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(c) Pester Lloyd / 34 - 2009  WIRTSCHAFT 17.08.09
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Zockertempel mit Seeblick

Monster ohne Sinn und Verstand: die King´s City am Velence See in Ungarn

Dass es für ein so großes Projekt nur einen einzigen Bieter gegeben hat, wird viele Kenner der hiesigen Verhältnisse nicht verwundern und gleichzeitig hellhörig machen. Das Konsortium mit dem programmatischen Namen KC Bidding gewann nun - völlig überraschend - die Konzession für einen gigantischen und völlig deplazierten Kasino-, Unterhaltungs- und Hotelkomplex am Velence (Venedig) See, dem kleinen Bruder des Balaton.

Der See, unweit der Hauptstadt, war bisher eher noch ein Geheimtipp und Refugium für manche biotopische Nische. Nun soll also auch hier der Krawall der merkantilen Demolation einziehen. Der Staat rief im Februar die entsprechende Ausschreibung aus, "King´s City", so der Name des Monsters, soll zumindest 1.500 Slot Maschinen und 100 Spieltische umfassen, die Lizenz ist auf 20 Jahre veranschlagt. Zwar bemüht sich der Staat um rechststaatlichen Anstrich, indem er betont, dass es nur zu einer Vertragsunterzeichnung kommt, wenn der Investor alle Auflagen und Liquiditätsnachweise erfüllt, andererseits scheint alles längst ein abgekartetes Spiel zwischen Interessen und Mächten im Hintergrund. Der Deal ist längst gelaufen.

Vorher: der Velence See in seiner ganzen naturbelassenen Schönheit

Danach? Das Pendant irgendwo im Nahen Osten, die King´s City

Einen ersten Skandal gab es bereits, als das Liegenschaftsamt des Komitates Pest den Verkauf des betreffenden Grundstückes durch die Nationale Vermögensverwaltung (MNV) an den Investor Joav Blum rückgängig machen musste. Darüber stolperte der Chef der MNV und wurde vom Ministerpräsidenten persönlich von seinem Posten entfernt. Ein gefundenes Fressen war das nicht nur für die Opposition, sondern auch für die medial sehr laute antisemitische Rechte, die nun wieder vom Ausverkauf des Landes durch die Sozis an die Juden poltern konnte.

Die gesamte Investorengruppe besteht indes nicht nur aus Israelis, sondern auch aus US-Amerikanern, Deutschen und Ungarn. Diese wollen, so kündigte man es im Frühjar an, sage und schreibe, 1,5 Milliarden Euro (nicht Forint) in den "Touristenkomplex" stecken. Die 70 dafür vorgesehenen Hektar liegen am Rande des noch idyllischen Nestes Sukoro (siehe www.sukoro.hu), direkt an der M7 und nur ein paar Steinwürfe vom Ufer des Velence entfernt.

Die derzeit fünf Kasinos in Ungarn, in Györ, Sopron, Kecskemét und zwei in Budapest genügen offenbar nicht. Das neue ist eines der Kategorie I, was nichts weiter heißt, als dass gigantisch sein wird. Zwei weitere Wahnsinnsprojekte sind derzeit in Planung, eines unter dem Schlimmes erahnen lassenden Namen "Eurovegas" im Dreiländereck HU-SK-AT und ein weiteres auf der schönen und urban eingepassten Schiffbauerinsel, fast im Zentrum von Budapest. Alle drei sprengen jeden Rahmen hinsichtlich Raumplanung, Ästhetik, Urbanität und - Sinn. Ungarn mit Kasinos zu bepflastern mag zwar ein Spiegel des Charakters der dort herrschenden Wirtschaftsform sein, mit langfristiger, gar nachhaltiger Entwicklung eines sanften, landesangepassten Torusimus, wie man ihn sich so gern auf die Fahnen schreibt, hat all das nichts zu tun.

Kasino-Monster vor Baubeginn
Das Mega-Projekt "Euro Vegas" im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich spukt wieder umher

Frisches Geld für die Trauminsel
Die Álomsziget in Budapest - Stadtplaner schlagen die Hände über den Köpfen zusammen
 

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