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(c) Pester Lloyd / 40 - 2011  WIRTSCHAFT 05.10.2011

 

Pusztakönig bei den Wüstensöhnen

Ungarischer Premier auf BettelWerbetour in Saudi-Arabien

Ministerpräsident Viktor Orbán ist am Dienstag zu einem Besuch in Saudi-Arabien eingetroffen. Dabei klärte er die Scheichs darüber auf, dass in Zukunft die Musik nicht mehr im Westen, sondern im Osten des Kontinents spielen werde. Er warb für das für Unternehmen bald billigste Land in der EU (er meinte seins), schwadronierte unter den konstanierten Blicken der Wächter Mekkas über christliche Wurzeln und bot den öligen Autokraten eine "strategische Partnerschaft" an. Er hofft, sie kaufen seine Staatsanleihen.

Foto: Amt des Ministerpräsidenten

"In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird Wachstum nicht in erster Linie in den alten, traditionellen, großen europäischen Volkswirtschaften stattfinden, sondern in dem zentraleuropäischen Band zwischen Ostsee und Adria", so Orbán bei einer Veranstaltung der Saudi-Arabischen Industrie- und Handelskammer in Riad. "Funny turns" nannte der Regierungschef die Entwicklung, dass Länder wie China oder Saudi-Arabien aus der von der Globalisierung verursachten Krise den größten Vorteil ziehen konnten.

Ungarn möchte sich auf diese veränderte Lage einstellen und hinfort "strategische Partnerschaften" mit diesen Ländern anstreben. Er lobte seine Gastgeber, so wie im Juni schon die Chinesen, für ihre "atemberaubende Entwicklung". Kritische oder überhaupt irgendwelche Anmerkungen zu Menschenrechtsverletzungen (Stichwort Frauenrechte, Rolle im arabischen Frühling) kamen auch hier nicht.

Orbán prahlte einmal mehr damit, dass sein Land das "politisch stabilste" in der ganzen Europäischen Union sei, man nun das Erbe des Kommunismus ausmerzen könne und eine "völlig neue Verfassung" das Land "spirituell an seine christlichen Wurzeln" zurückführt. Während die Scheichs etwas finster dreinblickten, warb Orbán fröhlich für den Investstandort mit seinem "neuen Steuersystem", das, wenn die vollständie Einführung einmal abgeschlossen sein wird, die niedrigsten Steuersätze für Unternehmensgewinne in Europa und gleichzeitig das "einfachste und transparenteste Steuersystem" haben wird.

Er schlug als ersten praktischen Schritt der neuen "strategischen Partnerschaft" vor, einen gemeinsamen Wirtschaftsausschuss zu etablieren. Dieser solle, von ungarischer Seite, vor allem auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, der Bildung, erneuerbarer Energien, der Pharmaindustrie und der Landwirtschaft für die Saudis lohnende Geschäftsfelder auftun. Umgekehrt wünscht sich - auch wenn das so offen nicht gesagt wurde - Ungarn von den Arabern vor allem den Aufkauf von Staatsanleihen. Wie bereits mit China will man sich auf diesen staatliche kontrollierten "Spezialmärkten" neue Kreditgeber suchen, um so die Abhängigkeit vom internationalen (sprich angelsächsisch dominierten, in Ungarn gern auch als "jüdisch" verkürzt) Finanzmarkt sowie EU/IWF zu verringern. Ein Gericht verfügte am Dienstag übrigens die Offenlegung der entsprechenden Vereinbarungen mit China.

Orbán wolle sich im Gegenzug für die Großzügigkeit der Wüstensöhne u.a. dafür einsetzen, dass die EU in Bälde ein Freihandeslabkommen mit Saudi-Arabien abschließt. László Parragh, Chef der ungarischen Wirtschaftskammer, wartete noch mit ganz praxisnahen Geschäftsfeldern auf, für die sich ihre Hoheiten vielleicht interessieren könnten und nannte allen Ernstes vor versammelter Mannschaft "medizinisch-kosmetischer Tourismus", schnell fielen ihm noch Immobilienmakrt und Wasserwirtschft ein. Beide Seiten stimmten jedenfalls darüber ein, dass das Niveau der wirtschaftlichen Beziehungen ausbaufähig sei.

Zum Thema:

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Wen Jabao in Budapest: Warum sich China in Ungarn wie zu Hause fühlen kann
http://www.pesterlloyd.net/2011_25/25chinaungarn/25chinaungarn.html

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http://www.pesterlloyd.net/2011_34/34newspolitik/34newspolitik.html

 

red.

 

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