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(c) Pester Lloyd / 28 - 2009 BUDAPEST 08.07.2009
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Empfehlungen und Warnungen

Gastronomische und touristische Impressionen aus Budapest

Die Sensation der vergangen Tage in Budapest war für die Touristen die überschwemmten, sonst von vielen Autos befahrenen Uferstraßen im Innenstadtbereich. Doch auch sonst hat Budapest im Sommer viel Flair und beweist Geschmack, wenn man einige Dinge beachtet.

Vom oberen Geländer am Vigadó tér hatte man einen guten Überblick über die nun hier noch breitere Donau mit dem Panorama Gellértberg mit Zitadelle und Freiheitsstatue-Burg-Burgviertel-Fischerbastei-Hilton Hotel mit Dominikanerabtei und Staatsarchiv. Dieser Blick allein ist eine Reise wert und macht Budapest wirklich zu einer der schönsten Städte Europas – auch ohne Hochwasser.

Am Abend erstrahlen Burg und Brücken, Hotels und Restaurants und die Vielzahl der Restaurantschiffe wie z. B. das Columbus-Schiff (abends mit gutem Life-Jazz und besten Biersorte), das Spoon-Schiff mit wechselnden Veranstaltungen, das altehrwürdige Kossuth-Museeumsschiff mit einer ausgezeichneten Küche, die ebenfalls gegenüber am anderen Donaukai auf dem Europa-Schiff genossen werden kann. Der Scheine der zigtausend Lampen machen hier die Sommerabende unvergleichlich. Die Restaurants bieten offen gelegte Speisekarten mit ungarischen und inzwischen auch leichteren Kreationen der internationalen Küchen zu zentraleuropäischen Preisen an.

Am Liszt-Platz in Budapest, eine einzige kulinarische Meile. Fotos: Pester Lloyd

Von Währungsabwertung und West-Ost-Preisgefälle ist hier nichts zu spüren, aber immerhin hat man bei hochsommerlichen Temperaturen die Wahl, auch kleine, leichte Speisen zu wählen, die weder den Magen noch die Geldtasche überfordern. Dennoch ist Vorsicht geboten, wie uns neulich Österreicher verrieten, die in Ungarn arbeiten, sich seit früher Kindheit hier wohl fühlen und bei einem kürzlichen Herrenbummel durch ein paar Kneipen an einem Abend um eine Viertelmillion Forint (ca. 1.000 Euro) erleichtert wurde. Also schauen Sie, liebe Touristen - wie in allen europäischen Abzockzonen - genau auf das Etablissement, die Lockrufe gewisser Mädchen, die Rechnung und geben Sie Trinkgeld nicht zu reichlich, wenn der Serviczuschlag bereits extra auf der Rechnung mit 10% bzw. 12% ausgewiesen ist. Ebenso ist auf Handtaschen, Handys und Fotoapparate zu achten, nicht nur in Budapest.

Aber dann steht dem genussvollem Sitzen und Schauen nichts mehr im Wege, ohne jedoch den kritischen Blick dabei all dem Taumel zu opfern. Am Vigadó (der Redoutensaal Budapests) ist es im Vergleich zu den Vorjahren ein wenig langweilig geworden, seit die Stadtverwaltung die früher so beliebten Händwerkerstände in die inneren Straßen, hinter dem Vörösmarty tér, verband hat. Verloren stehen ein paar kleine Touristeninfowägelchen herum, die die ewig gleichen Operetten- und Folkloreprogramme anpreisen. Kein Eiswagen, der eine wohlfeile Abkühlung gestattet, keine Stand mit schnellen Getränken, - alles nur in den überteuerten u nd ziemlich leeren Boulevardcafés zu haben.

Am Vörösmarty tér, (den Namensgeber nennen die Ungarn gern „Unser Goethe“, lädt das berühmte Gerbeaud-Kaffeehaus (innen sehr sehenswert) ein und bietet die gängigen Kaffeekreationen und ungarisch-österreichische Torten wie die Dobos-, die Esterházy- und Sachertorte oder Apfelstrudel, neben Eisbechern, an. Der Innovationsgrad der Konditoreiwaren ist wie der der Krise, - nicht sehr einfallsreich. Die Auguszt- und die Taubner-Konditoreien in Buda sowie die kleinen Szamos-Konditoreien haben da wesentlich mehr zu bieten. Aber so ist das eben mit einem berühmten Namen: man muss schon was tun, um seinen ehemals guten Klang in der Welt zu erhalten! Und wer nichts dafür tut und nur vom Namen zehren will, den ereilt früher oder später das Gundel-Geschick!

