(c) Pester Lloyd / 48 - 2009 POLITIK 23.11.2009 _______________________________________________________
Parade ohne Garde
Jobbik feierte den ungarischen "Helden" Miklós Horthy
Ohne größere Sicherheitsprobleme ging am Sonntag eine Veranstaltung der rechtsradikalen Partei Jobbik zu Ende, die den 90. Jahrestag des Einmarschs von
Miklós Horthy in Budapest zum Thema hatte. Ungefähr 1.500 bis 2.000 Menschen vesammelten sich zu einer "Gedenkveranstaltung". Als sich einer Prozession der
Rechtsradikalen auch rund 400 Mitglieder der verbotenen "Ungarischen Garde" anschließen wollten, unterband die Polizei ihnen den Zugang zum Veranstaltungsort.
Jeder, der die Uniform der verbotenen Organisation trug, wurde durch die Polizei von
dem Marsch ausgeschlossen. Die Sortiererei ging aber friedlich ab. Es waren auch Uniformen der damaligen Nationalarmee, die Árpádfahnen - auch ein Symbol der
faschistischen Pfeilkreuzler und weitere Operettenstaffage zu besichtigen. Horthy wurde auf der Veranstaltung in kitschigen Hymnen als Retter und Held Ungarns
glorifiziert. Seine "Austreibung" der Kommunisten und "anderer Feinde Ungarns" als Vorbild für eine bald fällige Wende in Ungarn angeführt. Zivilorganisationen und auch
die Parteichefin der Sozialisten nannten die Veranstaltung eine "Neofaschistische Parade", von der sich jede demokratische Partei distanzieren sollte.
Horthy-Einmarsch in Budapest 1919
Budapest 2009
Horthy ritt am 16. November 1919 auf einem Schimmel an der Spitze rumänischer
Truppen in Budapest ein, um die 133 Tage währende kommunistische Räterepublik zu beenden. Er versprach damals den "Sündenpfuhl Budapest" auszutrocknen. Nach einer
Phase des "weißen Terrors" gegen Kommunisten und Sozialisten, lenkte er als Reichverweser die Geschicke des Landes, das er im Sinne der großungarischen Idee
und im Licht der "Schmach von Trianon" erzkonservativ restaurierte. Bereits 1920 führte er einen Numerus clausus für jüdische Studenten ein, ein Jahr später verbot er
die kommunistische Partei, die Adelsprivilegien wurden wieder hergestellt. Er ließ sich als "König ohne Krone" feiern.
Horthy und Hitler
In der Zeit Nazideutschlands versuchte er mit einer "Schaukelpolitik" sowohl
Verbündeter Hitlers zu sein als auch die ungarische Eigenständigkeit zu wahren und im Windschatten Hitlers verlorene Gebiete zurück zu bekommen. Die Judengesetze von
1937/38 trugen klar die Züge der Nürnberger Rassengesetze, unter Horthys Herrschaft wurden Andersedenke verfolgt, konnten die faschistischen Pfeilkreuzler
ihren Terror entfalten. Allerdings blieben auch Reste von Meinungsfreiheit erhalten, die Juden wurden terrorisiert und ghettoisiert, jedoch nicht - wie von Deutschland
verlangt - deportiert.1944 wurde er von den deutschen und ungarischen Faschisten entmachtet. 1944 verhaftet, kam er auf Druck der Amerikaner ohne
Kriegsverbrecherprozess frei und starb 1957 im portugiesischen Exil. In Ungarn wird er von nationalen Kreisen als Retterfigur verehrt, seine nachgewiesenen Verbrechen, die
selbstherrliche Vetternwirtschaft und kalkulierte Paktiererei mit Hitler verschwiegen oder verharmlost.
Zum Thema:
Eine Revolution aus Versehen
90. Jahrestag der Ungarischen Räterepublik
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