(c) Pester Lloyd / 02 - 2011 KULTUR
12.01.2011
Kein öffentliches Interesse
Steht das Sziget-Festival in Budapest vor dem Aus?
Der Stadtrat von Budapest will es "nicht länger zulassen", dass die Organisatoren des Sziget Festivals das Gelände für das auch im Ausland sehr populäre, größte Festival in
Ungarn, weiterhin kostenlos nutzen können. Die kolportierte Nutzungsgebühr würde das Festival aber ruinieren, dabei bringt es dem Land Geld und Ansehen.
Der Stellvertreter des Oberbürgermeisters István György, Fidesz, wies darauf hin, dass das
Szigetfestival keine Veranstaltung von "öffentlichem Interesse" sei, sondern kommerziell ausgerichtet. Die Befreiung von den Gebühren für die Nutzung städtischer Flächen sei
somit nicht gerechtfertigt. Tatsächlich hat sich das Szigetfestival über die Jahre von einer kleinen Schar Enthusiasten zum Teil der börsennotierten Econet.hu-Gruppe entwickelt, die
neben Veranstaltungen auch Medien betreibt und IT-Dienstleistungen anbietet. Einer der Gründer konnte sich mittlerweile den Luxus eines Edelrestaurants leisten, das den ersten
Michelin-Stern in Ungarn eroberte.
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Alljährlich feiern eine Woche im August hunderttausende Jugendliche auf der ehemaligen
“Insel der Jugend” ein ausgelassenes Musikfestival mit etlichen Bühnen und vielen Stars der Rock-, Pop, Ethnoszene sowie einem riesigen Rahmenprogramm und einem großen
Zeltlager. Die Zahl der Ausländer überwog im Laufe der Jahre die der einheimischen Besucher, nicht zuletzt auch wegen der immer stolzer werdenden Preise für Tages- und
Wochenkarten. Das Festival genießt in Europa Kultstatus.
Die Pressesprecherin des Unternehmens hofft, dass "die Maßnahmen der Stadt das
wirtschaftlich wichtige und multikulturelle Event" nicht in eine "hoffnungslose Lage" bringen werden. Man habe 2008 von den Vorgängern eine Zusage für die freie Nutzung des
Geländes für die nächsten drei Jahre zugesagt bekommen. Während viele die Berechnung einer Gebühr für völlig gerechtfertigt halten, da die Veranstalter auch einen Gewinn
machen, meinen Kritiker, dass den rechtskonservativen Machthabern der alternative, multikulturelle und nicht besonders nationale Charakter des Festivals ein Dorn im Auge ist
und diese Maßnahme in einer Linie mit der reaktionären Kulturpolitik, u.a. der Streichung der Basismittel für die freie Theaterszene und damit der Bekämpfung der “linken” und durchaus als dekadent und “unungarisch” titulierten Kulturszene steht.
Die linke Zeitung "Népszava" will zuerst erfahren haben, dass bis zu 2,5 Mrd. Forint (ca. 9
Mio EUR) Gebühren fällig werden sollen, was fast dem Gesamtbudget des Festivals entspräche und so sein Ende bedeuten würde. Mittlerweile bestätigte auch das deutlich
seriösere Newsportal index.hu diese Zahl und bezog sich dabei auf eine Aussage eines Beraters von OB István Tarlós. Die Organisatoren meinten weiter, dass es sich bei dieser
Höhe um ein Missverständnis handeln müsse, immerhin bedeutete das Ende der Sziget auch den Verlust von 1,4 Mrd. Forint Steuereinnahmen und rund 2 Mrd. Forint an Gehältern und
Umsatz für Hoteliers und andere Dienstleister im Umfeld sowie einem Beitrag zum BIP von 3,5 Mrd. Forint. Daher könne man schwer davon sprechen, dass es kein “öffentliches Interesse” gäbe.
Die Stadtoffiziellen wollten sich am Mittwoch noch nicht auf eine Zahl festnageln lassen,
sondern meinten nur kryptisch, dass die Höhe solcher Gebühren “von Fall zu Fall” entschieden würde.
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