(c) Pester Lloyd / 03 - 2012
NACHRICHTEN 22.01.2012
Österreichs Vizekanzler auf Kurzbesuch in Ungarn
Österreichs Außenminister und Vizekanzler, Michael Spindelegger, ÖVP, hat sich am
Freitag in Budapest mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán sowie Außenminister János Martonyi getroffen. Bei den Konsultationen ging es um die derzeitige
Situation in Ungarn und die Streitpunkte mit EU und IWF. Tagesordnungspunkt waren auch die Interessen der österreichischen Banken, dem "Parteifreund" Orbáns waren sie
wichtiger als Fragen nach der Gefährdung des Rechtsstaats und anderem "Ungarn-Bashing".
Foto: MEH
Premier Orbán, der sich durch das kurzfristig organisierte Treffen sichtlich aufgewertet
sah, nutzte den Besuch des Nachbarn zur üblichen Selbstdarstellung: „Unsere Werte werden von der österreichischen Regierung geteilt. Es sind europäische Werte und wir sind
Teil der europäischen Kultur. Lasst uns die strategische Partnerschaft zwischen unseren Staaten beibehalten.“ Es war kein Zufall, dass die Einladung dazu von Seiten Budapests ausging.
Österreich ist daran interessiert, dass Ungarn die europäische Gesetzgebung beachtet,
sagte Spindelegger, der auch Chef der ÖVP ist. Auch andere Themen, wie etwa die von Österreich kritisierte vorzeitige Tilgung von privaten Fremdwährungskrediten auf Kosten
der Banken in Ungarn, wurden besprochen. Spindelegger meinte, es wäre ein gutes Zeichen, dass sich die ungarische Regierung zum Dialog und zur Klärung der, von der
europäischen Kommission beanstandeten Gesetze bereit zeigt.
Bereits einen Tag zuvor war Ungarns Chefunterhändler beim IWF in Wien vorstellig
geworden. „Es ist wichtig, zu einer schnellen Einigung zu kommen“, ließ Tamás Fellegi am Donnerstag nach seinem Treffen mit Österreichs Finanzministerin Maria Fekter und
Nationalbankchef Novotny wissen.
Spindelegger mahnte hinsichtlich der EU-Verfahren also zur Kooperation, wollte aber nicht
tiefer auf allgemeinere demokratische und rechtsstaatliche Bedenken eingehen, im Gegenteil, diese qualifizierte er als "Ungarn-Bashing" ab, wofür er nicht zu haben sei, eine
Argumentation, die, auch wenn sie am Thema vorbeigeht, die gängige bei den Schwesterparteien des Fidesz war und ist.
Das Interesse Österreichs an Ungarn ist auch in erster Linie
das Interesse der österreichischen Banken, die bis zum Hals in faulen Fremdwährungskrediten stecken, die sie bei ihrem Eroberungszug gen Osten
mehr als freizügig verteilten. Neben den Zahlungsausfällen durch zahlungsunfähige Kunden (je nach Geldhaus zwischen 10 und 17%), machen den Banken auch die Sondersteuern und
die bevorzugte Forex-Ablöse, Maßnahmen der Orbán-Regierung, zu schaffen. Spindeleggers Besuch in Budapest ist daher vor allem in diesem Kontext zu sehen, zumal
die Regierung in Ungarn die für die Banken teure Forex-Ablöse auch noch auf zehntausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst durch die Vergabe von günstigen
Forintkrediten auszuweiten gedenkt.
PK
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