(c) Pester Lloyd / 52 - 2011 BUDAPEST 30.12.2011
Warme Worte
Bürgermeister von Budapest gibt den Schwulenhasser und schreibt Wowereit
Er will die Gay Olympics in Budapest im Juni nicht unterstützen, weil die Akzeptanz “dieser Lebensart” über seine Kräfte geht und er sich davon “auch als
Bürgermeister” distanzieren müsse. Das schreibt der Budapester OB Tarlós seinem Amtskollegen Wowereit in Berlin. Hinter den lauwarmen Worten stecken tiefe
Homophobie und Chauvinismus, wie sich nicht zum ersten Mal zeigte.
Im Juni des Jahres 2012 sollen in der ungarischen
Hauptstadt Budapest die "Gay Olympics" stattfinden, ein Event, das neben Sport und Spaß auch Aufmerksamkeit für die noch immer nicht erfolgte rechtliche und gesellschaftliche
Gleichstellung schwul-lesbischer Lebensmodelle und weiter existenten Chauvinismus lenken soll. Ähnlich wie über die Gay Pride Paraden kann man
auch ein solches Event als sonderbar, narzistisch oder nervig beurteilen oder es als Bereicherung und Selbstverständlichkeit aufgeklärter
Gesellschaften, als Teil unserer Freiheit, begrüßen. Hierbei sollte auch nicht vergessen werden, dass die Gay Pride Parade auch in Budapest alljährlich zu Randalen mit Verletzten führt.
Budapests OB Tarlós. Ein echter Kerl. Mit blondierten Haaren?
Der Berliner Oberbürgermeister, Klaus Wowereit, bekennender
Schwuler, hörte nun davon, dass die Gay Olympics, organisiert von der NGO Atlasz-Frigo, in Budapest keine Unterstützung der Stadt
erfahren wird, obwohl diese von Gábor Demszky, dem linksliberalen Amtsvorgänger des heutigen rechtsnationalen Bürgermeisters, István
Tarlós, zugesagt worden war. In einem Brief erinnerte Wowereit seinen Amtskollegen in Budapest daran, dass die Spiele nicht nur als
Sportevent zu betrachten sind, sondern auch die Akzeptanz von Homosexualität fördern können und bat ihn, die Zusage von Vorgänger Demszky einzuhalten.
Kopie des Originalschreibens. Zum vergrößern klicken.
Doch die beiden Männer sprechen ganz unterschiedliche Sprachen, in seinem rührend
verklausulierten Antwortschreiben bedauerte Tarlós mit warmen Worten (sorry!) nicht "die Kraft" aufbringen zu können, die Idee und die Veranstaltung zu unterstützen, zumal
die Unterstützung seines Vorgängers als "Privatmensch" erfolgte. Er sieht zwar, dass es
offenbar auch in Ungarn mehrere "dieser Menschen" gibt, will sich aber in die Arbeit der
Veranstalter "nicht einmischen". Doch das genügte noch nicht: nicht nur als Privatmensch
"auch als Oberbürgermeister distanziere ich mich sowohl von einer solchen Lebensweise als auch der Veranstaltung" und gratuliert im übrigen zur Wiederwahl. Dieses Schreiben
veröffentlichte der OB zweisprachig auf der offiziellen Webseite der Stadt.
Berlins OB Wowereit mit Freund. Geht im offiziellen Budapest gar nicht sowas...
Kurz übersetzt: Er denkt gar nicht daran, den
Schwuchteln auch nur einen Forint oder gar einen Augenblick Aufmerksamkeit zu widmen. Er kann zwar juristisch (noch) nichts gegen diese Perversen unternehmen, weil der degenerierte, liberale
Mainstream in Europa das heute nicht mehr so ohne weiteres zulässt, aber der Herr Wowereit in Berlin möge bitte solch unappetitliches Ansinnen in seiner
eigenen dekadenten Stadt durchführen, die Besudelung der Hauptstadt des heiligen Ungarns werde er nicht noch fördern.
Übertrieben? Ist es nicht. Homophobie ist in weiten Teilen der Gesellschaft der
Normalzustand, bei der rechten Landeshälfte wird sie auch unverhohlen zelebriert. Mit seinem Brief und der medialen Verbreitung zielte Tarlós direkt auf die Stammwählerschaft
seiner Partei, des regierenden Fidesz und solche Sprüche kommen dort an. Ja, im Parlament gehören sie mittlerweile, neben Hurensohn und anderen, speziell ungarischen
Nettigkeiten, zum allgemeinem Sprachgebrauch.
In einem Beitrag "Hinterm Mond, gleich rechts" stellten wir
bereits einmal dar, welch mittelalterliches Menschenbild bei den Fidesz-KDNP-Genossen vorherrscht: Die Parlamentsabgeordneten Gábor Tóth und
Ilona Ékes forderten 2009 ein Verbot der Gay Pride Parade, da sie "eine provokante Veranstaltung" sei, die "die Entwicklung der ungarischen Jugend gefährden könne". Statt
der Demo sollten die "Betroffenen" lieber in einen "fachlichen und gesellschaftlichen Dialog"
eintreten, sprich, sich von Ärzten untersuchen, am besten aber einweisen lassen. (Hier mehr dazu: http://www.pesterlloyd.net/2009_35/0935gayfidesz/0935gayfidesz.html) Mit der
These von der "heilbaren Krankheit" Homosexualität befindet sich die Regierungspartei des EU-Landes Ungarn jedenfalls auf einem "Niveau" mit dem Vatikan. Wir gratulieren.
red.
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