(c) Pester Lloyd / 06 - 2012
POLITIK 08.02.2012
Auf neuer Grundlage...
Orbáns Rede zur “Lage der Nation” in Ungarn
Ministerpräsident Viktor Orbán hielt am Dienstag in Budapest vor ausgewähltem Publikum eine Rede "Zur Lage der Nation". Im Zentrum stand jedoch nicht die Lage der Nation, sondern die Rechtfertigung seiner Politik der letzten eineinhalb Jahre,
wobei vor allem die Belange der Stammklientel bedient wurden. Die Rede war ein Balanceakt zwischen Sonderweg-Polemik und Andeutungungen der
Kompromissbereitschaft bei Streitpunkten mit internationalen Organisationen.
Orbán betritt den Saal... Fotos: fidesz.hu / MEH
Ungarn stehe auf einer neuen Grundlage, war die zentrale These des Ministerpräsidenten.
Aufgrund der Größe der Aufgabe sei es klar, dass es auch zu Missverständnissen und Überforderungen kommen könnte. Orbán betonte, dass die Verabschiedung der
Bankenabgabe, der Krisensteuern und des Forex-Kreditablösemodells „nicht die angenehmsten Entscheidungen“ seines Lebens waren, „dennoch konnte die Regierung
keine Zeit verschwenden, sie hat vielmehr alles unternommen, um das Land über Wasser zu halten“.
Kritiker der neuen Verfassungen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene,
seien nur daran interessiert das Land weiter in die Schuldenkrise zu treiben, um daraus für sich selbst einen finanziellen und politischen Nutzen zu ziehen. Orbán zeigte sich jedoch
bereit, mit denjenigen zu kooperieren, deren Ziel es ist, die Entwicklung eines starken Ungarns zu unterstützen. Dahingegen würde er alle Anstrengungen auf das Schärfste
bekämpfen, die eine Wiederherstellung jenen Regimes anstreben, welches das Land geschwächt und in die aktuelle Schuldenkrise geführt hat.
Ungarn erneuern prangt über dem Fahnenmeer. Orbán spricht.
Er dementierte den Vorwurf, dass Reiche durch die Flat tax bevorzugt würden. Das sei
nicht die „ungarische Realität“. Die Mittelklasse müsse durch ein „angemessenes, einheitliches Steuersystem“ geschützt werden, zudem würden die Besserverdienenden bei
einem höhren Steuersatz Wege finden, sich diesem zu entziehen. Gerstern machte Orbán in anderem Zusammenhang die Äußerung, dass die Besserverdiener auch mehr leisten, was
die Opposition in Rage brachte. Zumal würde die Flat tax erst bis Ende 2013 vollständig implementiert sei, bis dahin wird sich die Lage der Geringverdiener schon längst verbessert haben.
Orbán redet noch immer. Im Auditorium viele Parteifunktionäre, aber auch führende Vertreter von
Verbänden und der Wirtschaft.
Ohne die Versuche der Regierung, die Staatsverschuldung einzudämmen, hätte Ungarn
genau wie Griechenland seine wirtschaftliche Souveränität verlieren können. Die neue Verfassung verankere die Pflicht zum Abbau von Staatsschulden und setze einen
ausgeglichenen Staatshaushalt voraus. Dadurch werden künftig verantwortungslose Regierungen daran gehindert, das Schicksal zukünftiger Generationen auf das Spiel zu
setzten. Zum Schluss rief Orbán die Gesellschaft dazu auf, die aktuelle Wirtschaftspolitik zu unterstützen, da diese insbesondere die Interessen der Mittelschicht und der
Pensionierten verbindet. Auch im Hinblick auf andere Politikfelder dominierten die bekannten Plattitüden und das Eigenlob, eine Themenverfehlung, welche die Rede für eine tiefere Analyse nicht qualifiziert.
Vor der Rede Orbáns sprach der Staatssekretär für Soziale Integration (Roma), Zoltán
Balogh, und lobte die "nationale Strategie". Wir interviewten ihn aus aktuellem Anlass.
AL / red.
IN EIGENER SACHE
Der PESTER LLOYD möchte sich verbessern - Helfen Sie mit?
Liebe Leserinnen und Leser in Nah und Fern, liebe Freunde des Pester Lloyd!
Vor zweieinhalb Jahren haben wir den Pester Lloyd
auf eine Online-Tageszeitung umgestellt. Ein Projekt, das sich erfolgreicher entwickelte, als wir das erwarten konnten. Um auf der Höhe der Zeit zu
bleiben und noch mehr unabhängigen Journalismus aus der Mitte Europas bieten zu können, brauchen wir Ihre Hilfe...
ZUM BEITRAG
|
|
|