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(c) Pester Lloyd / 49 - 2011  NACHRICHTEN 09.12.2011

 

Ungarn blockierte Eurorettung durch Veto

Die emsigen Verhandlungen beim EU-Gipfel in Brüssel über eine baldige Vertragsänderung hin zu einer Fiskalunion bzw. stärkeren Durchgriffsrechten der Union in nationale Haushalte scheiterte an den nächtlichen Vetos von Großbritannien und Ungarn. Die Kollegen nahmen Mr. Nem mittlerweile in die Mangel - UPDATE

Damit gehört Ungarn nun zu den Ländern, die bewußt die Spaltung der Eurozone und letztlich Europas in Kauf nehmen, um (vermeintliche) nationale Interessen durchzusetzen. Vor allem Frankreich hatte offen mit einem Alleingang der "Willigen" gedroht, sollten sich Länder der neuen Linie entgegenstellen.

Während die Ablehnung Großbritanniens einer generell und traditionell EU-skeptischen Linie folgt, betont Ungarns Premier Orbán (Foto) die "Unabhängigkeit" des Landes von den "internationalen Finanzmärkten" als Staatsziel und sieht durch eine enger verzahnte Haushalts- und Steuerpolitik die Möglichkeiten der Entwicklung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit gefährdert (Stichwort Flat tax, Steuerwettbewerb mit Slowakei etc.). Ungarn rühmt sich seiner "unorthodoxen Maßnahmen" zur Rettung der Wirtschaft, ist aber dennoch gezwungen, Verhandlungen mit dem ungeliebten IWF wieder aufzunehmen, weil viele Maßnahmen eher ideologisch diktierten Wunschvorstellungen folgten als der ökonomischen Realität und Vernunft. Es lässt sich ausrechnen, wie hoch die Hilfsbereitschaft der EU für anstehende Notzeiten sein wird, wenn Ungarn bei jeder gemeinschaftlichen Problemstellung einen Sonderweg beansprucht.

Aktuelle Fotos aus Brüssel:

Mr. Nem bei seinem großen Auftritt auf der europäischen Medienbühne.

Und beim Handkuss mit der kroatischen (Noch)-Ministerpräsidenten. Zum EU-Beitritt des Landes gabs ein “Igen” aus Budapest. Fotos: Miniszterelnöki Hivatal

Zünftige Sprüche hinter geschlossenen Türen

Mittlerweile wird aus Brüssel bekannt, dass Mr. Nem, Viktor Orbán, hinter verschlossenen Türen ein paar zünftige Sprüche von einigen seiner großen wie kleinen Amtskollegen zu hören bekam. Einige fanden die Showeinlage gar nicht so amüsant, es sei Zeit einmal europäische Politik ohne das Schielen auf die “Heimatfront” zu machen. Man wünschte ihm weiterhin viel Glück bei neuerlichen Verhandlungen mit IWF und EU im Januar, deren Ausgang relativ leicht vorhersagbar sein würde, wenn er auf seiner sturen Haltung beharrt. Andererseits versuchte man Orbán auch klar zu machen, dass sich die praktischen Maßnahmen für sein Land, so lange es nicht Teil der Eurozone ist, ohnehin in Grenzen halten werden, es aber ein wichtiges Zeichen gewesen wäre, in dieser Frage Geschlossenheit zu zeigen.

Aus der deutschen Delegation sei ihm - so kolportierte man dieser Zeitung - ganz offen die Frage gestellt worden, wovor er sich eigentlich bei einer gemeinsamen Haushaltsdisziplin fürchte, man höre doch aus seiner Regierung stets, dass man darin ohnehin Vorreiter sei, ab kommendem Jahr dauerhaft die Maastricht-Kriterien erfüllen wolle und sich in punkto Schuldenabbau mit Schweden auf eine Stufe stellt. Wo also liegt dann das Problem?

Orbán machte indes einen halben Rückzieher, nachdem ihn das internationale Echo auf sein Veto doch ein wenig überrascht haben mag. Um kurz nach Zwei am Freitag tickerte Ratspräsident van Rompuy, dass nur noch ein Land bei der “Vertragsneugestaltung” nicht dabei sei. In Ungarn lautet die offizielle Sprachregelung: diese “wichtige” Frage sei Sache einer “parlamentarischen Entscheidungsfindung” (nicht schwer bei einer 2/3-Mehrheit seiner Partei) und “das Parlament hat genügend Zeit, sich damit zu befassen.” Europa hat diese Zeit nicht, Orbán wird das sicher bald zu spüren bekommen, leider auch “sein” Land.

Bemerkenswert: nach langem Beharren kündigte Orbán am Freitag noch an, dass das gerade verabschiedete Haushaltsgesetz noch an diesem Wochenede “vollständig überarbeitet” wird. Der IWF lässt grüßen...

red.

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