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(c) Pester Lloyd / 20 - 2012     BALKAN 14.05.2012

 

Mörder oder Dschihadist?

Religiös motivierte Spannungen in Mazedonien nehmen zu

Letzten Freitag haben über Tausend mazedonische Albaner in Skopje gegen die Verhaftungen der mutmaßlichen Islamisten, die für die Ermordung von fünf Mazedoniern verantwortlich gemacht werden, demonstriert. Sie sprechen von religiös motivierter Verfolgung. Beide Seiten versuchen politisches Kapital aus dem Verbrechen zu schlagen.

Die mazedonische Bevölkerung gehört zu einem Großteil der christlich-orthodoxen Kirche an, wohingegen der albanische Teil, der ca. ein Viertel der Gesamtbevölkerung ausmacht, zum Großteil dem Islam angehört. Am vorletzten Freitag versammelten sich die Protestierenden, zumeist junge muslimische Albaner (siehe Foto), nach dem Mittagsgebet vor der Jaja Pascha Moschee, die angeblich von Islamisten kontrolliert wird, und riefen unter anderem „Allah ist groß“, „Alle, die nicht marschieren, sind Verräter“ und „Wir werden keine manipulierten Gerichtsverfahren gestatten“. Dann marschierten sie in Richtung der Regierungsgebäude und forderten die Freilassung der ethnischen Albaner.

Gespannte Lage

In den letzten Monaten ist die Lage in Mazedonien heikel. Nach den schwersten ethnischen Unruhen der letzten zehn Jahre, protestierten Mitte März in Skopje mehrere Tausend Menschen für Frieden (http://www.pesterlloyd.net/html/1212osteuropanews.html). Mitte April kam es dann, nach der Ermordung von fünf ethnischen Mazedoniern, zu stärkeren Spannungen.
Die Morde hatten schwere ethnische Unruhen ausgelöst, da die mazedonische Mehrheitsbevölkerung von einem Racheakt von albanischen Banden ausgegangen war. Die Morde geschahen am Vorabend des orthodoxen Osterfestes in Mazedonien.

Vergangene Wochen wurden dann einige der mutmaßlichen Täter, die von staatlicher Seite als „islamische Terroristen“ gebrandmarkt wurden,
festgenommen. Bei den Razzien waren insgesamt 20 Albaner in Gewahrsam genommen worden, von denen drei dringend tatverdächtig sind. Mittlerweile hat diese Woche einer der Mittäter, der 28-jährige Hazik Hariri, der Fahrer des Fluchtwagens seine Beteiligung eingestanden. Nun reagierten die muslimischen Albaner.

Unterschiedliche Reaktionen

"Albaner sind keine Terroristen, aber es wird Ärger geben, solange die mazedonische Polizei sie als solche behandelt", sagte einer der Teilnehmer der Demonstration Medienvertretern gegenüber. Vereinzelte Steinwürfe gegen Polizisten wurden gemeldet. Es gab jedoch keine Verletzten.

 

Die Innenministerin Gordana Jankulovska sagte, dass „sich eine ´erwachsene´ Gesellschaft nicht paralysieren lassen wird, von solch schockierenden Ereignissen, wie der Ermordung der fünf Männer“. Zunächst ist unklar, was eine ´erwachsene´ Gesellschaft ist und dass Teile der Gesellschaft nicht paralysiert werden, war bereits festzustellen, doch ist Lynchjustiz das falsche Signal. Im Übrigen ist fraglich, ob den Angeklagten ein fairer Prozess gemacht werden wird. Die Menschenrechtslage in Mazedonien ist durchaus ausbaufähig. Die Verteidigung der Verdächtigen bemängelt zum Beispiel, dass ihnen bislang noch keine klaren Beweise für die Tat vorgelegt wurden. Die Tatwaffen beispielsweise wurden noch nicht gefunden und zwei mutmaßliche Täter sind auf der Flucht.

Manche Beobachter gehen davon aus, dass die Täter Wahabisten (Wahabismus ist eine strenge Form des Islam) zugeordnet werden können, andere sprechen sogar von Dschihadisten. Diese Zuordnungen sind jedoch weder den Ermittlungen dienlich, noch können sie die ohnehin aufgeladene Stimmung in der Bevölkerung beruhigen. Während die Mehrheit das "Stigma des islamischen Terroristen" aufgrund der Pauschalierung schnell auf alle Angehörige einer Glaubensgruppe überträgt, schlagen radikale politische Parteien und Bewegungen beider Seiten Kapital aus der aufgeheizten Stimmung, die jederzeit eskalieren kann. Doch weder die Behörden, noch Parteien und Medien scheinen an einem wertneutralen Umgang mit der Straftat interessiert und risikieren so weitere Radikalisierung und Polarisierung.

Philipp Karl

 

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