(c) Pester Lloyd / 2008
FREIZEIT & TOURISMUS _______________________________________________________
Kaltes, klares Wasser
Selbstversuche in den Freibädern von Budapest
Budapest, 15 Uhr, die Sonne brennt! Der Trick aus der Cola-Werbung –tiefgekühlte Unterwäsche – verschafft nur kurzzeitige Abkühlung. Der
Schweiß läuft über Stirn, Oberlippe und Rücken. Kein Regen in Aussicht. Auf der Suche nach erlösender Erfrischung habe ich fünf von Budapests
zahlreichen Freibädern getestet und präsentiere hier die Ergebnisse.
Palatinus Strandfürdö
Turbulent geht es zu im Palatinus. Eines der beliebtsten Freibäder der Stadt liegt
mitten auf der Margareteninsel und bringt es auf ganze elf Wasserbassins. Da ist der monströse Besucheransturm nicht verwunderlich. Zwar verteilen sich die
Besucher auf den weitläufigen Liegewiesen, doch im Wasser kann es schon ganz schön eng werden. Beim stolzen Eintrittspreis sind der autoritäre Bademeister
und seine wunderbar laute Trillerpfeife inklusive. Stündlich wird mit Leonard Bernsteins „Something's Coming“ zum Wellenbad gerufen und hunderte
Wellenreiter folgen. Sitzecken im Thermal-Heilbassin, Rutschen, Schwimmbahnen, Massagedüsen und Strömungsbecken lassen an einem Tag im
Palatinus keine Langeweile aufkommen. Das Palatinus ist etwas für den großen Geldbeutel mit hohem Spaßfaktor.
Margitsziget, 1138 Budapest, Eintritt: 1.600 Forint
Dagály Strandfürdö
Auf der Pester Seite und ebenfalls in einem Neubaugebiet liegt das Dagály. Einige
der neun Becken sind augenscheinlich noch Überbleibsel der diktatorischen Epoche des Landes, ebenso der Schließmeister. Falls Sie noch nie in einem
Freibad oder Thermalbad Budapests waren, sollten Sie wissen, dass der Schließmeister den ganzen Tag die Schränke der Badegäste auf- und zuschließt.
Jeder Gast bekommt eine Metallplakette mit einer Nummer, diese Nummer wird mit Kreide in die Innenseite des Schrankes geschrieben und die Nummer des
Schrankes muss sich der Badewillige merken, um seine Sachen wieder zu bekommen. Nicht ungarisch Sprechende vollführen dann pantomimische
Höchstleistungen, um die Nummer ihrer Schränke darzustellen, denn der Schließmeister ist der Herrscher seines Reiches und weigert sich strikt, englisch oder deutsch zu verstehen.
Der Schließmeister des Dagály herrscht besonders diktatorisch und ausländische
Badegäste werden durchgängig angebrüllt, auf Ungarisch, versteht sich. Nichtsdestotrotz kann es sich der Badegast im Dagály gut gehen lassen. Mit Blick
auf die Donau und einer ausgewogenen Poollandschaft zieht das Bad ein sehr gemischtes Publikum an. Im 36 Grad warmen Thermalbecken entsteht das
Gefühl einer riesigen Badewanne unter freiem Himmel. Vorsicht! Nichts für Kreislaufschwache. Im Sportbecken – das nur mit Badekappe genutzt werden
kann – geht es eher gemächlich zu, da ausschließlich die ältere Generation dieses Becken benutzt. Für die jüngeren Badegäste, also die ohne Badekappen, gibt es
aber noch ein zweites Schwimmbecken mit einer 25-m-Bahn. Sehr lobenswert.
