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(c) Pester Lloyd / 42 - 2009  ESSEN & TRINKEN 14.10.2009
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Zeitloses Wohnzimmer

Familiär und gastlich: das Restaurant Fülemüle in Budapest

Das Fülemüle ist familiengeführt, das kann kein Gast übersehen. Die Wände sind bespickt mit privaten Erinnerungen: Hochzeitsfotos der Kinder, Mama und Papa vor dem schiefen Turm von Pisa, Kinderfotos, Urkunden, Zeitungsartikel. Dazwischen hängen ein paar Bilder, Spiegel oder andere Kinkerlitzchen. Diese bunte Mischung sieht nicht außerordentlich schick aus. Trotzdem ist das Restaurant die meiste Zeit gut besucht.

Die Ventilatoren, die eher an Uschis Eckkneipe erinnern und das altbackene Mobiliar tragen auch nicht unbedingt dazu bei, dass sich im Gastraum des Fülemüles eine tolle Atmosphäre einstellt. Touristen verirren sich nicht sehr oft dorthin, eher trifft man auf Ungarn – erfahrungsgemäß die ganze Familie mit Vertretern aus allen drei Generationen oder Senioren. Die Gäste des Fülemüle suchen wohl einen Ort zum Auswärts-Essen, der sich aber wie zu Hause anfühlt. Schicke Kleidung ist hier nicht von Nöten. Am Sonntag Mittag finden sich Oma, Opa, Mama, Papa und die Kleinen ein, um sich am Wochenende mal das Selber-Kochen zu sparen.

Die Speisen im Fülemüle sind sehr bodenständig, aber schmackhaft. Das Menü bietet einen Mix aus vielen jüdischen und ungarischen Speisen, Gegrilltem und Fisch, obwohl auch für die anspruchslosen Mäuler Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat auf der Karte steht. Die Preise dafür sind human: Für eine Hauptspeise zahlt man zwischen 1800 und 4700 HUF (~ 6,50€ bis 17€). Das jüdische Kalbsgericht kommt mit Knödelscheiben und einer zwar undefinierbaren, aber sehr leckeren sämigen Soße. Auch wenn die Portion zunächst klein wirkt – man wird definitiv satt.

Wer sich für die jüdische Küche interessiert, wird hier auf jeden Fall fündig und kann sich an verschiedenen jüdischen Tscholentspezialitäten satt essen. Áron, Kellner im Fülemüle erklärt: „Tscholent ist ein altes jüdisches Gericht, dessen Name sich von den französischen Wörtern „chaud“ und „lent“ ableitet – warm und langsam. Der Name passt also, da das Gericht über einem sehr kleinen Feuer über viele Stunden hinweg geschmort wird. Die Entstehung dieser Spezialität rührt daher, da es am Sabbat für Juden verboten ist, ein Feuer zu entfachen. Ein bereits entfachtes, noch glühendes Feuer ist aber erlaubt.“ Im Fülemüle findet der Gast Tscholent-Variationen mit Gänseleber, Fleisch, Gemüse oder Ei.

Das Fülemüle scheint also ein Restaurant zu sein, in dem sich Ungarn wohl fühlen, die außerhalb der eigenen vier Wände speisen wollen, dabei aber dem Budapester Touristenansturm aus dem Weg gehen wollen. Hier kann der Gast sich wie zu Hause oder wie zu Besuch bei Freunden fühlen. Aber auch wer mal jüdisches Essen kosten möchte, findet hier, was er oder sie sucht.

Sabine Pollmann

Restaurant Fülemüle
Köfaragó utca 5
1085 Budapest
Öffnungszeiten: Mo.-So. 12 bis etwa 23 Uhr

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