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(c) Pester Lloyd / 11 - 2012     WIRTSCHAFT   13.03.2012

 

Die Tür bleibt offen

EU-Finanzminister versetzen Ungarn einen Warnschuss

Der Rat der EU-Finanzminister hat bei seiner heutigen Sitzung die Sperrung von 495 Mio. EUR aus dem für Ungarn reservierten Teil des EU-Kohäsionsfonds für 2013 beschlossen. Die Entscheidung soll aber im Juni nochmals auf den Prüfstand kommen, bis dahin hat Ungarn Zeit die Erwartungen der EU hinsichtlich einer nachhaltigen und strukturellen Sanierung des Haushaltes zu erfüllen. Eine Lösung, mit der beide Seiten zufrieden sein können.

Nochmal einen Blick drauf werfen... Haushaltskommisar Rehn und der ungarische Nationalwirtschaftsminister Matolcsy.

Wie bekannt wurde, machten sich Großbritannien, Polen, Österreich und Tschechien für eine Vertagung der Entscheidung stark, auch Deutschland soll - wohl mit Blick auf die Position der in Ungarn engagierten Investoren - grundsätzlich bereit gewesen sein, die Mittelsperrung zu verschieben. Letztlich einigte man sich aber auf den Kompromiss der Wiedervorlage, mit dem beide Seiten vorerst gut leben können, was die Anti-EU-Ausfälle des ungarischen Premiers besonders überflüssig und kontrakproduktiv aussehen lässt. Bereits im Vorfeld hatte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, nicht gerade ausgewiesener Freund der Orbán-Regierung, gesagt, dass er eine weitere finanzielle Belastung Ungarns eigentlich als kontraproduktiv ansieht und er keineswegs eine "linke Verschwörung" gegen das Land gibt, während Premier Orbán ständig von “dummer Politik” und “falschen Entscheidungen” sprach.

Der ungarische Minister für Wirtschaft und Finanzen, György Matolcsy schaltete heute auch gleich ein paar Gänge zurück und interpretierte die Entscheidung der Finanzminister als "rational". Er sagte: "Mein Eindruck war, dass wenigstens zwei Drittel der EU-Mitgliedsstaaten zu Ungarns nationalen Interessen standen" und er ist sich sicher, dass Ungarn bis Juni die notwendigen Anpassungen vornehmen wird, so dass die Mittelsperre aufgehoben werden muss. Schließlich gibt der Széll Kálmán Plan ein Defizit von 2,5% des BIP für 2012 und 2,2 2013 vor, was er auch zu erreichen gedenke. Matolcsy fügte hinzu, dass es nicht sein könne, dass innerhalb der EU Doppelstandards angewendet werden. Wenn man Ungarn strafe, Spanien aber laufen lasse, sei dies der Fall. Der spanische Kollege hätte ihm beigepflichtet. Die Kommission ließ aber auch wissen, dass dieser "bisher nie dagewesene Schritt gegangen wurde", weil Ungarn etliche und "wiederholte Warnungen" missachtet hatte, was durchaus einen Unterschied zu Spanien ausmacht.

Die EU geht - im Unterschied zur ungarischen Regierung - in ihrer neuesten Projektion von jeweils deutlich über 3% Defizit aus. Die europäischen Finanzminister erwarten zumindest Anpassungen von 0,5 Prozentpunkten des BIP in diesem und im nächsten Jahr, die Betonung liegt dabei aber auf "nachhaltig und strukturell" sowie "dauerhaft" und nicht wieder durch rechtlich fragwürdige Hau-Ruck-Aktionen wie Branchensondersteuern und mehr noch die Enteignung der privaten Rentenbeitragszahler. Der EU-Haushaltskommissar, Olli Rehn, sieht den heutigen Beschluss daher auch als "konstruktive Anregung" für Ungarn.

Während das Defizitverfahren also de facto um 3 Monate vertagt wurde, verschärft sich die Lage bei zwei der drei EU-Vertragsverletzungsverfahren zusehends.’
 

Die Mittelsperrung betrifft weder laufende, noch beantragte Projekte. Genau geht es um eine Reduzierung der für 2013 bereitstehenden Mittel um 495,2 Mio. EUR oder 29% bzw. 5,6% aller für Ungarn eingeplanten EU-Gelder der Haushaltsperiode von 2007 bis 2013 aus den Kohäsionsfonds, die sich auf 8,6 Mrd. EUR belaufen. Allein im Jahre 2011 erhielt Ungarn netto 4,37 Mrd. EUR aus Brüssel. Aus den Kohäsionsmitteln bis 2013 hat Ungarn bisher knapp 72% abgerufen. Die für die Vergabe zuständige Nationale Entwicklungsagentur NFU merkte an, dass durch die Krisen vielfach die Kofinanzierungen seitens des Staates, besonders aber seitens der Kommunen stockten, man aber letztlich alle verfügbaren Mittel abrufen wolle. Im Neuen Széchenyi Plan versucht die Regierung die Gelder in Projekte umzuleiten die mehr dem heimischen Mittelstand als den großen Multis zu Gute kommen, in der Praxis haben aber erstere davon noch nicht viel gespürt.

red.

 

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