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(c) Pester Lloyd / 45 - 2009  POLITIK 04.11.2009
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Nur nicht das böse A-Wort

Serbien räumt der Vojovodina mehr regionale Selbständigkeit ein

"Ideal ist es nicht, aber besser als nichts." So ist die Reaktion der Vertreter der ungarischen Minderheit auf den jetzt veröffentlichten Gesetzesentwurf für mehr regionale Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Vojvodina. Worte wie Autonomie und Unabhängigkeit sind auf dem Balkan reinstes Schwarzpulver, sie werden zu oft missverstanden, noch öfter missinterpretiert. Ein Schritt in die richtige Richtung, da sind sich alle Beobachter einig, ist der hart erkämpfte Regierungsvorschlag allemal.

Einige Kernpunkte des Entwurfes lassen durchaus darauf schließen, dass die Belgrader Regierung durchaus ein Mehr an Selbstregulierung und Mitbestimmung an die Region abgibt, ohne dabei auch nur den Anschein zu erwecken, die wichtigsten Instrumente zentralstaatlicher Lenkung aus der Hand zu geben. Es ist für die derzeit herrschenden Pragmatiker in der serbischen Hauptstadt auch nicht leicht, sowohl die drängenden Forderungen der EU zu erfüllen, ohne dabei den nach wie vor starken nationalistischen Flügel in der Gesellschaft, vor allem der Behördenschaft, gänzlich vor den Kopf zu stoßen.

Novi Sad bei Nacht.

Die Vojvodina erhält das Recht eine eigene Vertretung in Brüssel zu installieren. Allerdings darf diese nur regionale Angelegenheiten und Kooperationen verhandeln, nicht jedoch internationale Verträge eingehen. Die Regionalversammlung darf nach wie vor keine eigenen Gesetze beschließen, beaufsichtigt und organisiert aber mit Inkraftreten des neuen Gesetzes die Gerichte auf ihrem Territorium selbst, einschließlich der Ernennung von Richtern. Die Vojvodina darf sich eine eigene Entwicklungsbank einrichten, die Verwaltung der Vermögenswerte wird jedoch noch in einem gesonderten Gesetz geregelt.

Während die Ungarnvertreter eher zurückhaltend kritisieren, "weil sie den Entwicklungsprozess nicht stören wollen", wie sie sagen, kritisiert die Sozialdemokratische Liga der Vojvodina (LSV) schärfer und droht mit der Ablehnung. Die Regionalpartei fordert eine offiziell annerkannte Hauptstadt (Novi Sad ist "nur" Provinzhauptstadt), eine eigenständige Akademie der Wissenschaften und der Künste, Hoheit über öffentliche Unternehmen und deren Gewinne. Sie fordern weiter ein direktes Treffen mit dem Regierungschef, um sicherzustellen, dass die Bürger der Vojvodina nicht benachteiligt werden. Bei allem Lokalpatriotismus der LSV, nimmt auch diese das böse A-Wort nicht in den Mund.

Zusammen mit der Gesetzesnovelle soll eine Art Statut die Kompetenzen und Rolle der Region in Serbien regeln, in der 15-17% ethnische Ungarn leben, in manchen Regionen machen sie auch die Hälfte der Bewohner aus. Der offizielle Regionalvertreter der Vojvodina Boris Pajtic erklärte, dass alle Streitpunkte gelöst werden konnten, so dass er der Konsultation mit der Regierung, die für Ende dieser Woche geplant war, optimistisch entgegengeht. In der Woche darauf sollte das Gesetz im Parlament besprochen werden. Zur Kritik der LSV meinte er nur, dass die Frage der Gelder ohnehin in einem eigenen Gesetz behandelt würde, die Partei also einen ganz unnötigen Disput vom Zaune breche und damit das ganze Abkommen gefährde.

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