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(c) Pester Lloyd / 08 - 2012      BUDAPEST 23.02.2012

 

Angst vor dem Ausbluten

Mitarbeiter der Budapester Verkehrsbetriebe in Ungarn kämpfen um ihre Existenz

Am Mittwochnachmittag versammelten sich wieder rund 1.500 Mitarbeiter und Sympathisanten der Budapester Verkehrsbetriebe, BKV, zu einer Demonstration in Budapest. Sie treibt die Angst auf die Straße, Stadt und Staat könnten das Ausbluten des Unternehmens forcieren, um einen ähnlichen Weg wie bei der insolventen Malév zu gehen. Jahrelange Misswirtschaft hat die BKV ruiniert und setzt sich auch unter dieser Regierung fort.

Fotos: Philipp Karl (c) Pester Lloyd

BKV-Mitarbeiter, Bürger, Oppositionsgruppen und Kollegen von anderen Verkehrsbetrieben, viele in Dienstuniformen, drückten ihren Protest gegen die Fehlentscheidungen der Politik mit einem Sternmarsch aus drei Richtungen, partiellen Arbeitsniederlegungen und einer Abschlusskundgebung im Zentrum aus. Vor einigen Tagen versammelten sich etwa genauso viele vor der Firmenzentrale, kurz danach trat der Vorstandschef zurück.

Ihre Wut ist in den letzten Tagen gewachsen, weil immer klarer wurde, dass die einfachen Angestellten für das Missmanagement und das Versagen der Politik die Zeche zahlen sollen. Es wurde darauf hingewiesen, mit welchem persönlichen Aufwand die Mitarbeiter tagtäglich dafür sorgen, den Betrieb des maroden Unternehmens überhaupt noch aufrecht zu erhalten. Das Herauszögern einer langfristigen Lösung, die Kündigung der Kollektivverträge und zuletzt die Bonusaffäre machten aber ausgerechnet jene, die die BKV am Laufen halten, zu den Opfern.

BKV = Malév, ist es das was Ihr wollt!?

Die Kündigung eines Kollektivertrages aufgrund „der schwierigen finanziellen Situation“ zum 1. Dezember letzten Jahres, heißt für viele, vom Techniker bis zum Fahrzeugführer, einen realen monatlichen Verlust von 40.000 bis 50.000 Forint, mithin bis zu einem Drittel des Gehaltes, wovon rund 1.200 Mitarbeiter betroffen sind. Viele haben nun Angst, dass die völlig überschuldete Gesellschaft ein ähnliches Schicksal erleiden könnte wie die Malév.

Die BKV hat mittlerweile Schulden von rund 90 Milliarden Forint (über 300 Mio. EUR) angehäuft. Die Stadtversammlung habe das Unternehmen Jahr für Jahr tiefer in die roten Zahlen geschickt, auch, in dem man Dienstleistungen verlangte, die die Stadt nicht finanzierte. Stattdessen wurde das Kreditaufkommen immer weiter erhöht. Die BKV wurde zudem von etlichen Managern und Verantwortlichen der sozial-liberalen Vorgängerregierungen mit hoher krimineller Energie geplündert, wozu mehr als ein Dutzend Strafverfahren anhängig sind.

Aktuell ist man auch über die neue Regierung erbost, die zwar die Aufnahme von weiteren Krediten verboten hat, aber nur fallweise Unterstützungshilfen leistet, so dass niemand weiß wie die Zukunft aussieht. Es hat eineinhalb Jahre gedauert, bis der Oberbürgermeister erste ernsthafte Gespräche über einen Sanierungsplan zu Stande gebracht hat. Zwar warnte er schon lange vor den Folgen einer BKV-Pleite, die u.a. in der Rückzahlung von horrenden EU-Hilfen für den U-Bahn-Ausbau bestehen würden, vielmehr als Bettelbriefe und Verweise auf das Versagen der Vorgänger hatte aber auch er nicht fertig gebracht.

 

Die notgedrungenden Sparmaßnahmen bringen den Betrieb derweil an den Rand des Stillstands, vor allem die erhebliche Verschlechterung des Zustands der ohnehin überalterten Fahrzeuge bereitet Sorgen. Es wird befürchtet, dass die Bussparte, als einzig profitabel wirtschaftende Abteilung privatisiert werden könnte und man den Rest ausbluten lasse, heißt es in einer Erklärung. Eine kürzlich bekannt gewordene Zahlung von Manager-Boni erzwang vor wenigen Tagen den Rücktritt des BKV-Vorstandschefs. Für die kommenden Wochen wurden spontane Warnstreiks angekündigt.

czv, pk, red.

 

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