(c) Pester Lloyd / 27 - 2011
NACHRICHTEN 07.07.2011
Ungarn weist EP-Kritik an Verfassung zurück
Zwischen Ungarn und dem Europäischen Parlament gab es wieder einmal einen
polemischen Schlagabtausch. Das Europäische Parlament verabschiedete am Dienstag mit einer Mehrheit aus linken, sozialdemokratischen, liberalen und unabhängigen Stimmen
eine Resolution, die sich kritisch zur neuen ungarischen Verfassung äußert. Darin werden sowohl die Art und Weise des Zustandekommens als nicht demokratisch und bürgernah
beanstandet als auch einige von der Venedig-Kommission geäußerte inhaltliche Kritikpunkte übernommen. Ungarn wird zu Änderungen aufgerufen, u.a. sollten einige
Grundrechte nicht nur "beachtet" werden, sondern konkret unter Schutz gestellt werden. Weiterhin sind die Todesstrafe abzulehnen sowie auch - die nun verankerte - Verurteilung
zu lebenslänglich ohne Bewährungsmöglichkeiten, abzuschaffen. Die vielen Kardinalsgesetze müssten in breitestmöglichem Konsens mit der Bevölkerung erstellt
werden, Steuer-, Renten- und Familienpolitik hingegen seien keine Felder, die durch eine 2/3-Mehrheit aus dem Gestaltungsfeld nachfolgender Regierungen genommen werden
sollten. Außerdem habe Ungarn dem Verfassungsgericht wieder die volle Kompetenz einzuräumen. Die Abstimmung fiel mit 331:274:54 aus.
Die Reaktion aus Ungarn war die übliche, schon vor der Abstimmung in Brüssel wiederholte Orbán seine Polemik, dass sich Ungarn vom Ausland nichts sagen lasse. Die
Verfassung sei ein "modernes, europäisches Grundgesetz und jede Nation hat das Recht, sein Grundgesetz selbst zu bestimmen." Die Meinung aus Brüssel wird die Arbeit der
ungarischen Gesetzgeber nicht beeinflussen. Zudem messe die EU wieder einmal mit zweierlei Maß, in dem sie Veränderungen bei Institutionen anmahnt, die es in anderen
Ländern nicht einmal gibt. Bereits zuvor wiederholte Orbán seine haarsträubenden Aussagen darüber, dass Brüssel sich als neues Moskau aufspiele.
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