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(c) Pester Lloyd / 16 - 2011  POLITIK 17.04.2011

KOMMENTARE

Vom Staatsdiener zum Staatssklaven

Aufruhr der Ordnungshüter: Großdemonstration von Feuerwehr und Polizei in Ungarn

Am Wochenende protestierten in Budapest über zehntausend Feuerwehrleute und andere Sicherheitsorgane gegen sich stetig verschlechternde Arbeitsbedingungen. Während sich am Freitag erst einige Hundert Mitarbeiter der Feuerwehr vor dem Parlament versammelten, waren es Samstag über 10.000 Tausend aus dem ganzen Land. Ihnen schlossen sich Polizisten und Zollmitarbeiter an. Auch die Lehrer hat man schon provoziert.

Die Forderungen und Proteste der öffentlich Beschäftigten sind vielfältig, weisen aber alle in die gleiche Richtung. Von ihnen wird höchste Leistung gefordert, aber gleichzeitig spart der Staat an ihnen, wo er nur kann. Besonders erbost ist man bei der Feuerwehr über die geplante Anhebung der Altersgrenze, die den Anspruch auf die volle (ohnehin niedrige) Rente verwirklicht auf 65 bzw. je nach Eintrittsalter sogar auf 67 Jahre vor.

Der 27jährige Budapester Feuerwehrmann Tamás erzählt uns, dass es für einen Feuerwehrmann körperlich unmöglich ist bis zum 67. Lebensjahr voll einsatzfähig zu bleiben (was fast der Lebenserwartung für Männer in Ungarn entspricht) Er fragt die Regierung, wie so ein abgekämpfter Mitarbeiter noch seinen Schwur halten soll und sein Leben für andere riskieren kann, zudem bei einem Lohn, der extrem niedrig ist. Molnár sagt, dass er umgerechnet 330 Euro im Monat bekommt.

Symbolisch für die Ängste der Kollegen haben die Organisatoren als Feuerwehrleute verkleidete Puppen in Rollstühle gesetzt und demonstrativ vor dem Parlament aufgebaut. Auf einem Transparent steht: "Wir retten sogar Ihre Katze, aber kein Hund kümmert sich um uns!" Péter, einer der in der Gewerkschaft organisierten Feuerwehrmänner erläutert, dass es bei dem harten Dienst in Osteuropa ganz üblich sei, nach 15 oder 20 Dienstjahren in Rente zu gehen oder sich einen anderen Job zu suchen. Doch Karrierepläne, die alternative Einsatzfelder vorsehen, gibt es in Ungarn nicht beklagt er.

“Gestorben ein Jahr vor der Rente” steht auf dem Sarg

Die Antwort des Staates auf die Proteste ist jedoch nicht, so wie schon in anderen Ländern in Osteuropa geschehen, eine Einladung zum Dialog. Das Innenministerium war lediglich erbost über die "Rechtsbrüche" der Ordnungshüter auf der Demonstration. Man habe eine Untersuchungskommission eingesetzt, die gegen die bei der Demo im Dienst befindlichen Polizisten ermitteln wird, die nicht verhindert haben, dass Feuerwehrleute Hydranten am Wegesrand geöffnet haben und Nebelgranaten zündeten. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk konzentrierte seine Berichterstattung auf die “Rechtsverstöße” nicht auf die Forderungen der Demonstranten. Die Antwort der Polizei- und Feuergewerkschaften war eindeutig: Wenn der Staat nicht mehr versteht, worum es geht, wird man in 14 Tagen eine neue Demonstration abhalten: “diesmal eine große”, sagt uns ein Organisator...

 

Der Staat macht sehr Ernst mit dem Begriff "Staatsdiener". Gerade hat er auch die Lehrer verärgert, nachdem ein Plan bekannt wurde, der eine Verlängerung der Arbeitsstunden um bis zu 30% fordert. Auch die Richter fühlen sich angegriffen, weil ihr Rentenalter per neuer Verfassung von derzeit 70 auf 62 Jahre gesenkt werden soll, was man als politisch motivierte Säuberungsaktion ansieht, ein Großteil der amtierenden Richterschaft würde so in den Ruhestand versetzt und könnte durch andere Köpfe ersetzt werden.

Stefano Solaro / red.

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