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(c) Pester Lloyd / 13 - 2012     POLITIK   30.03.2012

 

Unantastbar, unhaltbar, uneinsichtig

Des Betruges überführter Präsident von Ungarn verweigert Rücktritt + UPDATES

Zu den Kommentaren der Vor-Version

Die Plagiatsaffäre rund um Präsident Schmitt wächst sich immer mehr zu einem Problem für die Regierung Orbán aus. Dieser ging zwar auf Distanz zu Schmitt, entschlug sich aber jeder Verantwortung für seinen Zögling und nannte den Präsidenten verfassungsmäßig "unantastbar". Am Abend erklärte sich Schmitt im Fernsehen, offenbar will die Regierung austesten, ob sich die Sache nicht doch aussitzen lässt...

Zum Thema: Große und kleine Betrüger - Die Präsidialposse: Das Problem von Ungarn ist Orbán, nicht Schmitt - KOMMENTAR

UPDATE 20:03: Los gehts: Schmitt will, dass man “den Posten und den Privatmann” trennt. Er habe seiner Mama versprochen “einmal werde ich Doktor sein”. Er lobte die Prüfungskommission, die sich “Monate Zeit genommen hat” und “einige Fehler fand”. Beide Dinge hätten nichts miteinander zu tun, er habe nach bestem Wissen gehandelt und sehe daher keinen Grund für einen Rücktritt. “Mein Gewissen ist rein...” - Wir klinken uns nach diesem Satz aus der Berichterstattung aus, denn für einen solchen Betrüger ist uns unsere Lebenszeit zu Schade. Eine Zusammenfassung der weiteren Entwicklungen und die wichtigsten Reaktion erhalten Sie am Samstag. - Guten Abend, - Ihre Redaktion.

UPDATE 19.56 Uhr: MTI meldet: Siófok:Diósgyör 1:0 Endstand.

UPDATE 19.50 Uhr: Rund 500 Demonstranten haben sich am Ring, am Brückenkopf der Margaretenbrücke versammelt und protestieren gegen den Abriss der Károlyi-Statue am Kossuth Plat, auch fordern sie Schmitts Rücktrtitt. Auch am Präsidentenpalast im Burgviertel harren einige Dutzend Demonstranten aus.

Den Live-Stream-Link können Sie übrigens vergessen, ist total überlastet, die MTV-Server sind offenbar nur für die Größe des Politbüros ausgelegt. Wir schauen für Sie in Budapest fern...

UPDATE 19.36 Uhr: Die Nachrichten des Staatsfunks berichten ausführlich über den Tag rund um den Präsidenten, den Titelentzug, die Proteste und kündigen das Interview für nach den Nachrichten an, in dem “alle Fragen” geklärt werden... Übrigens gab es heute auch eine kleine Pro-Schmitt Demo vor dem Präsidentenpalast, angeblich von Anwärtern auf Doktortitel...

LMP-Sitzstreik (wetterfest) vor dem Parlament

UPDATE 19.00 Uhr: Ungarn wartet nur noch halbgespannt auf die Ansprache von Präsident Schmitt (Hier gibt es einen Live-Stream), die Spatzen pfeifen nämlich seit Stunden von den Dächern, dass Schmitt erklären wird im Amt zu bleiben, vielleicht auch, warum. Angeblich soll ihm Orbán “zwei, drei Tage” Zeit gegeben haben “das ungarische Volk davon zu überzeugen, dass er im Amt bleiben soll”. Woran das gemessen wird, ist nicht bekannt...

UPDATE 14.15 Uhr: Jetzt steht auch der Sendetermin fest, 19.30 Uhr auf M1. Hier gibt es einen Live-Stream

UPDATE 13.09 Uhr: Der Präsidentensprecher kündigte eine Ansprache Schmitts im öffentlich-rechtlichen Rundfunk für “den Abend” an. ---

Vorbericht: Der Senat der Semmelweiß-Universität hat am Donnerstagabend den Spruch des Professorenkollegiums vom Morgen mit 33:4 Stimmen bestätigt und damit dem Präsidenten des Landes seinen Doktortitel aberkannt. Dieser weilte - ein kaum mehr zu steigender Treppenwitz der Geschichte - gerade in Seoul und bekam dort die "Ehrendoktorwürde" verliehen. Zuvor wollte die Fidesz-Sprecherin Selmeczi die "Sache für erledigt" betrachten, das ging nun aber nicht mehr. Sogar die regierungstreue "Magyar Nemzet" legte dem des Betruges überführten Präsidenten den Rücktritt nahe, was erahnen lässt, dass auch in den Fidesz-Reihen die Zustimmung zu Schmitt, aus reinem Eigenschutz, gegen Null tendiert.

Oppositionelle der LMP befinden sich in einem Dauersitzstreik vor dem Präsidialamt, Studenten rebellieren, Spontandemos im Zentrum, die Medien kennen kein anderes Thema mehr, das Land steht fassungslos vor dem Vorgang, dass ein paar Professoren einen Präsidenten von Orbáns Gnaden ins Wanken bringen können. Fidesz ist in Erklärungsnot, auch, weil sich sonst womöglich die Frage stellt, wie wenig mehr es möglicherweise bedarf, um Orbán selbst ins Wanken zu bringen. Zunächst einmal solle man "Ruhe und Vernunft" walten lassen, sagte Orbán-Sprecher Péter Szijjártó am Freitagmorgen und wies in reinster Kindergartendialektik daraufhin, dass "Orbán Schmitt zwar nominiert" habe, dies jedoch "auf Empfehlung anderer Parteifreunde" getan habe.

Zeitgleich ging Premier Orbán im Radio auf Sendung und legte dort das Schicksal des Präsidenten in dessen eigene Hände. Aufgrund der Verfassung sei "der Präsident unantastbar", die "Entscheidung über einen Rücktritt liegt allein bei ihm", also fast wie beim Papst. Der Radiomoderator fragte nach, ob denn Orbán den Rücktritt begrüßen würde, dieser wiederholte "seine Sache".

Szijjártó fabrizierte aber zeitgleich einen kleinen Ausrutscher, in dem er im TV-Sender TV2 sagte, dass "nur der Premier und die gewählten Mitglieder des Parlaments die Regeln für einen Rücktritt des Präsidenten aufstellen können", womit er indirekt die direkte Verantwortung Orbáns und seiner 2/3-Mehrheit aussprach, die eine "Ausstiegsklausel" für Präsidenten in der neuen Verfassun unterlassen hatten. Kurz danach erklärte man ihm, was der Chef gesagt hatte und schon ruderte Szijjártó zurück und stieß ebenfalls das "unantastbar" aus, womit er sich nicht zum ersten Mal auf offener Bühne zur Lachnummer gemacht hat. Von Frau Selmeczi hört man inzwischen überhaupt nichts mehr, da ihr nichts neues mehr aufgeschrieben wurde.

Der Unberührbare kehrte übrigens am Donnerstag von seiner Reise nach Südkorea zurück und wurde von viel Presse und einigen Protestierern am Flughafen begrüßt. Nach dem Morgenkaffee äußerte er, dass er die "Beurteilung" des Senats der Uni erst lesen möchte, alle anderen Termine habe er abgesagt, bevor er eine Erklärung abgeben könne. Dies kann möglicherweise noch heute sein, der Rücktritt ist also mit ziemlicher Sicherheit nur noch eine Frage von Stunden.

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red.

 

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