Népfürdô u. 36, 1138 Budapest,
Eintritt: 1.500 Forint
Római Strandfürdô
Baden wie die alten Römer? Nix da! An die römische Vergangenheit erinnern nur
noch einzelne Schautafeln und der römisch angehauchte Eingangsbereich. Dass die drei Schwimmbecken des Római auf ehemals römischen Gebiet stehen,
interessiert das vornehmlich aus den umgebenden Neubauten stammende Publikum wenig. In Richtung Szentendre, neben der M11 gelegen, scheint das
Római nicht genügend Attraktionen zu bieten, die den Weg aus dem Zentrum in den Außenbezirk rechtfertigen. Einzig die dreibahnige Wasserrutsche und die
großen schattigen Liegewiesen ziehen vielleicht den einen oder anderen Urlaubsgast an.
Rozgonyi Piroska u. 2, 1031 Budapest,
Eintritt: 1.300 Forint
Pünkösdfürdôi Strand
Das letzte Bad meiner Testreihe ist das Pünkösdfürdôi, das auf der Budaer Seite
an der nördlichen Stadtgrenze liegt. Der Eintrittspreis liegt bei 1.000 Forint und es ist damit das billigste der getesteten Bäder. Die Liegewiese des Freibades
grenzt an die Donau und ist von schattenspendenden Bäumen umgeben. Das Kinderbassin ist mit Rutsche ausgestattet und für Abwechslung im Erlebnisbecken
sorgen die üblichen Massage- und Strömungseinrichtungen.
Leider verfügt das Bad nur über ein Schwimmerbecken, das zum Testzeitpunkt
für Schwimmübungen zur Hälfte gesperrt war, so dass sich die Badegäste ziemlich nahe kamen. In Punkto Sauberkeit schneidet das Pünkösdfürdôi am
schlechtesten ab. Zwar dürfte jedem Badegast klar sein, dass sich Schimmelpilze und Bakterien in feucht-warmen Gefilden am wohlsten fühlen und dass
Badelatschen ein Muss sind, doch sollte es in einem Freibad nicht möglich sein, das Wort „Kosz“ – Dreck - in den Schimmel am Beckenboden zu schreiben.
Királyok útja 269- 271, 1039 Budapest,
Eintrittpreis: 1.000 Forint
Csepeli Strandfürdô
Ebenso an der Donau gelegen, aber auf der anderen Seite der Stadt, nämlich auf
der Csepel-Insel im Süden Budapests, befindet sich das Csepeli Freibad. Die Wellplastik- Finnhütten im Eingangsbereich dienen als Herberge für Duschen,
Umkleideräume und Toiletten. Das Personal ist hier sehr freundlich, auch zu ausländischen Badegästen. Das Kinderbassin, das Erlebnisbassin mit den
obligatorischen Nackenmassageduschen, dem Strömungskanal und den Sitz-ecken und das Sportschwimmbecken werden ergänzt durch ein Thermalbecken. Das
Publikum kommt auch hier vornehmlich aus den umgebenden Siedlungen. Touristen finden kaum den Weg ins Csepeli.
Hollandi út 14, 1213 Budapest,
Eintritt: 1.300 Forint
Bonus: Omszki-tó
Einen Tipp für FKK-Anhänger und Wasserski-Freunde. Der Omszki-tó liegt unweit
des Pünkösdfürdô, kurz hinter der Stadtgrenze. Baden, ob mit oder ohne Badebekleidung, ist hier kostenlos. Einzige Einschränkung ist die
Wasserski-Anlage, die Wellenreiter über den gesamten See zieht, so dass weites Rausschwimmen lebensgefährlich wäre. Die Wahl des Badeortes hängt also zum
größten Teil vom Wohn- oder Urlaubsort ab. Letzten Endes sind sich die Freibäder Budapests doch alle ähnlich und eigene Vorlieben und kleine
Unterschiede entscheiden über den Besuch oder das Fernbleiben. In welches Bad es Sie in diesem Sommer auch verschlägt, drei Dinge sollten Sie dabei haben: viel
Geld, Sonnencreme und einen Fotoapparat. Denn zu welch artistischen Glanzleistungen so mancher Badegast fähig ist, wenn es darum geht, sich
möglichst unbeobachtet der nassen Badebekleidung zu entledigen, glaubt Ihnen sonst kein Mensch.
Text und Fotos: Tanja Kirsten
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