(c) Pester Lloyd / 36 - 2009
WIRTSCHAFT 03.09.09 _______________________________________________________
400 Milliarden weniger in der Kasse
Ungarns Finanzminister zu Kreditbedarf und Haushaltsplanung
Die ungarische Regierung rechnet für 2010 mit Mindereinnahmen durch Steuerrückgänge von bis zu 400 Milliarden Forint (1,48 Mrd. EUR). Dementsprechend plane man auch das Budget, dass im Herbst über die
parlamentarische Bühne gebracht werden soll. Beim IWF wolle man vorerst kein weiteres Geld abholen. Das erklärte der ungarische Finanzminister
Péter Oszkó auf einer Pressekonferenz am Mittwoch in Budapest.
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“Der Haushalt des nächsten Jahres kann nicht auf unverantwortlicher Anhäufung
neuer Schulden aufgebaut werden. Da das Defizitziel (von 3,8%) feststeht, müssen die Mindereinnahmen mit Einsparungen in gleicher Höhe ausgeglichen
werden.", sagte der Finanzminister. Auch Oszkó benannte die zwei Hauptbereiche, in "denen der Gürtel enger geschnallt werden" könne und müsse:
der öffentliche Verkehr sowie die lokalen Verwaltungen. Dann bleiben aber immernoch rund 200 Milliarden Forint, die im zentralen Haushalt einzusparen
sind. Er schloss namentlich bisher nur das Gesundheitswesen von weiteren Kürzungen aus.
Bereits zuvor konnte Ministerpräsident Bajani zufrieden auf die grundsätzliche
Zustimmung der in Minderheit regierenden Sozialisten für seinen Entwurf hinweisen. Die Sozialisten haben zwar nicht viele Druckmittel gegen Bajnai, da er
sich die Zustimmung zu den Grundzügen seiner Sparpolitik als Bedingung für die Übernahme seines Postens ausbedungen hat, die MSZP wollte, angesichts des
bevorstehenden Wahlkampfes, jedoch ihr soziales Gesicht wahren.
Die Defizitziele für 2009 von 3,9% und 3,8% für 2010 sind Ungarn praktisch vom
Internationalen Währungsfonds, der mit einem Notkredit das Land vor der Pleite bewahrt hatte, vorgeschrieben worden. Allerdings sagt die letzte Prognose der
Nationalbank für 2009 bereits ein Staatsdefizit von 4,1% voraus.
Der Minister informierte weiterhin über die Verhandlungen mit den Vertretern
des IWF, die sich derzeit mit einer Delegation in Ungarn aufhalten, um weitere Modalitäten für die Auszahlung der noch austehenden Tranchen des Kredites zu
besprechen und die Einhaltung der geforderten Haushaltsdisziplin und der Strukturreformen zu überprüfen. Hier zeichnet sich ab, dass Ungarn auf weitere Auszahlungen vorerst verzichten könnte.
Oszkó formulierte, dass die Entwicklung der ungarischen Wirtschaft und das
wiederhergestellte Vertrauen des Landes an den internationalen Finanzierungsmärkten, weitere Inanspruchnahmen vorerst nicht nötig machen. So
blieben die Gelder als Reserve für die nächste Regierung, wie er nicht ohne Hintergedanken anmerkte. Der Fidesz, der im Frühjahr die Macht in Ungarn
übernehmen wird, hatte bereits mehrfach angekündigt, keine Rücksicht auf Defizitziele nehmen zu wollen, wenn es um "die Rettung des Landes" ginge.
Péter Oszkó betonte jedoch auch nochmals, dass es eine gefährliche Illusion sei,
zu glauben, dass die Krise nicht auch im nächsten Jahr eine schwere Prüfung für das Land bedeute.
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