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(c) Pester Lloyd / 15 - 2012     OSTEUROPA   13.04.2012

 

Aus Zwei mach Drei

Superwahltag in Serbien bringt Politiker auf Hochtouren

Der 6. Mai stand schon langfristig als Termin für die nächsten Parlaments- und Kommunalwahlen fest. Durch den kalkulierten Rücktritt von Präsident Boris Tadić wird am gleichen Tag auch über dessen Schicksal entschieden. Tadić gehört zur Regierungspartei DS und hofft, dass Sympathien für ihn auch auf die Partei abstrahlen. Überschattet wird die Wahl von der Kosovo-Frage und dem wieder angeheizten Nationalismus.

Bis heute ist immer noch ungeklärt, ob die Wahlen auch auf kosovarischem Territorium stattfinden werden. Dass dies keine leichte Entscheidung für die serbische Regierung ist, die es sich, je nach gründlich mit der EU, der man ja beitreten will oder den einflussreichen Nationalisten im eigenen Lande verscherzt, stellen wir in diesem Beitrag bereits dar.

Klar, die EU ist an allem Schuld, was die inländische Politik nicht meistert... Funktioniert übrigens nicht nur in Serbien, auch in Österreich, Deutschland etc. etc.

Klarer ist die Gemengelage da schon beim Rücktritt Tadićs, es war ein taktisches Manöver, auch wenn der Präsident seine Aktion damit begründete, dass Geld eingespart werden könne, wenn alle Wahlen am gleichen Tag stattfinden würden. Nach Auffassung von Experten soll der Schritt vor allem seiner Partei mehr Aufwind geben, da sie in Umfragen hinter der oppositionellen SNS zurückliegt und dessen Vorsitzender Tomislav Nikolić sein Hauptkonkurrent ums Präsidentenamt ist. Am 6. Mai wird die erste Runde der Präsidentschaftswahlen stattfinden. Wenn kein Kandidat die Mehrheit der Stimmen erhält, wird es eine Stichwahl der beiden erfolgreichsten Kandidaten geben.

Tadić geht davon, dass die Fortschritte in Sachen EU seiner Person Auftrieb geben werden. In Umfragen vergangene Woche führte er noch vor Nikolić. Dieser gab sich jedoch siegessicher: „Tadić wird kein drittes Mandat mehr antreten“, verkündete er vor Anhängern. Letzte Umfragen geben ihm Recht, denn beide werden gleichauf gesehen. Analysten rechnen aber dem Sozialistenführer Ivica Dačić auch Chancen aus, dieser steht immerhin noch bei gut 11%. Die anderen Kandidaten sind chancenlos. Dačić kritisierte das Vorziehen der Wahl: „Nahezu kein Land der Welt hält drei Wahlen am gleichen Wahltag.“

Noch-Präsident auf Wahlkampftour

Die EU polarisiert und wird zum polarisieren missbraucht

 

Im Parlaments-Wahlkampf ist die EU einer der Hauptstreitpunkte. Nach dem der Vize rechtsradikalen SRS Zoran Krasić hat „der EU-Integrationsprozess Erniedrigungen, Kündigungen und Kürzungen im sozialen Bereich mit sich gebracht.“ Zudem würde die EU versuchen das Land wirtschaftlich zu zerstören und den Kosovo von Serbien abzutrennen. Die Regierungspartei DS von Tadić beurteilt die Situation hingegen vollkommen anders. „Wenn ihr uns eure Stimme gebt, wird Serbien in Richtung EU gehen. Dann werden wir unerwartete Höhen erreichen, die Jobs, Sicherheit und Investments schaffen. Das ist unser Plan, unsere Verpflichtung und Glaube“, verkündet Tadić dem Wahlvolk. Wieder einmal muss also die EU für innenpolitische Machtkämpfe herhalten, ihre Rolle dabei scheint völlig frei interpretierbar.

In Summe ist einzuschätzen, dass die DS nach den Wahlen kaum allein regieren können wird. Eine große Koalition mit Nikolićs SNS scheint derzeit jedoch genauso unwahrscheinlich wie eine Koalition mit Anti-EU-Parteien.

Klares Statement...

Unruhen im Kosovo

Bezüglich der umstrittenen Frage, ob auf kosovarischem Territorium serbische Wahlen abgehalten werden, herrscht weiter Unklarheit. Allerdings zeigte sich die serbische Seite kompromissbereit. Anstatt Wahlen abzuhalten, könnten „Interimsräte“ auf lokaler Ebene eingesetzt werden. Dies könnte jedoch von den kosovarischen Autoritäten als Verletzung ihrer (nicht nur in Serbien umstrittenen) Hoheitsrechte gesehen werden. Unabhängig von den politischen Entscheidungen, kam es in den letzten Wochen mehrfach zu Gewalttätigkeiten und Polizeiaktionen beider Seiten im und um den serbisch dominierten Nordkosovo und im Kerngebiet des Kosovo, was die internationale Schutztruppe im Dauereinsatz hält.

...das diesen Jungs jede Menge Arbeit macht.

Mit Tadićs Entscheidung wird der richtungsweisende Charakter der Wahlen deutlich. Es ist anzunehmen, dass Präsident und Parlamentsmehrheit der gleichen Partei angehören werden, somit ist die theoretisch mögliche Kohabitation praktisch nahezu ausgeschlossen. Der Wähler wurde auch der Möglichkeit beraubt, bei Unzufriedenheit mit der neu zu wählenden Regierung diese bei späteren Präsidentschaftswahlen abzustrafen und so ein Gegengewicht zu installieren. Ursprünglich sollten die Präsidentenwahlen erst neun Monate nach den Parlamentswahlen stattfinden. Sollten die Menschen ihre Wahlentscheidung bereuen, bleibt ihnen dann also nur der außerparlamentarische Protestweg, ein Umstand, den Tadić hätte erwägen sollen.

Philipp Karl

 

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