(c) Pester Lloyd / 34 - 2009
KULTUR 20.08.09 _______________________________________________________
Pécs wird angehübscht
Die Kulturhauptstadt 2010 erhält ein neues Stadtviertel und revitalisiert missbrauchte Plätze
Pécs wird 2010, neben Essen und dem Ruhrraum sowie Istanbul, eine von drei europäischen Kulturhauptstädten sein. Das beste an dieser sehr
aufwendigen und für das staatlich verarmte Ungarn teuren Aktion sind dabei die nachhaltigen Investitionen in die Infrastruktur und den Stadtraum. Pécs
bekommt, mit intensiver finanzieller Unterstützung der EU, ein Kulturviertel und kann viele tote Plätze der Stadt endlich wiederbeleben.
5,5 Milliarden Forint (gut 20 Mio EUR) stehen für die Renovierung und
Neugestaltung öffentlicher Plätze und Parks zur Verfügung und sogar 40 Millionen lässt man sich die Entstehung eines gänzlich neuen Stadtviertels kosten, des
Zsolnay Kulturviertels. Dazu wurde jetzt zwischen der Nationalen Entwicklungsagentur und der EU ein entsprechender Vertrag gechlossen, der
festlegt unter welchen Bedingungen und für welche Leistungen die Gelder aus den EU-Fonds abgerufen werden dürfen.
Historisches Gebäude der Zsolnay-Manufaktur mit Kachelzierde aus eigener Produktion
Ergebnis der Investition soll ein lebendiges Stadtzentrum sein, aber auch die
Peripherie soll einladen, seine Zeit auf den Plätzen und in den Parks der Stadt zu verbringen. Die Stadtarchitektur soll also vor allem menschennäher und
-freundlicher werden und sich nicht, wie in Ungarn leider zu oft verbockt, in erster Linie nach den Bedürfnissen der Autofahrer richten. In Pécs gibt es rund
um das Zentrum eine ganze Reihe solcher toten Plätze, die einer Revitalisierung bedürfen und derzeit u.a. als Parkplätze oder Wendestellen für Stadtbusse genutzt
werden, während alte Brunnen und Statuen, aber auch alte Baumbestände darauf vergammeln. In einer ersten Runde werden der Széchényi und der Kossuth Platz
dran sein, der 48er Platz und der Indóház Platz samt Umgebung, auch im Ostteil der Stadt, in Tettye wird das Programm sichtbare Wirkung entfalten, heisst es
beim Ministerium für Nationale Entwicklung. Dabei sollen auch Spielplätze, Trinkwasserbrunnen, Fontainen, hochwertige Bänke und andere Sitzkonstruktionen eine Rolle spielen.
Brunnen aus Zsolnay-Keramik
Besonders spannend kann das Zsolnay-Viertel werden. Hier wird das
historische Jugendstil-Ensemble der alten Porzellan- und Keramikmanufaktur Zsolnay mit anderen Gebäuden zu einer Kreativzone auf rund 5 ha, die sowohl Künstlern Arbeitsräume bietet als auch
Besuchern für Veranstaltungen offen steht und für Bildungszwekce genutzt werden kann. Auch Gastronomie und Theater sollen Platz finden. Ein ähnliches Konzept war z.B. bei den Hackeschen Höfen in
Berlin sehr erfolgreich, vielleicht ein bisschen zu erfolgreich, weil das Schicki-Micki das Urbane bald übertönte, eine Gefahr, die in Pécs eher weniger besteht. Dem Namensgeber, Zsolnay, geht
es allerdings wirklich schlecht. Die Stadt muss die Traditionsfirma verkaufen, findet aber niemand, der den Minimalanforderungen und Marken- und
Standorterhalt gerecht würde. Notwendige Investitionen bleiben so aus, die Verluste steigen.
40.000 Quadratmeter an Nutzflächen werden erneuert, 5.000 Quadratmeter neu
hinzugebaut, dabei eine Tiefgarage, eine Fussgängerbrücke und neue Ausstellungsräume. 11.000 Quadratmeter sind nur für Grünflächen vorgesehen.
Einziehen werden unter anderem das Jugendzentrum, das Zentrum für Zeitgenössische Kunst, eine Künstlerkooperative. Es wird eine interaktive
Technologieschau geben, das Puppentheater zieht ebenso hier ein, wie ein Planetarium. Auch die Fakultäten für Film, Kunst und Medien bekommen hier eine
neue Wirkungsstätte. Alles in allem wird das Viertel für rund 200.000 Besucher jählrich ausgelegt sein, was ein bisschen komisch klingt, denn das sind nicht
einmal 600 am Tag, aber vielleicht besteht darin gerade Gewinn für den Einzelnen.
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