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(c) Pester Lloyd / 35 - 2009  WIRTSCHAFT 30.08.09
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MOL raffiniert

MOL macht Gewinne durch "Finanzeffekte", das operative Geschäft schwächelt, die Kreditbelastung wächst

Im zweiten Quartal kann die MOL, Ungarns größter Öl-, Gas- und Tankstellenkonzern, zwar einen Gewinnsprung von 56% zum Vorjahr verbuchen, beruhigen können die vorgelegten Zahlen aber die Aktionäre und den Vorstand kaum, auch wenn der Gewinn pro Aktie nochmals stieg. Denn auf allen Ebenen brach das operative Geschäft ein und die Verschuldung steigt, auch aufgrund von Zukäufen im Ausland. Langfristig aber, so sieht es die Geschäftsleitung, ist MOL auf einem guten Weg, vor allem Richtung Westbalkan und Nabucco.

MOL verdiente von April bis Juni 178,5 Mrd. Forint, rund 660 Mio EUR, das sind 56% mehr als in der Vorjahresperiode. Der Gewinnsprung erklärt sich aus "Finanzerträgen" in Höhe von 103,6 Mrd. HUF (484 Mio EUR), wie der Freitag veröffentlichte Quartalsbericht des Unternehmens ausweist. Der Gewinn pro Aktie erhöhte sich damit um 58% auf 2.012 Forint. Der Gewinn vor Steuern stieg um 57% auf 201.2 Mrd. Forint (rund 745 Mio EUR).

Die Umsätze aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit fielen in Quartal 2 auf 755,8 Mrd. Forint (ca. 2,8 Mrd. EUR), die Betriebskosten konnte man im gleichen Zeitraum um 20% senken, davon Verbrauchsgüter und Rohstoffe um 25%. Allein der Preis für die Rohölsorte Ural Blend, nach denen die MOL-Raffinerien hauptsächlich ausgerichtet sind, war im Quartal um 50% günstiger zu haben als vor einem Jahr.

Die Umsätze der Raffinerien und aus dem Tankstellengeschäft fielen um 28%, der operative Gewinn daraus fiel sogar um 40%. Die Petrochemische Abteilung (hier hauptsächlich die Tochter TVK) brachte 31% weniger Umsätze und 32% weniger Gewinn ein. Das Fördergeschäft ging um 24% zurück und machte 50% weniger Gewinn als vor einem Jahr.

Fast 1.100 Tankstellen in CEE - Strategische Position auf dem Westbalkan

MOL investierte im 2. Quartal beträchtliche 127,3 Mrd. HUF (ca. 471 Mio EUR), 17% mehr als vor einem Jahr. Das Gesamtvermögen des Konzerns weist die Bilanz per 30. Juni mit 4,332 Billionen HUF aus, ca. 16,7 Mrd. HUF, 51% mehr als vor einem Jahr (INA-Kauf in Kroatien). Noch stärker stiegen die langfristigen Außenstände, vor allem durch die Übernahme von gut 47% des staatlichen kroatischen Ölkonzerns INA, durch die sich MOL strategisch auf dem Westbalkan positioniert hat, dem Zukunftsmarkt der Region. Der größte Teil der Kreditbelastung der MOL lautet auf Dollar und Euro. Ende Juni verfügte MOL über ein Netz von 1.098 Tankstellen, 78 mehr als vor einem Jahr. Davon stehen 363 in Ungarn, 209 in der Slowakei, 208 in Italien und 135 in Rumänien. Ein weiterer Meileinstein soll die 30%-Beteiligung an einem Gasförderprojekt im Norden Iraks sein, von wo aus auch Nabucco u.a. mit gespeist werden soll.

Aufschwung erst in ein paar Jahren

Zu den Aussichten sagte József Molnár, stellvertretender Finanzchef der MOL, dass man im dritten und vierten Quartal "stabil profitabel" im operativen Bereich sein werde, die negative Entwicklung im operativen Geschäft sei vor allem auf die schwachen Zahlen "einiger ausländischer Partner" zurückzuführen. Der Finanzgewinn erklärt sich aus der Differenz zwischen dem zur Berechnung zu Grunde gelegten HUF/EUR-Kursen von 309 im ersten Quartal und dem tatsächlichen Durchschnittskurs im zweiten Quartal von rund 270 HUF/EUR, den man auch für den Rest des Jahres beibehalten wird. Beim Ölpreis kalkuliert man mit durchschnittlich 70 USD/Barrel. MOL erwartet im wesentlichen keine schnelle Verbesserung im Raffineriegeschäft, die international geringen Margen werden noch eine Weile das Ergebnis belasten. 2010 werde es nur eine minimale Verbesserung geben, eine wirkliche Erholung prognostiziert man erst in zwei bis drei Jahren.

MOL einigt sich mit Partnern und Behörden in Russland

Die MOL hat sich zudem außergerichtlich mit ihrem Joint venture Partner Russneft in einem Streit geeinigt. Dabei ging es um irrige Lieferverträge und fehldeklarierte Zahlungen. MOL mutmaßte, dass man sie hintergehen wollte. "MOL hat eine Liefervereinbarung der (gemeinsamen Unternehmung, Anm.) ZMB angefochten, die nicht mit ihr abgesprochen war", sagte die MOL-Firmensprecher gegenüber Reuters. "Der Vertrag ist daher nichtig und die daraus resultierenden Zahlungen hätten nicht getätigt werden dürfen. Das Geld geht aber nicht an MOL sondern an ZMB." Russneft wird innerhalb der kommenden 18 Monate rund 140 Mio EUR an Regress- und 4.400 EUR an Strafzahlung an die gemeinsame Unternehmung leisten. MOL und Russneft sind zu jeweils 50% in einer Gesellschaft für das Zapadno-Malobalykskoye Ölfeld in Westsibirien beteiligt.

Russneft hat durch seine Zustimmung auch ein anderes heikles Problem zu lösen geholfen. Russneft beteiligt sich in gleichem Maße wie MOL an der Installation von Gasturbinen im Gesamtwert von 21 Mio EUR. Die russische Lizenzbehörde für die Förderung von Rohöl hatte MOL und Russneft mit dem Entzug der Lizenz für ihr gemeinsam betriebenes Ölförderfeld gedroht, wenn sie weiterhin, das bei der Förderung frei werdende Erdgas (Beigas) ungenutzt abfackeln oder entweichen lassen. 95% müssten davon mindestens genutzt werden. MOL und Russneft wollen nun mit acht Gasturbinen Strom erzeugen und für den Betrieb der eigenen Anlagen nutzen.

Im Falle der feindlich aufgefassten Übernahme des ehemaligen OMV-Paketes an MOL Aktien von 21,2 durch die staatlich beeinflusste russische Surgutneftegas ist es derzeit ruhiger geworden. Ein Showdown dürfte erst in ca. einem halben Jahr bei der nächsten ordentlichen Hauptversammlung des Unternehmens bevorstehen. Der MOL-Vorstand hat sich im Zuge der Übernahmeschlacht mit OMV, aus "strategischen Überlegungen", vom Staat mit einer Art Vetoklausel ausstatten lassen, die das Stimmrecht einzelner Aktionäre, unabhängig von der Höhe ihres Aktienanteils auf 10% beschränkt (Lex-MOL).

Zum Thema:

MOL kämpft wieder gegen den Rest der Welt
Hinter den Kulissen eines Deals, MOL - Surgutneftegas

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