(c) Pester Lloyd / 01 - 2011 WIRTSCHAFT 06.01.2011
Abgedreht
Lizenzentzug für ungarischen Gasversorger Emfesz
Ungarische Behörden haben Ermittlungen gegen das Gasversorgungsunternehmen Emfesz eingeleitet und dessen Lizenz zunächst suspendiert. Ungarns führender
Mineralölkonzern MOL hat inzwischen seine Verträge mit der Firma gekündigt, durch die insgesamt 350.000 Endkunden mit Gas versorgt wurden. Die Aktion hat
eine lange und abgedrehte Vorgeschichte.
Der Gaslieferant Emfesz betreibt das Marketingportal www.gas.hu und sponserte lange das Event “Stärkster Mann”. Nun könnte man sich selbst überhoben haben. Foto: www.emfesz.hu
Der Pressesprecher des Unternehmens, Igor Gallyas, hatte die Aufhebung des Vertrages
gegenüber der ungarischen Tageszeitung "Magyar Nemzet" bestätigt, merkte dort aber gleichzeitig an, dass man von den ungarischen Behörden bis jetzt noch keine offizielle
Bestätigung über den Entzug der Lizenz erhalten habe. Emfesz könne seinen Kunden jedoch ab dem 12. Januar für einen Zeitraum von 90 Tagen kein Gas mehr
bereitstellen, die Lizenz wird ab da suspendiert. Währenddessen wird die Versorgung der Emfesz-Kunden durch andere Firmen übernommen.
Dem Unternehmen wird vorgeworfen, keine verlässliche Gasversorgung gewährleistet
zu haben. MOL´s Tochterfirma für Pipeline-Systeme, FGSZ Földgázszállító Zrt., weigerte sich aufgrund offenstehender Forderungen in Höhe von mehreren Milliarden
Forint gegenüber Emfesz, diesen weiterhin Brennstoff zur Verfügung zu stellen. Emfesz versorgt ca. 20 % des ungarischen Gasmarktes und gehört damit neben E.on zu den
größten Lieferanten, ihre Preise liegen für Privathaushalte, Firmen und Kommunen 8 % unter dem Durchschnitt, was neben der hohen Verschuldung bei den Lieferanten in
Branchenkreisen als eigentlicher Grund gilt, warum man den lästigen Konkurrenten nun mit Hilfe der staatlichen Energiebehörde MEH loswerden will.
Im Jahre 2009 gab es einen Rechtsstreit um die Übernahme der Emfesz durch eine
russische Holding in der Schweit im Dunstkreis der halbstaatlichen RosGas, deren Interessen der heutige Geschäftsführer der Emfesz István Góczi wahrnahm, bei der
Aktiendiebstahl und Betrug seitens des damaligen bzw. heutigen Managements eine Rolle spielte, was auch die Gerichte beschäftigte. Es liegt sogar der Spruch des
Obersten Ungarischen Gerichtes vor, wonach die Genehmigung der Energieaufsicht MEH der Übernahme der Aktien durch RosGas nicht rechtens war.
Geändert hat das an der feindlichen und womöglich illegalen Übernahme bisher aber
nichts. Der Ex-Eigentümer Mabofi (ukrainische Geschäftsleute) bemüht sich weiterhin um den Rückerhalt seines Eigentums. Hinter dem Theater steht der Versuch der
Ausschaltung ukrainischer Konkurrenten auf dem Gasmarkt durch russische Konkurrenz, ausgelöst auch durch den Durchleitungsstreit im Januar 2009. Die jetztige
“Untersuchung” und Lizententziehung hängt indirekt mit diesem Fall zusammen, bestehen nämlich die Verbindlichkeiten u.a. aus Gaslieferungen von Anfang 2009 über
rund 150 Mio USD, die bis heute nicht bezahlt wurden.
Emfesz ist weiterhin in der Ukraine, Polen und Rumänien geschäftlich aktiv.
Mehr dazu hier:
Gangster im Gasdunst - Mai 2009
Wurde Ungarns Gaslieferant Emfesz einfach gestohlen? http://www.pesterlloyd.net/2009_19/0919emfesz/0919emfesz.html
Emfesz, Ungarns zweitgrößter Erdgasimporteur verklagt das ukrainische Staatsunternehmen
Naftogaz auf Schadensersatz - Jan 2009 http://www.pesterlloyd.net/2009_01/0901emfasz/0901emfasz.html
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