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(c) Pester Lloyd / 17 - 2011  BUDAPEST 26.04.2011

KOMMENTARE

Die Republik hat keinen Platz mehr

Aktuelles aus dem Budapester Rathaus

Budapest bewirbt sich für die World Games 2017 - Stadtmusikanten und Werbeverteiler müssen Gebühren zahlen - hohe Strafen für Obdachlose, die draußen bleiben wollen - 26 Plätze werden umbenannt: Platz der Republik wird Johhanes Paul II.-Platz, Moszkva tér wird Kálmán Széll gewidmet - Ferenciek tere wird "fußgängerfreundlich" renoviert - Ausbau des Abwassernetzes

Budapest wird sich um die Ausrichtung der World Games 2017 bewerben. Das ist die Olympiade der Sportarten, die nicht olympisch sind, zum Teil ganz zu recht. Darunter finden sich u.a. Sumo, Tanzsport, Wasserski, Tauziehen (war mal olympisch), aber auch Karate, Kanupolo, Rettungsschwimmen, Faustball, Bodybuilding, Bowling und Billard und andere Freizeitaktivitäten. Vizebürgermeister Miklós Csomos nannte das Event mit 38 Sportarten und bis zu 3.500 Sportlern eine Chance, viele Touristen anzuziehen. Die Kosten für die Organisation würden rund 11 Milliarden Forint, also etwas über 40 Millionen Euro betragen, die Stadt Budapest müsste davon rund 2 Mrd. HUF, bzw. knapp 8 Mio. EUR selbst aufbringen, der Rest wäre fremdfinanzierbar.

Der Budapester Oberbürgermeister István Tarlós (rechts) mit seinem Parteifreund,
Ministerpräsident Viktor Orbán (auch rechts, aber hier links im Bild)

Beschlossen wurde auch die Endsumme, die die Stadt in diesem Jahr für den weiteren Bau der Metrolinie 4 auszugeben gedenkt, das sind 75 Milliarden Forint (280 Mio. EUR), allein 4 Mio. EUR erhält davon das städtische Projektmanagement-Team, um die Dinge voranzubringen und zu kontrollieren. Eine mögliche Kürzung der neuen Metrolinie steht noch immer im Raum, ebenso der Rechtsstreit mit der Firma Alstom als Lieferant der Züge.

Beschlossen wurde weiterhin, die Verteilung von Werbeflyern auf öffentlichen Plätzen und Straßenmusikanten mit einheitlichen Gebühren zu belegen. Das epidemisch verbreitete verteilen von diversen Werbezettelchen kostet ab Sommer ab 10 bis 34 EUR, wobei nicht klar ist, ob das pro Verteiler oder pro Aktion gilt. Straßenmusiker und andere Performer müssen zukünftig einen Obulus von 60 bis 80 Cent pro Tag und Quadratmeter an die Stadt entrichten, was Alleinunterhalter gegenüber Big Bands in deutliche Vorteile bringt.

Etwas teurer wird, auf persönlichen Wunsch von Oberbürgermeister István Tarlós in Zukunft das Übernachten für Obdachlose, die es ablehnen, eine von der Stadt organisierte Unterkunft zu beziehen. Um die Obdachlosen aus dem Straßenbild zu verbannen, will der OB ihnen bei Weigerung bis zu 50.000 Forint (190.- EUR) abverlangen. Tarlós hatte schon im letzten Winter für Aufsehen mit einer "Reinigungsaktion" gesorgt, als er diverse Budapester Unterführungen zwangsräumen ließ. Der Leiter der Stiftung Menhely Alapítvány, die sich maßgeblich um die Versorgung Obdachloser kümmert, erklärte, dass im letzten Winter deutlich mehr Bedarf an Notbetten bestand. Es sei das erste Mal gewesen, dass die Einrichtungen praktisch voll belegt waren.

Kritisiert wird, dass man die Zusagen für die Finanzierung von Hilfsorganisationen gestrichen hat und erst Ende August bekannt geben will, wer noch mit Unterstützung rechnen kann und wer nicht, was zum planen zu kurz sei. 18 Verträge mit 11 Organisationen wurden gekündigt, die Stadt arbeite an einem "neuen System", bei dem den kirchlichen Einrichtugnen mehr Bedeutung zukommen wird. Aufgrund der nötigen organisatorischen Vorlaufzeit, befürchtet die grün-liberale Partei LMP, dass man im nächsten Winter zbis zu 1000 Menschen mehr auf den Straßen riskiert.

Weiteres schwerwiegendes Thema in der Hauptstädtischen Versammlung waren die zahlreichen Umbenennungen , die derzeit die Nationalkonservativen umtreiben. Ganze 26 öffentliche Plätze werden um- oder neu benannt werden, darunter auch der zentrale Platz von Buda, der Moszkvá tér. Die Erinnerung an die stalinistischen Besatzer soll dort mitsamt der russischen Hauptstadt getilgt werden, hinfort soll der quirlige und alles andere als schöne Verkehrsknotenpunkt Széll Kálmán Platz heißen, nach jenem ehemaligen Ministerpräsidenten aus der vorletzten Jahrhundertwende, nach dem auch der aktuelle Spar-Reform-Plan der Regierung benannt wurde.

Elvis Presley bekommt, wie schon vermeldet, eine Straßenkreuzung gewidmet (nun womöglich, trotz Bezirkseinspruch, doch die Budaer Seite der Margaretenbrücke) und der Köztarsaság tér, der Platz der Republik, hat ausgedient, er wird künftig "Papst Johannes Paul II."-Platz benannt. Auch Ungarn heißt nach der neuen Verfassung schließlich nicht mehr Ungarische Republik, außerdem stand da früher das ZK der Kommunistischen Partei. Auch der Roosevelt Platz an der Kettenbrücke wird ab Mai umbenannt, in Széchenyi Platz. Die amerikanische Botschaft in Budapest hat dafür vollstes Verständnis geäußert, womöglich wird ein Teil des Freiheitsplatzes bald zum Roosevelt Platz, dort, wo die US-Botschaft steht.

Gemeinsam mit dem V. Bezirk beschloss man auch die umfassende Renovierung des zentralen Ferenciek tere. Ab 2012 soll dieser für 3,5 Mrd. Forint (13,5 Mio EUR) erneuert werden, wobei die EU wohl rund 85% der Kosten dafür übernehmen könnte. Bezirksbürgermeister Antal Rogán kündigte an, dass dort auch die Belange von "Fußgängern, öffentlichem Verkehr und Radfahrern" beachtet werden sollen. So soll die derzeitige Autounterführung des Platzes dauerhaft für Autos gesperrt und für Fußgänger und Radler geöffnet werden. Wohin der viele Verkehr dann fließt, ließ man offen.

 

Die nationale Entwicklungsagentur NFÜ kündigte außerdem eine neue Initiative zur Verbesserung der Abwasseraufbereitung in und um die Hauptstadt an. Budapest ist abwassermäßig noch eine der schmutzigsten EU-Städte mit dem geringsten Wiederaufbereitungsanteil. Binnen drei Jahren sollen 20 Vororte mit rund 30.000 Einwohnern an das neu errichtete Aufbereitungsnetz der Hauptstadt angeschlossen werden. Allein die EU schießt hier 24 Milliarden Forint (rund 90 Mio. EUR) zu den Kosten zu.

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