(c) Pester Lloyd / 47 - 2009 POLITIK 20.11.2009 _______________________________________________________
Anlaufstelle für politisch Obdachlose
Eine neue links-liberale Partei versucht sich in Ungarn
Diese Woche lud die kürzlich gegründete Partei SZEMA (Szabad Emberek Magyarországért, Freie Menschen für Ungarn) zu einer Pressekonferenz ein, um
sich auch der internationalen Öffentlichkeit vorzustellen. Die Partei versucht, enttäuschte Liberale und Linke, aber auch Bürgerliche, die keine Lust mehr an
den magyarischen Grabenkämpfen haben, zu sammeln. Entsprechend ambitioniert und ungefähr ist das Programm.
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Drei Gründungsmitglieder Klára Ungár, János Orsós und Dr. István Sértö-Radics stellten
die Hauptpunkte des Parteiprogramms vor und gaben Auskunft zur Ausrichtung. SZEMA will den „politisch obdachlos gewordenen links-liberalen Wählern eine neue
Anlaufstelle bieten“, so Ungár. Zu den Hauptanliegen der Partei gehören unter anderem: mehr Chancengleichheit, erhöhte Transparenz sowohl des Staatshaushaltes
als auch der Parteibudgets und die Stärkung des Rechtsstaates. Wie auch die Ex-Parlamentsabgeordnete Ungár und der Bürgermeister von Uszka Dr. Sértö-Radics
sind circa 30 Prozent der 23 Parteigründer ehemalige Mitglieder des SZDSZ (Bund Freier Demokraten), dessen neuer Vorsitzender, Attila Retkes durch seinen
Rechtsschwenk die Partei spaltete und für eine Austrittswelle sorgte. Der Großteil der Mitglieder war vorher jedoch nicht parteipolitisch aktiv.
Die anwesenden Vertreter der SZEMA betonten, dass ihre Partei mit einer
einzigartigen Agenda aufwarten könne. Obwohl es in einzelnen Programmpunkten natürlich Überschneidungen mit anderen Parteien gebe, so unterstütze zum Beispiel
auch der FIDESZ (Bund Junger Demokraten) den Vorschlag die Zahl der Parlamentsabgeordneten auf 200 zu senken. Mehr als andere Parteien würde sich die
SZEMA auch für die Bekämpfung der seit 20 Jahren immer stärker werdenden rechten Tendenzen einsetzen. Sie fordern ein klares Verbot der Hassrede und strengere
Gesetze gegen die Diskriminierung der ungarischen Zigeuner. (dieser Begriff wurde hier bewusst gewählt, denn es gibt in Ungarn noch mehr Zigeunerstämme als die Roma, Orsós z.B. ist auch nicht Roma).
Fotos von der Gründungsversammlung im Oktober, Fotos: szema.hu
Auf die Frage warum die Wähler der SZEMA mehr Vertrauen schenken sollten als den
bereits etablierten Parteien antwortete Dr. Sértö-Radics: „Weil die anderen links-liberalen Parteien ihre Glaubwürdigkeit verspielt haben“. SZEMA möchte mit
keiner der zur Zeit im Parlament vertretenen Parteien in eine Koalition gehen. Wer jedoch die ungarische Parteienlandschaft ein wenig kennt, weiß, dass sich diese Frage
ohnehin nicht so schnell stellen wird. Die neue Partei SZEMA befindet sich momentan in Registrationsprozess. In zwei bis drei Wochen entscheidet das Budapester Gericht,
ob sie zu den nächsten Parlamentswahlen 2010 zugelassen wird.
Mehr zum Anliegen und der Strategie der Partei, ihren Chancen und mehr lesen Sie in
unserem Hintergrundbericht nächste Woche.
-red
http://www.szema.hu http://szabademberek.blog.hu
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