(c) Pester Lloyd / 38 - 2009
WIRTSCHAFT 17.09.2009 _______________________________________________________
Selbstkannibalisierung
Büros in Budapest: ein Markt bricht zusammen
Wenn selbst eines der führenden Maklerbüros in Ungarn, Colliers International, in einem Beitrag auf seiner Webseite, einen Preisverfall von
10-30% zugibt, dann muss die Lage wirklich extrem schlecht sein. Denn mit der Veröffentlichung von solch konkreten Zahlen durch den Verkäufer eines
Produktes begibt man sich in eine ziemlich schlechte Verhandlungslage. Ja eigentlich erklärt man die Kapitulation.
Büros in Budapest. Viel Platz zum Nachdenken oder Fußballspielen oder...
Welcher potentielle Kunde wird nun nicht die -30% als Standard in den
Verhandlungen voraussetzen? Ja, schlimmer (oder besser) noch, wenn Colliers bis zu -30% angibt, kann man getrost davon ausgehen, dass sich die Mieten teilweise
halbiert haben. Einige gefakte Anrufe haben uns in dieser Annahme bestätigt. 40-50% sind bei Laufzeiten ab 2 Jahren allemal herauszuholen. Die meisten Makler
aber übergaben uns die Preisgestaltung gleich selbst. "Kommen Sie vorbei, schauen Sie sich die Räume an, dann sagen Sie uns, was Sie zahlen können,
vielleicht akzeptiert es ja der Eigentümer..." hieß es nicht selten.
Wie bereits in früheren Beiträgen erläutert, gab es in Budapest einen ständigen
gedämpften Boom im Bürosegment, vor allem bei den Kategorie A-Qualitäten. Colliers spricht zwar davon, dass seit 1994 der Leerstand in Budapest nie unter
10% lag, "was maßgebliche Preissteigerungen verhinderte", doch hier haben viele Entwickler und Vermarkter über Jahre gutes Geld verdient, wenn auch mit
zyklischen und teilweise auch unerklärlichen Schwankungen.
Just aber 2007/2008, also vor Ausbruch der Krise, gab es einen erneuten
regelrechten Boom, vor allem auch in den peripheren Zentrumslagen, der noch in der Krise zu aberwitzigen Angebotserhöhungen auf dem Markt führte. Dadurch
sei die "Absorbtionsrate über 50% gefallen", was nichts anderes bedeutet, als das jeder zweite neue Quadratmeter unvermietet bleibt. Denn, "die Mieter
verhandeln lieber ihre alten Verträge neu, als über einen Umzug nachzudenken", meint Colliers jetzt. Noch vor einigen Monaten hieß es, Mieter, für die sonst die
Kategorie A nie in Frage gekommen wäre, könnte man aufgrund der neuen Preise nun leichter zu einem "Upgrade" überreden. Nichts da.
Neuzugänge 2009 liegen dreimal über der Nachfrage
Ohnehin tanzen die Makler gerne einmal auf dem Vulkan. Colliers trauert in
seiner Analyse einem Beispiel aus Warschau nach, wo 2007 die Leerstandsrate unter 6% fiel, woraufhin sich "die Preise innerhalb eines Jahres verdoppelt haben".
Anstatt zu fragen, ob so eine Entwicklung irgendetwas mit Nachhaltigkeit und marktwirtschaftlicher Vernunft zu tun hat und welche Rolle man selbst bei der
Lenkung des Marktes spielte, fragt Colliers: "Welche Marktkräfte werden die Leerstandsrate in Budapest unter 6% bringen und wann wird das geschehen?".
Solchem Denken - zumal mitten in einer existentiellen Krise - muss man schon aus Selbstschutz das Scheitern wünschen. Diese Leute haben offenbar weder etwas verstanden, noch gelernt.
Immerhin empfehlen die Hazadeure im Nadelstreif vor 2012 keine neuen Projekte
mehr in Budapest zu beginnen, man hat genug mit der Aufarbeitung von einigen hunderttausend auf dem Markt befindlichen einstaubenden Quadratmetern zu
tun. Colliers bedankt sich in seiner Analyse bei den Banken für ihre restriktive Kreditvergabe. So kommt wenigstens kaum ein Verrückter auf die Idee noch
einen Office-Klotz an die Váci út oder sonstwo hinzustellen. Aber es kommen ohnehin noch genug dazu, denn im Bau befindliche Projekte werden nicht
abgebrochen. Dreimal über der Nachfrage liegt die Fertigstellungsrate noch 2009. Kein Wunder, dass man dem Kunden da die Preisgestaltung bald völlig selbst überlassen kann.
Jeder hat Jedem alles abgenommen
Zu Ende Juni gab es in Budapest 2.22 Millionen Quadratmeter Büroflächen der
Kategorien A und B. Die Leerstandsrate lag Ende des zweiten Quartals bei 18%, Ende 2009 wird sie bei 25% liegen, allein schon, weil bis dahin fast 200.000
Quadratmeter neu auf den Markt gekommen sein werden. Vermietet hat man im ersten Halbjahr neu nur 43.800 qm. Colliers gibt die Preisgestaltung für
"Class-A"-Büros vorsichtig mit 8-11 EUR pro Quadratmeter für Großkunden an. Dabei handelt es sich aber um bereits abgeschlossene Verträge, nach unseren
Recherchen sind auch für kleinere Einheiten spielend 5-6 EUR machbar, z.B. bei Zusage eines 3-Jahres-Vertrages. Dabei werden, welch sinnlose
Augenauwischerei, Verträge mit höheren Preisen vereinbart, aber z.B. ein dreimonatiges kostenloses Probemieten und eine zweimonatige kostenlose
Auszugsphase angeboten, nur um wenigstens die közös költség (Nebenkosten) einbringen zu können.
Auch wenn seriöse Entwickler mit guter Qualität nun böse auf uns sein werden,
ob dieser Offenbarungen. Letztlich hat sich der Budapester Markt selbst zugebaut, ja kannibalisiert, Entwickler und Makler befanden sich in einem Bau-
und Verkaufrausch, wo jeder dem anderen alles abgenommen hat und sei es ein Bär gewesen, den man sich hat aufbinden lassen. Das musste schief gehen, auch
wenn es einen eigentlichen Entwicklungsbedarf in Budapest gegeben hat. Die Krise kam einer Marktbereinigung nur zuvor, sie war Auslöser und sicher
erschwerender Faktor. Das Mitleid der Kundschaft wird sich in Grenzen halten.
Originalbericht von Colliers International
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(c) Pester Lloyd
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