, war der Tenor der Teilnehmer, Finanzierungen sind
selbst in Krisenzeiten kein Problem, allein die Europäische Entwicklungsbank teckt Millarden in diese Technologien.
Was auf der Konferenz klar wurde: Windenergie gehört, trotz der Querelen um
landschaftsstörende Großmasten, zu den unproblematischsten unter den erneuerbaren Energien. Der Zugang zum Rohstoff ist so leicht wie bei kaum einer
anderen Technologie. Immerhin 36% der in der EU neu gebauten Energieerzeugungskapazitäten entfielen 2008 auf Windenergietechnik. An jedem
Arbeitstag wurden duchschnittlich 20 neue Turbinen in Betrieb genommen. Rund 160.000 Menschen sichert die Windenergieindustrie ittlerweile die Existenz, bis 2020 könnten es schon 330.000 sein.
Ungarn, so wurde festgestellt, hinkt der Entwicklung immer noch deutlich hinterher.
Hier wird noch viel zu viel heiße Luft produziert, als die steife Brise der Puszta genutzt.
Spanier kennen sich aus im Kampf mit Windmühlen
Einige Windparks sind mittlerweile entstanden, durch ausländische Investoren, z.B.
Spanier, Österreicher, Deutsche. Doch die haben meist noch den Charakter von Referenz- oder Pilotprojekten. So hat der spanische Spezialist für erneuerbare
Energien, Iberdrola Renovables, im April eine 50MW-Windkraftanlage in Nordungarn in Betrieb genommen und ist damit auf Anhieb größter Erzeuger im Land geworden.
Die Spanier kennen sich eben aus im Kampf mit und für Windmühlen. Dieses erste Projekt umfasst 25 Windturbinen mit je 2 MW Nennleistung und soll als Referenz zur
Erschließung des regionalen Marktes dienen. Projekte mit einer Gesamtkapazität von 254 MW sind in Planung, mehr also, als bisher überhaupt in Ungarn aus
Windkraft erzeugt wird. Die Spanier wollen bis zu 200 Mio EUR in Ungarn investieren. Auch eine Tochter der burgenländischen BEWAG, die International
Windpower, ist seit November des Vorjahres mit einem Windpark in Jánossomorja vertreten. Gerade erst lieferte Vestas Central Europe, einer der führenden
Hersteller von Turbinen für Windkraftanlagen, 12 x V90-2.0 MW Turbinen nach Böny, wo die ungarische Firma Euro Green Energy im Laufe des vierten Quartals
circa 80 km westlich von Budapest ein Projekt errichtet.
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