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(c) Pester Lloyd / 18 - 2012     BALKAN 30.04.2012

 

Explosionsgefahr

Der Westen bereitet sich auf eine Eskalation im Kosovo vor

Am 6. Mai finden in Serbien Parlaments-, Präsidentschafts-, Regional- und Kommunalwahlen statt. Doch der eigentliche Wahl-Kampf wurde diesemal in den nördlichen Kosovo ausgelagert. Offiziell darf es in der überwiegend von Serben bewohnten Region des neuen und nach wie vor umstrittenen Staates keine serbischen Wahlen geben. Dieses Thema verstärkt die ohnehin schon hohen Spannungen zwischen den Regierungen, den Parteien, vor allem aber zwischen den lokalen Einflussgrößen.

Eine österreichische Einheit der KFOR-Truppe für den Kosovo...

Seit den letzten verbalen Raufereien zwischen kosovarischen und serbischen Nationalisten, sprechen immer mehr Tatsachen für eine baldige Eskalation der Lage. Neben martialischen Drohungen kosovarischer Politiker und Offizieller gab es auch schon mehrere blutige Zwischenfälle, angeblich sind nun Paramilitärs im Norden des Kosovo aufmarschiert. Der EU und der internationalen Gemeinschaft, die offiziell noch immer das Gewaltmonopol beanspruchen, sagen diese verstärkten Spannungen gar nicht zu. KFOR und NATO sahen sich genötigt, ihre Truppen aufzustocken. Deutsche und Österreichische Eingreiftruppen wurden und werden in den Kosovo verlegt, "um die Lage zu stabilisieren."

Mini-„Surge“ am Freitag

Der Kommandant der KFOR, Erhard Drews, hatte am vergangenen Mittwoch bestätigt, dass insgesamt 700 zusätzliche Soldaten die Truppe verstärken werden. Er teilte jedoch keine Gründe für diesen Schritt mit und ebensowenig, wo diese stationiert werden. Bei den zusätzlichen Soldaten handelt es sich um das zweite Bataillon der sogenannten ORF (Operationale Reserve Forces) der NATO. Vor einigen Wochen waren ORF-Truppen erst aus dem Kosovo abgezogen worden. Das neue Bataillon wird Anfang Mai einsatzfähig sein und besteht aus biochemischen Schutztruppen und Artillerieeinheiten, was klar macht, dass die NATO nicht nur mit ein paar tausend steinewerfenden Demonstranten rechnet. Gerüchte, wonach auch amerikanische Spezialeinheiten in Marsch gesetzte seien, wies die NATO als "unwahr" zurück.

Verteilung der ethnischen Mehrheiten im Kosvo,
zum vergrößern bitte anklicken.

Proteste gegen den Terror

Mehrere Hundert Kosovaren aus Mitrovica haben am Dienstag in Kosovos Hauptstadt Pristina gegen die Gewalt im serbisch dominierten Nordkosovo protestiert. Der Terrorismus, der mehrere Verletzte und bereits Menschenleben gekostet hat, müsse gestoppt werden, forderten die Demonstranten. Beim einstündigen Schweigemarsch wurden insbesondere die kosovarischen Behörden, wie auch die internationalen Autoritäten aufgefordert die Situation zu befrieden. Der serbisch dominierte Nordkosovo erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo gegenüber Serbien und somit auch die kosovarische Regierung nicht an. Serbische Autoritäten aus dem Nordkosovo hatten mehrfach verlauten lassen, an den serbischen Wahlen teilnehmen zu wollen. Seit die serbische Regierung Überlegungen publik machte die Wahlen auch im Kosovo stattfinden zu lassen (http://www.pesterlloyd.net/html/1213serbienkosovo.html), haben ethnische Spannungen im Nordkosovo stark zugenommen nach anfänglichen rein verbalen Scharmützeln.

Rasmussen fordert ein robusteres Mandat

Anders Fogh Rasmussen, der NATO-Generalsekretär hatte am Montag dem EU-Parlament erklärt, dass die EULEX-Mission, die rechtsstaatliche Strukturen im Kosovo fördern soll, nicht gut genug ausgestattet sei, um ihre Missionen im Kosovo erfüllen zu können. Zur KFOR-Truppe fügte er hinzu, dass diese sich Aufgaben stellen müsse, die in ihrem ursprünglichen Mandat nicht vorgesehen worden seien. „Wir brauchen eine engere Kooperation, um eine wirkliche Arbeitsteilung zwischen NATO und EU zu sichern“, meinte er während der Rede.

Gegenseitige Repressionen

Neben den Gewaltakten und dem Aufmarsch von Paramilitärs, kam es auch wiederholt zu Festnahmen im Nordkosovo. Unter anderem wurden ein Angestellter des serbischen roten Kreuzes und der serbischen Lokalregierung verhaftet. Dies geschah inoffiziell als Reaktion auf die Verhaftung kosovarischer Polizisten von serbischer Seite. Human Rights Watch und Amnesty International riefen beide Regierungen dazu auf willkürliche Verhaftungen zu unterlassen.

 

Die Erhöhung der Truppenstärke zeigt, dass EU und NATO die Lage ernst nehmen. Langfristig werden jedoch andere Maßnahmen nötig sein um die komplizierte Situation vor allem im Nordkosovo wirklich zu befrieden. Solange jedoch (Lokal-)Politiker auf beiden Seiten nationalistische Ressentiments zum Besten geben, erscheint hier eine Lösung in weiter Ferne. Vor allem der Einfluss der organisierten Kriminalität steht letztlich einer Lösung entgegen.

Serbien sieht den Kosovo, der 2008 unilateral seine Unabhängigkeit erklärt hatte, weiterhin offiziell als abtrünnige Provinz. Mit Hinblick auf einen möglichen EU-Beitritt Serbiens ist ein Kompromiss vonnöten, letztendlich wird Serbien nicht um eine Art von Anerkennung der Grenzen des Kosovo herumkommen, während die albanisch-kosovarische Seite eine Art von Autonomie garantieren muss, um dauerhaft für Frieden in der Region sorgen zu können.

Philipp Karl
 

 

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