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(c) Pester Lloyd / 30 - 2009 WIRTSCHAFT 23.07.2009
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Kommentar

Schöne Wirtschaft!

Bankchef in Ungarn steckt Millionen in seinen Weinberg

Während zigtausende Bankkunden die ihnen aufgeschwatzten Fremdwährungskredite nicht oder kaum noch bedienen können, scheinen die Banken den Sommer so richtig zu genießen. Die Kunden und dieStaatsschelte ist ihnen scheinbar egal, dafür steckt der Chef der OTP gerade wieder 160 Millionen in seinen Villányer Weinberg, auch weil er - der Bankdirektor - dort "Verluste aus Finanzgeschäften" erlitt.

Während die Banken öffentlich Wasser predigen, trinken ihre Manager - gar nicht heimlich - Wein. Besonders freuen wird die beladene Kundschaft der OTP die Nachricht, dass für das Hobby des Herrn Bankdirektors noch ausreichend Geld vorhanden zu sein scheint. Sándor Csányi, OTP Chef und, wenn man das Wort auf die Dimensionen in Ungarn anwenden kann, ein Oligarch der hiesigen Wirtschaft, hat das Stammkapital seines Weingutes, der Csányi Pincészet Zrt. gerade um 160 Mio HUF ca. 600.000 EUR) auf 1,74 Mrd. HUF (ca. 6,5 Mio EUR) erhöht, wie es heißt, um die Liquidität des Unternehmens zu erhöhen.

Csányi zieht in den besten Lagen von Ungarns Topregion, dem Villány auf immerhin 340 Hektar Reben heran. Darunter alle klassischen Sorten, wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir (Spätburgunder), Cabernet Franc, Blauer Portugieser und Blaufränkischer. Die Umsätze im letzten Jahr beliefen sich mit ca. 2 Mio Flaschen unter der Marke Teleki auf umgerechnet ca. 5 Mio EUR.

Gewinne machte man jedoch, offiziell, keine: die Aktiengesellschaft wies einen Verlust von 308 Mio Forint, etwa 1,3 Mio EUR aus. Wobei man nachdenklich werden sollte, wenn man weiß, dass Csányis Weinberg ein operatives Minus von 27 Mio HUF machte, der Herr Bankchef aber fast 290 Mio HUF bei "finanziellen Transaktionen" in seinem Weinberg versenkte...

Nun ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, dass ein viel beschäftigter Manager seinem Hobby fröhnt und seinen Weinberg in Schuss hält, doch kommt die Investition gerade zur denkbar ungünstigen Zeit ans Licht der Öffentlichkeit: Die OTP und auch die meisten anderen Banken geben derzeit eine hundsmiserable Figur ab.

Sie finanzieren sich und ihre Geschäfte günstig über bevorzugte Kreditlinien, weil Staaten und Union die Liquidität um jeden Preis gewährleisten müssen. Dafür erhöhten die Banken Gebühren und Zinsen für die Kundschaft ganz nach gusto, bis sogar der Ministerpräsident, wahrlich kein Feind der Finanzwirtschaft, öffentlichkeitswirksam eingreifen musste.

Einen Ethikcode für den Umgang mit Schuldnern und die Beschränkung auf bestimmte Bankprodukte lehnten sie gerade erst rundherum ab und wollen sich nun wieder ihre eigenen Regeln zimmern. Gleichzeitig bekommen vor allem eigenkapitalschwache Kleinunternehmer, die vielleicht innovativ sind und sogar Arbeitsplätze schaffen könnten, bald nicht einmal mehr einen Termin, geschweige denn einen Kredit, um ihr Geschäft am Laufen zu halten. Die Banken parken das Geld derweil lieber in sicheren Häfen und erpressen Land und Volk mit der Drohung eines weiteren Crashs wegen fauler Kredite. Schöne Wirtschaft!

 

ms.

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