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(c) Pester Lloyd / 02 - 2012  WIRTSCHAFT 10.01.2012

 

Teures Hobby

Staatshilfen für Malév illegal, doch Ungarn hält an "nationaler Fluglinie" fest

Am Montag verkündete die Europäische Kommission, dass die Zahlungen des ungarischen Staates an die Fluggesellschaft Malév im Zeitraum 2007-2010 unzulässig waren und diese von der Malév zurückgezahlt werden müssen. Das würde eigentlich das Aus für die Pleite-Airline bedeuten, doch der Staat will aus "nationalem Interesse" an einem "nationalen Carrier" festhalten. Ein teures Hobby und eine neue Aufgabe für den Sonderkomissar.

Wie die EU-Kommission mitteilte, habe sie festgestellt, „dass die Finanzierung der ungarischen Fluggesellschaft zwischen 2007 und 2010 im Kontext der Privatisierung und Renationalisierung eine unzulässige staatliche Hilfe darstellte, da Malév nicht in der Lage gewesen wäre, eine Finanzierung vom Markt zu solchen Bedingungen zu erhalten, wie sie die staatlichen Behörden zur Verfügung stellten. Ungarn muss sich jetzt seine unzulässigen staatlichen Finanzierungsgelder von der begünstigten Fluggesellschaft zurückzahlen lassen.“

Eine Malév-Maschine düst am Nationalfeiertag schonmal mitten durch Budapest,
schlägt aber tüchtig ins Budget...

Auch die Zahlungen nach 2010 sind wettbewerbswidrig

Die Malév wurde 2006 an einen russischen Investor verkauft, der aber seine Zusagen aus dem Privatisierungsvertrag nicht einhielt und selbst während der Lehman-Krise in Probleme geriet, daraufhin übernahm eine staatsnahe russische Bank die Anteile, kümmerte sich aber nicht um die Sanierung. 2010 musste die Regierung Bajnai die Malév aus Not rückverstaatlaichen, um ihre Pleite abzuwenden. Seitdem zahlt der Steuerzahler weiter regelmäßig für den Erhalt der "nationalen Fluglinie", die nach der Rückverstaatlichung gezahlten Abermillionen waren aber nicht Gegenstand der Untersuchung der EU-Kommission, auch wenn Mitbewerber dieser Zahlungen ebenso als geschäftsschädigende Wettbewerbsverzerrungen anzeigten wie die zuvor gewährten.

Die Kommission betonte, dass in Not geratene Firmen staatliche Hilfsgelder nur unter strengen Voraussetzungen erhalten dürfen und im Falle von Malév diese nicht erfüllt worden seien, „weil Malev nicht aufzeigen konnte, wie es anhand seines bestehenden Geschäftsmodells existenzfähig bleiben könne“. Daher ist davon auszugehen, dass auch bei einem Nachfolgeverfahren ein für Budapest negatives Urteil hinsichtlich der Zahlungen ab 2010 gefällt wird.

In einer Stellungnahme erkannte das ungarische Entwicklungsministerium die Entscheidung der Europäischen Kommission an und verkündete, dass die Regierung voraussichtlich auf der am 16. Januar stattfindenden Kabinettssitzung die Vorschläge des Ministeriums bezüglich der Zukunft von Malév diskutieren werde.

Ohne Staatsgeld droht das Aus binnen Tagen

Das Ministerium habe bereits mehrere Szenarien vorbereitet um die Situation zu managen, heißt es, wobei die wahrscheinslichste Variante darin besteht, eine Staatsfirma, z.B. die Entwicklungsbank oder eine neu zu gründende Unternehmung als neuen Anteilseigner zu installieren, dessen Kapitaleinlage dann die Rückzahlung der Beihilfen ermöglicht, was wiederum eine staatliche Beihilfe wäre. In diesem Zusammenhang ist auch die Kapitalerhöhung bei der Entwicklungsbank MFB um 220 Mrd. Forint im Dezember zu sehen. Die Malév selbst schafft es seit Jahren nicht mehr allein den operativen Betrieb ohne Zuschüsse aufrecht zu erhalten, allein in den letzten eineinhalb Jahr mussten rund 300 Mio. EUR zugeschossen werden, die Altschulden werden auf mittlerweile über 800 Mio. EUR geschätzt. Zwischenzeitlich hatte sich ein deutscher Manager, Martin Gauss, um die Sanierung der Fluglinie bemüht, nahm aber nach einer Gehaltskürzung seinen Hut.

Der Kommissar geht um...

Die gescheiterte Privatisierung der Malév wird auch Thema für den von Premier Orbán eingesetzten Sonderkomissar für die Verfolgung von durch die Vorgängerregierung verübten Verfehlungen. Kommissar und Abgeordneter Gyula Budai ließ ausrichten, dass man Anzeigen gegen "Unbekannt" erstatten werde und weitere Ermittlungen durchführt, um "diejenigen, die Steuergelder aus egoistischen Motiven verschleudert haben" zur Rechenschaft zu ziehen. Auch die mangelnde Durchsetzung der durch den Käufer eingegangenen Investitionszusagen durch den Staat hält der Kommissar für verdächtig. Budai, der keinerlei judikative Vollmachten, dafür aber einen politischen Auftrag besitzt, zeichnete sich bisher vor allem durch eine medienwirksame "Sozialistenjagd" auf Philosophen und ehemalige Staatssekretäre sowie seine Wortgefechte mit den Ex-Premiers Gyurcsány und Bajnai aus, die ihn wegen übler Nachrede verklagt haben.

Eine Pleitefirma als “strategisches national-ökonomisches Interesse”?

Das Ministerium wollte sich noch nicht konkret zum weiteren Vorgehen bei der Malév äußern, das - sinngemäß umgesetzt - die umgehende Pleite der Malév nach sich ziehen würde. Die ungarische Regierung beharrt darauf, "dass der Betrieb einer nationalen Fluggesellschaft mit Sitz in Budapest und die damit verbundene Wahrung der effiziente Durchsetzung national-ökonomischer Interessen weiterhin ein vorrangiges Ziel" bleibe und die Aufrechterhaltung des ungestörten Betriebs der Malév für die Durchsetzung dieses Ziels daher unerlässlich sei, während Maktexperten die Malév für vollkommen überflüssig halten, auch, weil sie sich als regionaler player viel zu spät und zu weit aufgestellt hatte.

Schnäppchenjäger schielen auf EU-Lizenzen

 

Immer wieder sprach diese Regierung davon, mit einer ganzen Reihe von "seriösen" Interessenten als potentielle "strategische Investoren" in Verhandlungen zu stehen, doch tatsächlich versuchten bisher nur ein paar außereuropäische Schnäppchenjäger günstig an die EU-Lizenzen der Fluglinie zu kommen. Die Malév ist neben der Staatsbahn MÁV, von der man gerade wieder 50 Mrd. Forint Schulden tilgen musste und den vom totalen Zusammenbruch bedrohten Budapester Verkehrsbetrieben BKV der dritte teure Klotz am Bein des Steuerzahlers.

EU lässt einigen Spielraum offen

Wie die Kommissionssprecherin Cristina Arigho mitteilte, müssten die ungarischen Behörde nun selber die Art und Weise und die zeitliche Abfolge der Rückzahlungen bestimmen. Auch der genaue Rückzahlungsbetrag sei von Ungarn selbst zu kalkulieren, was viel Interpretations- und Handlungsspielraum offen lässt.

Varga / red.

Kurz vor dem Absturz - Nov. 2011
Der "wirklich allerletzte" Staatszuschuss für Malév in Ungarn?

 

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