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(c) Pester Lloyd / 01 - 2012  NACHRICHTEN 06.01.2012

 

Was vom Tage übrig blieb...

Nachrichten aus Ungarn in Wort und Bild

Wie befriedet man EZB, IWF und EU? Orbán trifft sich mit Zentralbankchef Simor, die anderen schreiben Briefe. Fidesz-Sprecherin: angesoffene Spekulanten schickten Forint auf Talfahrt. Ungarn bringen ihre Ersparnisse ins Ausland oder kaufen Autos. Fotos von den Verfassungsfeiern und der Demo dagegen, eine Abkühlung im frischen Nass und ein symbolträchtiger Suizid.
 

In Aktion oder schon auf der Flucht? Hektisch versuchen Ungarns Offizielle EU, IWF und EZB von der EU-Konformität ihrer Gesetze zu überzeugen. Zwar ist der Regierung sonst die Meinung des Auslands relativ egal, doch, um an ein “Sicherheitsnetz”, einen “vorbeugenden stand-by-credt” zur “Abwehr eines möglichen Stillstandes der Eurozone” (Orbán), nicht etwa der eigenen Zahlungsunfähigkeit, zu kommen, muss man sich an ein paar Regeln halten. Nationalwirtschaftsminister Matolcsy schrieb an die EU, EZB-Chef Draghi erhielt einen Brief von IWF-Chefverhandler Tamás Fellegi, Orbán trifft sich am Freitag mit Zentralbankchef und Intimfeind Simor, alles nur um Märkte und IWF wohlwollend zu stimmen. Das scheint auch geboten, denn Forintkurs und Anleihezinsen sind zum weinen... Mehr dazu hier.

Nicht ganz so traurig findet das alles die Sprecherin der Regierungspartei Fidesz, Gabriella Selmeczi. Ihre Aufgabe ist auch mehr die Kommunikation nach innen, die sie, unbelastet von jeglichem Fachwissen, mit voller Hingabe betreibt. Zum Forintkurs hatte sie nur zu sagen, dass es auf der Hand liegt, dass ein paar “von der Silvesterparty zurückkehrende Börsenmakler einen Angriff auf den Forint” starteten, was sie an den Kursverläufen zweifelsfrei ablesen kann. Im übrigen sei Ungarn finanziell stabil und - “ob nun mit oder ohne IWF-Hilfe”, man tue “alles nur für die Familien.” Der Zentralbank riet sie, die Auslandsschulden doch bitte gleich in Forint auszuweisen, denn ansonsten müssten die Staatschulden “bei dem Kurs” ja logischweise anwachsen, was aber ein verzerrtes Bild ergibt, schließlich gelte in Ungarn der Forint. - Ein Neujahrsscherz? Nem. O-Ton von der gestrigen (Donnerstag) Pressekonferenz.

 

Das haben sie angerichtet, die angesoffenen Spekulanten. Der Forintkurs des letzten Monats. Das bereits mehrfach korrigierte Budget für 2012 rechnet übrigens immer noch mit einem Durchschnittskurs von 299 Forint je Euro, kurz zuvor noch mit 268.

 

Unsere Lieblingsnachrichtenagentur MTI steuert auch etwas zum inneren Frieden bei, meint sie jedenfalls. Nachdem bekannt wurde, dass die Ungarn massenhaft ihr Geld nach Österreich und sogar zum Feind, in die Slowakei tragen, veröffentlicht die Staatsagentur Fotos von den Goldreserven der Nationalbank. Soll heißen: keine Panik. Ergebnis: noch mehr Panik: obwohl der Umtauschkurs zum Euro derzeit ruinös ist, tauschen die Ungarn Forint, wo und wie sie nur können, Wechselstuben kommen kaum mit dem Nachschub hinterher. Grund ist vor allem, dass sich immer mehr Gerüchte verbreiten, Premier Orbán bereite einen Zugriff auf die privaten Geldbestände der Bürger vor. Vor Monaten schon dachte er einmal laut über “freiwillige Volksanleihen” nach, nun wird darüber spekuliert, dass er Sparguthaben ab einer bestimmten Summe einfach für eine Weile einfrieren lässt, um damit “arbeiten” zu können. Immerhin, so der Volksmund, hat Orbán auch umstandslos die privaten Rentenversicherungsbeiträge eingezogen, zuzutrauen sei ihm also alles.

Jede Krise hat ihre Gewinner, zumindest kurzfristig. Der Autokauf ist ein Sport, den sich verunsicherte Bürger (mit Geld) noch erlauben. Die Zahlen für die ersten drei Quartale (schwarze Balken) weisen - zumindest im Vergleich zum Vorjahr - nach oben, der Dezember wird freilich durch die Decke schießen, denn viele Ungarn ersparten sich durch einen Autokauf im Weihnachtsmonat nicht nur 2 Prozentpunkte Mehrwertsteuer und einige andere Gebühren, sondern legten ihr Bares gleich so an, dass es jederzeit verschwinden kann, in Fluchtfahrzeuge sozusagen.

 

Präsident Schmitt bei den Sieben Zwergen... Nein, im Ernst, das “Staatsoberhaupt ohne Republik” wie übelmeinende Nestbeschmutzer seine Exzellenz nennen, lieferte ein unterschriebenes Exemplar der neuen Verfassung in der Staatsbibliothek ab (eine deutsche Version davon gibts hier zum Download) und las bei der Gelegenheit in ein paar älteren Exemplaren herum. Papier ist eben geduldig. Neben ihm, Kulturstaatssekretär Géza Szöcs.

 

Am Montag in der Staatsoper. Das Präsidentenpaar und das Ministerpräsidentenpaar dahinter. Offenbar hatte ein Altkommunist die ihm zustehende Königsloge abgesperrt, weshalb Orbán in der zweiten Reihe Platz nehmen musste.

 

Gut gefeiert, Herr Präsident? Ein Frührentner, der auf dem Bürgermeisteramt von Veszprém von den Bezugskürzungen erfuhr, die ihm im neuen Jahr bevorstehen, weil Frührentner zu “arbeitsfähigen Sozialhlfeempfängern” umdeklariert werden, obwohl es für sie überhaupt keine Jobs gibt, ihre kleine Rente aber nun der Einkommenssteuer unterliegt, dieser Mann rammte sich am 14. Dezember mit dem Ausruf: “Wovon soll ich denn leben...?” vor aller Augen ein Messer in die Brust. Am Silvestertag verstarb er im Krankenhaus, seine Nachbarn trauern am Ort des Geschehens.

 

Über die Demo am Monatg mit zehntausenden Teilnehmern, die zeitgleich mit der Verfassungsgala stattfand, berichteten wir bereits hier, auch darüber, wie das Staatsfernsehen die Demonstranten einfach verschwinden ließ und unsere Gabi (siehe oben) klar erkannte, dass es sich bei den paar Verwirrten um gesetzlose Aufrührer handelte. Dieses Foto, aufgenommen von der Beletage der Oper, zeigt die Sperrkette der Polizei.

 

In der Nationalgalerie am selben Tag: Das berühmte Gemälde “Landnahme” von Mihály Munkácsy, in hellen Farben, davor das Volk von heute, Schatten ihrerselbst...?

 

Eine Abkühlung, die man heute vielen wünschen kann. Silvesterbaden am Balaton, eine witzige Tradition an vielen Orten in Ungarn, begleitet immer von einer Menge dick eingepackter Schaulustiger.

red.

 

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