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(c) Pester Lloyd / 28 - 2012     WIRTSCHAFT 11.07.2012

 

Wann kommt das "Netz"?

Ungarn und der IWF auf Zick-Zack-Kursen

Bis Ende Oktober soll das lang ersehnte Abkommen mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfond stehen, wenn man den Hoffnungen der ungarischen Regierung Glauben schenken darf. Die IWF-Seite gibt sich eher bedeckt, eher schon munkelt man von neuen und "tiefgehenden" Forderungen, die sogar ein Scheitern von Verhandlungen möglich machen. Beide Verhandlungspartner bleiben bei ihren Zick-Zack-Kursen und verschärfen so die Krise.

Rettungsnetz oder Spinnennetz? IWF-Geld bedeutet Hilfe und neue Schulden in einem...

Der für die Gespräche verantwortliche Minister, Mihály Varga, stellte klar, dass er auch persönlich an einer Einigung interessiert sei, es wäre ein „persönliches Fiasko“, wenn die Verhandlungen scheitern würden. Die ungarische Regierung hatte bisher stets verneint einen neuen "Notkredit" zur Refinanzierung von Staatsschulden zu benötigen. Man wolle lediglich ein "potentielles Sicherheitsnetz" als "Zeichen an die Märkte", "falls die Eurozone ihre Krisen nicht in den Griff bekommt." und sich - allein deswegen - auch die wirtschaftliche und monetäre Situation in Ungarn verschlechtert.

 

Doch sowohl für den Staatshaushalt wie für die ungarische Wirtschaft kann der Deal noch überlebensnotwendig werden. Vor allem sollen die Zinsen und Aufschläge auf Staatsanleihen sinken und der Forint stabilisiert werden. "Die Märkte" sollen das Signal erhalten, dass Ungarn Geld aus verschiedenen Quellen anzapfen kann und zahlungsfähig ist, was immer in Europa oder im eigenen Land auch passieren mag. Dies soll gleichzeitig die Attraktivität des Standorts für Investoren erhöhen. Beobachter erwarten, dass Ungarn ein Kreditvolumen von etwa 15 Mrd. EUR nachfragen wird. Varga wollte dazu keine Angaben machen, da es noch kein offizielles Angebot von EU und IWF gebe.

Inzwischen ist bestätigt, dass eine Delegation des IWF am 17. Juli nach Budapest reisen wird, um die Verhandlungen vorzubereiten. Dies wurde möglich, nachdem das ungarische Parlament vergangene Woche die geforderten Änderungen am Zentralbankgesetz verabschiedet hatte, wodurch die Bank und der Währungsrat wieder die Unabhängigkeit erhalten, die ihnen nach EZB- und EU-Regeln zustehen. Die Regierung kann die Vorsitzenden der beiden Institutionen nun nicht mehr einfach absetzen. Außerdem muss der Währungsrat das Kabinett nicht über seine Agenda informieren. In ein paar anderen Punkten drückten die internationalen Partner bisher beide Augen zu, um den Ungarn eine "Gesichtswahrung" zu ermöglichen, denn die Orbám-Truppe glaubt, jeden Kompromiss in Brüssel im eigenen Land wie einen triumphalen Sieg gegen das Böse darstellen zu müssen. Geschenkt.

Analysten hatten Befürchtungen geschürt, dass eine weitere Verzögerung der Konsultation den Forintkurs auf bis zu 310:1 zum Euro drücken könnte. Durch die positiven Entwicklungen, vor allem aber die Schwäche des Euros, war die ungarische Währung mit einem Euro-Wechselkurs von rund 285 aktuell ungewohnt stark. So gesehen, müsste sich Ungarn wünschen, dass Griechenland, Spanien, Portugal, Italien & Co. noch lange in den Schlagzeilen bleiben.

Doch auch aus Ungarn lassen negative Nachrichten wieder einmal nicht lange auf sich warten. Die vor wenigen Tagen beschlossene Ausweitung der Finanztransaktionssteuer auf die Zentralbank könnte von der EU und der EZB durchaus kritisch gesehen werden (
siehe hier). Der Direktor der Bank, András Simor, sieht die Unabhängigkeit seines Hauses abermals gefährdet und wehrt sich entschieden gegen die neue Maßnahme.

 

Die oppositionellen Sozialisten zeihen die Regierung eines verheerenden Pokerspiels. Durch Verzögerungen und die Sturheit beim Zentralbankgesetz habe die Regierung bereits Milliarden in den Sand gesetzt. Die Änderung hätte bereits im Januar verabschiedet werden können, dann wäre das Abkommen mit dem IWF vermutlich schon unterzeichnet. So reagierten die Finanzmarktakteure jedoch unsicher, wodurch Ungarn Kredite zu wesentlich ungünstigeren Konditionen aufnehmen musste. Durch die Einbeziehung der Zentralbank in die Transaktionssteuer riskiert man nun erneut ein Scheitern der Verhandlungen, das sei unverantwortlich.

Zusätzlich hört man gerüchteweise, dass der IWF viel weitergehende Forderungen stellen könnte als das Ungarn derzeit vermutet und Teile der ursprünglichen EU-Agenda bezüglich Ungarn übernimmt, die durch die EU-Kommission auf Druck der konservativ dominierten Regierungschefs aus politischer Räson
in weiten Teilen aufgegeben werden musste. So könnte sich der Einsatz für die Orbán-Regierung schlagartig von den in Frage gestellten 495 Mio. EUR aus dem EU-Kohäsionsfonds auf 15 IWF-Milliarden erhöhen.

Tim Allgaier, red.

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