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(c) Pester Lloyd / 23 - 2011  POLITIK 08.06.2011

 

Abschussliste

Gerüchte zu Regierungsumbildung in Ungarn

Ministerpräsident Viktor Orbán hatte kürzlich davon gesprochen, dass nicht alle jetzigen Minister die gesamte Legislaturperiode absolvieren könnten. Er bestand jedoch darauf, dass einige ihm schon bei Amtsantritt angekündigt hatten, möglicherweise nicht komplette vier Jahre durchzuziehen. Offensichtlich sind in vielen Bereichen aber auch fachliche und administrative Überforderungen zu Tage getreten, die sich auch durch die tollsten Regierungssprecher nicht mehr kaschieren lassen.

Mehrfach im Gespräch für einen vorzeitigen Abgang war und ist Außenminister János Martonyi, den man nach dem "erfolgreichen" Ende der EU-Ratspräsidentschaft in den wohl verdienten Ruhestand schicken könnte. Gerüchte gab es auch immer wieder, dass Nationalwirtschaftsminister György Matolcsy eher eine Last sein könnte, immer wieder musste Orbán in dessen Ressorts Wirtschaft und Finanzen intervenieren und missverständliche Äußerungen des Ankündigungsministers gerade rücken. Offiziell aber bezeichnete er Matolcsy als "meine rechte Hand", die er sich schwerlich abschlagen wird.

Der derzeitig heißeste Kandidat für eine verkürzte Amtszeit ist der Minister für Nationale Ressourcen, der Medizinprofessor Miklós Réthelyi (auf dem Foto rechts neben Premier Orbán). Der 73jährige hat unter sich die Agenden für Bildung, Kultur, Soziales, Gesundheit, Gleichstellung etc. pp. mit einem entsprechend ausgeuferten Apparat an Staatssekretären, womöglich wäre auch ein Jüngerer mit einem solchen Mammutministerium überfordert gewesen. Er soll schon seit längerem auf der Abschussliste stehen, seine “Performance” hält mit dem revolutionären Elan der anderen einfach nicht mit, so die Einschätzung. Am Mittwoch traf sich Réthelyi auf eigenen Wunsch mit Ministerpräsident Orbán, der ihm “ein starkes Signal gegeben habe”, dass er auch morgen noch Minister sein wird. Von übermorgen sprach er jedoch nicht.

Wenig beruhigend ist das Gerücht, dass Orbáns übelster Scharfmacher, Fidesz-Fraktionschef János Lázár dem behäbigen, wenn auch stramm auf Linie befindlichen Professor nachfolgen könnte. Die "nationalen Ressourcen" in den Händen von Orbáns parlamentarischem Kettenhund, das gäbe ein Gemetzel. Noch gut erinnert sich die Öffentlichkeit an seine “Dienstwagenaffäre” als Lázár in Zeiten, “wo Ungarn vom Abgrund zurückgerissen werden muss” mit einem 100.000 EUR teuren Sportwagen vorfuhr, Arme als “selbst schuld” an ihrem Schicksal abkanzelte, die “nichts besseres verdient” hätten und dem Verfassungsgericht bescheinigte, dass Recht nicht Gerechtigkeit sei, er den Volkswillen repräsentiere und es daher entmachtet werde. Lázár ist so zur Inkarnation der Präpotenz dieser Regierung geworden und könnte sich als Superminister zu einer echten Wahlkampfhilfe für die Opposition entwickeln, - wenn es eine gäbe.

 

Entscheidungen sind noch nicht gefallen, denn spannend dürfte auch sein, wer dann Lázárs Nachfolger als Fraktionschef antritt. Immerhin ist dies jene Position, die im Auftrag des Chefs die Kanonaden an Schnellgesetzen abzufeuern hat, die das ganze Land seit einem Jahr so erfreuen.

Am Ende ihrer Regierungskarriere, so berichten es die "regierungsnahen Kreise", dürfte auch KDNP-Politikern Rózsa Hoffmann, Staatssekretärin und damit Quasi-Ministerin für Bildung angekommen sein. Ihr öffentlicher Streit mit Fidesz-Bildungspolitiker Pokorni entspricht nicht unbedingt den Vorstellungen von "nationaler Einheit", wie sie in der Orbán-Regierung herrschen. Ihr Abgang wäre für die Bildungslandschaft aber eine naturschützende Maßnahme ersten Ranges, eine wahrliche Befreiung, wohl auch parteiintern. Auch die Staatssekretäre für Soziales, Szócska und Soltész sitzen nicht sonderlich fest in ihren Sätteln, hört man. Ein Kulturstaatssekretär und einige andere höhere Beamte gingen bereits "freiwillig", alle in "gegenseitigem Einvernehmen", versteht sich doch.

red.

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