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(c) Pester Lloyd / 29 - 2009 POLITIK 18.07.2009
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Exemplarisches Gaunertrio

Ungarn: Fidesz-Politiker unter Korruptionsverdacht

Gegen das Vorstandsmitglied des Fidesz, László Kövér, hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachtes auf Bestechlichkeit eingeleitet, teilte die Behörde am Freitag mit. Die Polizei stützt sich bei den Untersuchungen auf eine Tonaufnahme, bei der es um ein Straßenbauprojekt in Fót geht und die als Lehrbeispiel für das System der Korruption dienen kann.

Auf der CD mit der Aufnahme, die mehreren lokalen Abgeordneten und Medien zugespielt wurde, ist ein Gespräch zwischen einem städtischen Beamten und dem Rechtsanwalt József Szilos zu hören, auf dem beide überlegen, wie man einen öffentlichen Auftrag "verteuern" könnte.

Vorsicht bei Mikrofonen...

Konkret ging es darum, den Lokalbehörden die Differenz zwischen der Ausschreibungssumme von 108 Mio HUF und den von der ausführenden Firma Swietelsky in Rechnung gestellten 152 Mio. HUF (ca. 560.000 EUR), zu verklickern. Der Anwalt sagte daraufhin, dass sei zwar nicht leicht, aber bereits in einem früheren solchen Falle wäre die Hilfe von Kövér nützlich gewesen. Ein weiteres Band erörtert dann Möglichkeiten, "Zusatzarbeiten" in die Abrechnung einzubringen, um die Summe besser rechtfertigen zu können.

Der Inhalt des Bandes kann als Exempel für die allgegenwärtige Korruption (nicht nur in Ungarn, aber hier besonders dreist) dienen, weil es beispielhaft die verbrecherische Verquickung von privatem Unternehmer und öffentlich Bedienstetem zeigt, die, unter Mithilfe eines staatlich lizensierten Organs der Rechtspflege, als Gaunertrio Steuergelder plündern.

Anfänglich versuchten der Fidesz, Ungarns nationalkonservative Oppositionspartei, die spätestens 2010 die Macht im Lande übernehmen wird sowie Kövér selbst das Band als Fälschung und Kampagne der Linken darzustellen, mittlerweile verdichten sich jedoch die Anzeichen dafür, dass alles ein "echter Beschiss" ist. Einige Lokalpolitiker, die schon wissen werden, warum sie so ganz besonders laut schimpfen, bezeichnen die Angelegenheit in ihrem antrainierten Hass immer noch als eine Aktion der “schmutzigen Kommunisten”. Gefragt wird vor allem, wem ein solcher Mittschnitt nutzte und wer dort ein Mikfrofon installiert habe. D.h., dass heimliche Abhören eines Fidesz-Säulenheiligen wird als schändlicher dargestellt als seine mögliche Verwicklung in eine Korruptionshandlung.

László Kövér ist Gründungsmitglied des Fidesz und derzeit u.a. stellvertretender Fraktionschef. Er gilt stets als der Mann fürs Grobe, wenn es um Angriffe gegen die Sozialisten geht. Diese, und auch die Liberalen haben freilich ihre eigene Reihe von Skandalen (Stichworte: Zuschlag-Affäre, Immoskandale im VI. Bezirk etc.), wenn man nicht ohnehin die gesamte Gyurcsány-Ära als einen einzigen Betrugsskandal sehen will. Die Affäre ist für den Fidesz besonders peinlich, da man sich immer als die moralisch saubere Partei darstellte, während die Sozialisten als habgierige Räuber am Volke portraitiert werden.

Auch gegen den Vorsitzenden der Romapartei und Chef der Romaselbstverwaltung, Orbán Kolompár, wurden am Freitag staatsanwaltliche Ermittlungen bekannt gegeben. Hier geht es um Unterschlagung, den Verdacht der Steuerhinterziehung und den Verstoss gegen Buchhaltungspflichten, konkret um eine unerklärliche Differenz in der Kasse der Selbstverwaltung von rund 5 Mio HUF (ca. 18.000 EUR).

Für alle genannten Personen und Unternehmen gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.

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(c) Pester Lloyd

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