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(c) Pester Lloyd / 33 - 2009 POLITIK 12.08.2009
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Machtwörtchen

Der Präsident von Ungarn findet wenigstens die Sprache wieder

Über eine Woche nach dem jüngsten Mord an einer Angehörigen der ungarischen Roma, hat sich nun doch auch der Präsident des Landes zu Wort gemeldet. Nach einer Unterredung mit Ministerpräsident Gordon Bajnai, um die Letzterer gebeten hatte, fand Präsident László Solyóm relativ klare Worte, auch zu dem geplanten Hess-Gedenkaufmarsch. Dass aus diesen Machtwörtchen auch Taten erwachsen könnten, danach klang es allerdings nicht.

Präsident Solyóm sagte, die Sicherheit der Romagemeinschaft "ist eine moralische Verpflichtung der Nation." Das klingt, mit Verlaub etwas fakultativ. In erster Linie ist sie das Recht der Roma wie jedes Menschen und juristische Pflicht des Staates und seiner Bürger. Immerhin schob er nach, dass die Situation in Ungarn "derzeit explosiv ist" und der Staat alle Möglichkeiten der Ermittlung der Täter nutzen wird.

Noch vor einiger Zeit hatte eben dieser Präsident in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen, die rechtsradikale Szene in Ungarn als "mediale Übergrösse" verniedlicht und als Machwerk sensationslüsterner Medien, die auf die Marketingtaktik der Rechten reingefallen seien. Nun bezog er klarer Position hinsichtlich der offensichtlichen Motivation der Täter. In der ungarischen Rechten (und d.h. nicht nur der extremen Rechten) kursieren nämlich mittlerweile die tollsten Theorien, wer alles hinter den Morden stecken könnte, von Kredithaien bis ausländischen Geheimdiensten, die Ungarn destabilisieren wollen.

"Diese Morde sind keine Angelegenheit unter Roma, sondern bedrohen die Stabilität Ungarns". Daher ist es wichtig, dass sich die ganze Gesellschaft an die Seite der Roma stellt. Eine lieb gemeinte Forderung, die aber von mutwilliger Realitätsverweigerung kündet. "Was passiert ist, kann nicht relativiert und verniedlicht werden, es gibt kein Pardon für die Täter", wurde der Präsident mutig.

Gleichzeitig nannte er die in- und ausländischen Neonazis, die am 15. August einen Gedenkmarsch und -konzert für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess abhalten wollen, "in Ungarn unerwünscht". Bereits einen Tag zuvor hatte der Ministerpräsident Bajnai, weitaus deutlicher, zur "Verhinderung" dieser Veranstaltung aufgerufen. (unser Beitrag)

Wiesenthal-Zentrum kritisert Ungarns Präsidenten vor der EU

Derweil hat das Wiesenthal Zentrum an das Europäische Parlament appeliert, eine Resolution zu verabschieden, welche die Übergriffe auf Roma in Ungarn verurteilen soll. Auch etliche Menschenrechtsorganisationen in der ganzen Welt bezogen kritisch Position zu den Vorfällen und der Lage in Ungarn. Das Wiesenthal Zentrum nutzte ein Gratulationsschreiben an den neu gewählten Parlamentspräsidenten Buzek, um die Lage der Roma in Europa zu thematisieren.

Der Hass auf diese Minderheit entspringe einem sehr lebendigen Virus, der in Europa wohlbekannt ist. Am schlimmsten ist die Lage in der Slowakei, Ungarn und Grossbritannien, wird in dem Schreiben festgestellt. Es sei zwar bedauerlich, dass die slowakische Polizei vermehrte Anstrengungen zum Schutz von Romavierteln unternehmen muss, doch der ungarische Präsident und die britischen Behörden hätten derzeit nur Lippenbekenntnisse abgegeben."

Zum Thema:

Verniedlichung von Übergrößen
Der Präsident und die "Garde"

100 Mio Forint Kopfgeld
Reaktionen auf den Mord von Kisléta / Ungarn

Tötung mit System
Wieder Mordanschlag auf Roma in Ungarn
 

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