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(c) Pester Lloyd / 19 - 2012     WIRTSCHAFT 10.05.2012

 

Steuer frei!

Regierung von Ungarn beschließt neue Steuern - Fakten und Reaktionen

Die im "Széll Plan 2.0" angekündigten neuen Steuern wurden am Mittwoch von der ungarischen Regierung beschlossen, die Zustimmung von Parlament und Präsident sind reine Formsache. Dabei wurden auch einige noch unklare Details bekannt. Für die Regierung sind die Steuern, die vor allem das Volk treffen, "alternativlos", Banken, Telekom-Branche, Opposition sind sauer über das Chaos der Wirtschaftspolitik.

Steuern beschlossen, jetzt nix wie weg. Finanz- und Wirtschaftsminister Matolcsy.

Zusätzliche 500 bis 600 Milliarden Forint (2,1 Mrd. EUR), ca. 1% des BIP, sollen die nachfolgenden neuen Steuern dem Staatshaushalt einbringen. Dies waren jedoch nicht die ersten neuen Steuern, die die “Regierung der Steuervereinfachung und Steuersenkung” (Orbán) auf den Weg gebracht hatte.

- die Körperschaftssteuer für Energieunternehmen wird ab 2013 auf 30% ab dem ersten Forint Gewinn festgeschrieben (zuvor, wie bei allen anderen Unternehmen, 10% für Gewinne bis 500 Mio. HUF, 19% für Gewinne darüber)

- für Telefongespräche wird ab 1. Juli, zusätzlich zur Mehrwertsteuer von 27%, eine Telekomsteuer von 2 Forint pro Minute bzw. SMS, MMS erhoben. Die ersten 10 Minuten bleiben steuerbefreit, der Kunde zahlt pro Anschluss maximal 700 Forint (Private), bzw. 2.500 Forint (Unternehmen) im Monat Zusatzsteuer. Alles was darüber hinausgeht, wird direkt dem Telekomunternehmen in Rechnung gestellt. Dass die Unternehmen diese Beträge über Umwegen ihren Kunden anrechnen, hält Finanzminister Matolcsy für "schwierig, wegen des Wettbewerbs und wegen technischer Herausfoderungen." - Die Besteuerung von Internetverbindungen (Datentransfer) ist noch offen.

- es gilt ab 2013 eine allgemeine Steuer auf Finanztransaktionen von 0,1% des Transaktionsbetrages. Diese soll jährlich etwa 130 Mrd. Forint (450 Mio. EUR) einbringen. Ausgeschlossen sind alle Überweisungen von und zur Nationalbank oder von und zum Staatshaushalt und dem Finanzamt. Auch interne Buchungen von Bankkunden zwischen verschiedenen Unterkonten bei einer Bank werden nicht berechnet. Bar-Einzahlungen (Miete, Strom, Sparbuch etc.) sind steuerpflichtige Transaktionen.

Abgeführt wird die Steuer durch die Banken. Gleichzeitig werden alle Unternehmen verpflichtet, Transaktionen von mehr als 5 Mio. Forint (ca. 17.000 Forint) nur noch per Überweisung vorzunehmen, auch, um "die Grauwirtschaft" einzudämmen. (eine ähnliche Regel gab es schon einmal, hat nichts gebracht.) Den Banken wird "verboten", die Steuer, soweit sie durch eigene Transaktionen anfällt, an die Kunden weiterzugeben...

- die Finanzsondersteuer für Banken gilt nicht mehr für Versicherungsunternehmen, diese bekommen eine neue Sondersteuer für Versicherungsprodukte

Reaktionen

Bankenverband:
Die Regierung bricht durch die Einführung der Transaktionssteuer "ihren Pakt" mit der Bankenvereinigung. Dieser sieht vor, dass die Bankensondersteuer bis Ende 2012 unverändert belassen wird, 2013 sollte sie halbiert und 2014 ganz fallen bzw. an den bis dahin in Europa geltenden Schnitt angepasst werden. Die jetzt eingeführte Transaktionssteuer bricht diese Vereinbarung, die Grund für die Zustimmung der Banken zu dem für sie verlustreichen Forex-Kreditablöse- bzw. Forex-Kreditumtausch-Abkommen war. Dieses Abkommen ist jedoch Gesetz und kann von den Banken daher nicht einseitig gekündigt werden.

Telekombranche: Christopher Mattheisen, Vorstandschef der Magyar Telekom (Tochter der Deutschen Telekom) fürchtet weiteren Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, denn die 2 Forint-je-Minute-Steuer wirke für Unternehmen nicht als Verbrauchs-, eher als Unternehmenssteuer. Eigentlich sollte die Krisensondersteuer für Telekomunternehmen 2013 auslaufen. Mattheisen äußerte zudem Zweifel ob die angestrebten 52 Mrd. Forint (180 Mio. EUR) Haushaltseinnahmen durch die neue Steuer 2013 auch erreicht würden. Die Steuer würde Kunden und Unternehmen in jedem Falle belasten. Allein die Magyar Telekom zahlte 2011 24 Mrd. Forint Krisensondersteuer.
Hier ein Bericht zum Staat als viertem Mobilfunkanbieter in Ungarn.

Parteien: Die im Parlament vertretenen Oppositionsparteien sind sich einig, dass "das Volk" die Zeche für die verfehlte Wirtschaftspolitik der Regierung zahlen müsse, wobei wieder die Ärmsten verhältnismäßig am meisten zur Kasse gebeten werden.

Die MSZP bezichtigte die Regierung der Lüge, als diese behauptete, ihre Politik führe zu Wachstum. In den zwei Jahren an der Macht habe die Regierung nicht ein einziges Ziel erreicht. Es sei zudem klar, dass die Unternehmen die neuen Kosten auf die Kunden umlegen werden.

 

Die grün-liberale LMP befindet, dass die Regierung endlich die Flat tax abschaffen soll, sie sei Wurzeln allen neuen Übels, außerdem gehöre endlich Arbeit abgabenseitig verbilligt, wenn man dem Teufelskreis entkommen will. Matolcsys Politik sei unsäglich chaotisch, er benenne die Steuern einfach um und verschiebe die Lasten von den Unternehmen in Richtung "einfaches Volk."

Die neofaschistische Jobbik nannte die Wirtschaftspolitik ideenlos und führte eine OECD-Statsitik an, wonach Produkte und Arbeit in Ungarn mit am höchsten besteuert werden. Die Regierung solle sich lieber etwas einfallen lassen, um Industrie, Tourismus und Landwirtschaft anzukurbeln, damit "Geld von außen ins Land" komme.

Die Regierungsparteien sehen indes keine Alternative zu den Maßnahmen, die Vorgaben der EU seien so strikt, man kann die Zahlungssperren beim EU-Kohäsionsfonds anders nicht verhindern. Zudem würden die neuen Steuern nur den Konsum und den Umsatz, nicht aber Arbeit und Investition besteuern und dafür sorgen, dass das Budgedefizit in den nächsten Jahren beständig unter 3% des BIP bliebe.

Der EU hatte der
Széll Plan 2.0 übrigens genügt, um den Weg für Gespräche mit dem IWF freizumachen und die Aufhebung der Mittelsperre in Aussicht zu stellen.

Mehr zur verfahrenen Wirtschaftspolitik

Einkommenssituation und steigende Verarmung der Bevölkerung

red. / sz.

 

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