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(c) Pester Lloyd / 43 - 2011  BUDAPEST 28.10.2011

 

Rallye der Kontraste

Mit dem Fahrrad auf Entdeckungstour durch Budapest

Aktuell gibt es rund 160 km Radweg in Budapest, zu wenig, aber doch mehr als noch vor wenigen Jahren. Fernab der großen Sehenswürdigkeiten und Hauptverkehrsstraßen bietet die Stadt ein krasses architektonisches, kulturelles und geschichtliches Kontrastprogramm. Das fällt bei einer Fahrt mit der Bahn oder dem Bus gar nicht so sehr auf. Einige Tipps für eigene und geführte Rad-Entdeckungstouren durch Budapest.

Radfahren in Budapest ist heute möglich, es ist noch nicht lange her, da war es lebensgefährlich und selbst die Polizei verjagte Radfahrer, die es wagten, sich auf den Straßen als ernsthafte Verkehrsteilnehmer zu deklarieren wie die Kinder wieder aufs Trettoir zurück. Hier hat sich viel getan, neue Radwege, der Beginn eines Bewußtseins, nicht zuletzt ausgelöst durch die in Budapest besonders starke "Critical Mass"-Bewegung. Und es gibt Tageszeiten, da ist die Fahrt mit der komplett überfüllten Metro wirklich kein Spaß, vom Autoverkehr ganz zu schweigen.

Foto: www.budabike.com bietet geführte Radtouren zu den Highlights wie den versteckten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Fernab der Hauptstraßen

Entlang des Netzes aus Gässchen und Einbahnstraßen prallen besonders im VIII. Bezirk, auch „Józsefváros“ genannt, Geschichte und Gegenwart aufeinander, Ecken, die sich mit dem Rad gut erkunden lassen. In diesem Viertel Richtung IX. Bezirk befinden sich Staatsministerien neben Plattenbauten, dazwischen steht ein altes Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert und kurz darauf kommt man an neu eröffneten Einrichtungen vorbei, wie der städtischen Ballettschule. Viele Fassaden der Häuserzeilen weisen, wie so oft in den Nebenstraßen Budapests, noch eindeutig die Spuren des Aufstandes von 1956, sogar des Zweiten Weltkrieges auf. Doch nur 20 Meter weiter passiert man ein Idyll aus Spielplätzen und Grünflächen.

Bequem ohne Auto

Im V., VI. und VII. Bezirk gibt es sehr viele verkehrsberuhigte Zonen, welche für Autos, aber nicht für Fahrräder, gesperrt sind. So sind viele kleine Plätze mit abgehenden Nebenstraßen und Hinterhöfen entstanden, in denen sich Café an Laden reiht. So auch am Szervita tér im V. Bezirk, wo man das Rad gern kurz abstellt, um einen Kaffee oder ein Stück Torte zu genießen. Die ruhige Atmosphäre lädt zum verweilen und die umstehenden Gebäude zum staunen ein: der Lückenfüller aus den 1970er Jahren steht mitten neben einem renovierten Jugendstilhaus und der St. Anna Kirche aus dem 17. Jahrhundert. Überwacht wird der Platz von der Statue des ehemaligen Bürgermeisters des Viertels. In Budapest gibt es hunderte solcher Statuen zu entdecken, welche nach der politischen Wende aufgestellt wurden, um die ausgedienten zu ersetzen. Keinesfalls ausgedient haben die Markthallen, welche sich fernab der großen Hauptstraßen befinden. An der Vásár utca in der Nähe des Rákóczi tér befindet sich eine der kleineren charmanten Markthallen, welche fast gar nicht von Touristen frequentiert wird. Hier muss das Fahrrad leider draußen bleiben.

 

Es grünt so grün

Fährt man mit dem Rad durch Budapest wird einem schnell auffallen, dass es sehr viele große und kleine grüne Oasen zu entdecken gibt. Nicht nur das Stadtwäldchen und der Volkspark tragen zum Flair der Stadt bei. Radelt man durch Hinterhöfe oder biegt spontan an der nächsten Ecke ab, findet man sich plötzlich umgeben von Bäumen, Vogelgezwitscher und erstaunlicher Ruhe. Für einen kurzen Moment könnte man meinen, man befände sich gar nicht in einer Millionenmetropole. Den Eindruck hat man auch, wenn man vor dem Naturkundemuseum steht. Hier kann man bequem Rast machen und die Millionen Jahre alten Gesteinsformationen aus allen Teilen Ungarns bestaunen und anfassen.

Entdeckungen in Óbuda, das mit dem Fahrrad prima über den Donauradweg erreichbar ist. Auf dem alten Marktplatz geht es zu wie in einem Dorf, mit Herren- und Bauernhäusern, darunter das zum Restaurant umgebaute Gehöft Kéhli, mit den besten Markknochen (mit Rindseintopf) der Stadt. Im Hintergrund Plattenbautristesse.

Mit offenen Augen durch die Stadt

Auch außerhalb des Stadtzentrums gibt es viel zu entdecken. Das Gebiet zwischen Museum und Nationaltheater beispielsweise ist von Industriegebäuden geprägt. Der Kontrast von Wunsch nach wirtschaftlichem Aufschwung und nationalökonomischer Realität wird hier besonders sichtbar. Viele Bürokomplexe stehen teils völlig leer oder wurden als Baustelle stehen gelassen. Oftmals ist den Bauherren mitten im Projekt das Geld ausgegangen und sie ließen die unfertigen Gebäudeskelette einfach so stehen, wie sie gerade waren. Das Nationaltheater an der Lágymányosi híd ist ebenfalls ein Zeichen „finanzpolitischer Fehlplanung“. Ursprünglich sollte es am Deák tér errichtet werden, aber nachdem man das Fundament ausgehoben und schon etliche Millionen Forint quasi „versenkt“ hatte, wurde es verlegt. An der ehemaligen Baustelle befindet sich nun der Gödör-Klub. Jetzt bildet das Theater zusammen mit dem Ludwig Museum für zeitgenössische Kunst und dem Palast der Künste, mit seiner eindrucksvollen Holzarchitektur, ein kulturelles Dreieck an der Donau.

Entlang des Flusses

Am Rand der Donau sind gut ausgebaute Radwege. Plant man eine längere Tour, folgt man einfach den Radwegen flussaufwärts Richtung Donauknie oder flussabwärts Richtung Donaufüred. Bei gutem Wetter kann man nachts das Panorama der Metropole bewundern: die Zitadelle, die Brücken, die Burg und die Uferpromenaden. Diese Sehenswürdigkeiten auf der Budaer Seite lassen sich ebenfalls sehr gut per Rad erreichen, wenn man sich vor dem Anstieg nicht scheut. Für einen Mittagsimbiss empfiehlt sich das Restaurantschiff A38 kurz nach der Petöfi híd.

> Wer sich ein Fahrrad ausleihen oder eine organisierte Tour auf Deutsch mitmachen möchte kann sich unter www.budabike.com anmelden. Inhaber Wolfgang Lehner ist Österreicher und lebt seit 20 Jahren in Budapest.

> Hilfe bei Fahrradreparaturen bekommt man u.a. im alternativen Kulturzentrum Szimpla Kért in der Kazinczy utca 14 1075 Bp.

Vivienne Kiss

 

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