Die anderen Straßencafés um das Denkmal des Dichters Vörösmarty sind für ungarische Verhältnise unverschämt teuer, da gehe man lieber im neuen verglasten Warencenter in die moderaten Klamottenläden shoppen. In der schmalen alten Váci utca sollte man die Nasen nicht nur in die Geschäfte stecken, sondern auch mal in die Höhe, zu den alten Gründerzeit- und Jugendstil- Fassaden. Auch hier sind zahlreiche neue Cafés und Gaststätten entstanden, die aber - wenn überhaupt – fast nur von Touristen besucht werden.

Durch eine Unterführung an der Erzsébet-Brücke gelangt man in die neuere Váci utca mit Cafés und der St. Mihály-Kirche, wo abends oft Orgel- und Orchestermusiken zu hören sind. Am Ende der Straße stößt man geradezu auf die große Budapester Markthalle, die immer noch sehenswert ist und wo man auf der oberen Galerie nicht nur die ganze Welt der Folklorestickereien, Pelz- und Lederwaren, Kitsch und Krempel findet, sondern auch was Sättigendes auf die Hand und ein Glas Wein dazu. Im Keller sind Fisch-, Wild- und ein Asialaden ansässig. Im Erdgeschoss ist von Fleisch, Gemüse, Eingemachtem über Paprika- und Knoblauchzöpfe so ziemlich alles zu bekommen. Edles Steakfleisch, abgehangen, ist allerdings genauso schwierig zu finden, wie das Glaser´l Wasser gratis zum Espresso. Da ist der Ungar Beratungsresistent oder er will´s halt nicht!

Zum Einkehren sei übrigens der Liszt tér, von der Musikakademie bis zur Andrássy út empfohlen. An diesem gastronomischen Permuda-Dreieck brennt abends die Luft. Die Parallelstrasse, die Nagymezo utca, wird wegen des dort ansässigen Operettenhauses, Thália Theaters und Moulang Rouge auch etwas vermessen „Broadway” genannt. Auch hier überall neue oder alte renovierte Cafés. Aber dem ehemalige Operettentheater-Restaurant, wo früher alte Mimen und flotte Tänzerinnen ihr Tässchen Bier oder Schöppchen Wein schlürften, ist die Verjüngung nicht gut bekommen. Auf der Terrasse gibt’s neuerdings keine alkoholischen Getränke mehr (die Künstler könnten ja beschwippst auf die Bühne kommen! – argumentiert man hier), und die alten preiswerten Tagesmenüs sind auch nicht mehr zu haben. Damit ist auch die Künstler-Atmosphäre, die hier den Zauber ausmachte, nicht mehr anzutreffen. Deshalb sei das „Ferenc József”, die rustikale Kneipe auf der anderen Seite der Nagymezö utca empfohlen, mit der besten ungarischen Gulaschsuppe, Bier aus Tonkrügen und viel herrlich-verkitschter k.u.k.-Nostalgie.

Und noch eine Empfehlung: Wenn Sommer ist und die Bühnen nur gelegentlich zum Festival die Vorhänge heben, ist Freilichtbühnensaison – wie z.B. auf der Margaretheninsel. Oder sie gönnen sich einen sehr informativen Gang durch die Staatsoper, tägliche Führungen – in mehreren Sprachen - von 15 bis 17 Uhr (siehe auch unser Buchtipp „Logengeflüster“!)

Für fußmüde Stadttouristen sei eine Schiffsfahrt nach Szentendre (ca. 1 Stunde) empfohlen, wo kleinstädtischer Barock, serbische Geschichte und viele Künstlergalerien einladen. Und übrigens: wo Künstler sind, gibt´s auch Kneipen: hier sei u.a. das mexikanisch orientierte „Palapa”, das „Új Müvész” oder die „Szamos Konditorei” empfohlen. Die Rückfahrt nach Budapest ist bis 22.50 Uhr mit der ratternden HÉV (Vorortbahn bis und ab Margareten-Brücke oder Batyanny tér) preiswert möglich, falls Sie nicht noch die Kraft haben, um das wirklich sehenswerte Freilichtmuseum Skanzen (am Stadtrand von Szentendre, auch mit Kindern geeignet) zu besuchen und dort das alte Ungarn erleben und genießen zu können.

E. Figura  

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