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(c) Pester Lloyd / 31 - 2012     WIRTSCHAFT 01.08.2012

 

Es geht immer um die Wurst

Wirtschaftsnachrichten aus Ungarn

110 Mrd. Forint Verlust durch "Rechenpanne" - GKI warnt vor “Job protection”-Plan - Arbeitsmarktsituation unverändert - Starker Rückgang beim Häuserbau, trügerischer "Boom" beim Häuserverkauf - Zentralbank: Kritik bleibt trotz Verfahrenseinstellung der EU - Verhaltene Töne von EU/IWF nach erster Verhandlungsrunde - Regierung gibt Staatsland an Kommunen weiter - Poker um Ungarns ältesten Fleischproduzenten Gulayi - Regierung treibt „Ostöffnung“ voran - Exporte nach China + 2300% - Panasonic verlagert Solarzellen nach Malaysia - Erste Bank schreibt weiter Verluste

Begehrlichkeiten weckt die fast insolvente älteste Wurstfabrik Ungarns in Gyula.
ehr dazu in den Meldungen.

Rechenpanne: Ungarns Wirtschaftsministerium „verliert“ 110 Mrd. Einnahmen

Das ungarische Wirtschaftsministerium hat kurz vor der Abstimmung über die Eckdaten des Budgets für 2013 feststellen müssen, dass es sich um nicht weniger als 110 Mrd. HUF (390 Mio. EUR) verrechnet hat, wie das Nachrichtenportal origo.hu erfahren hatte. Konkret geht es um Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer, die nach einer Gesetzesänderungen auch auf Geldgeschäfte der staatlichen Vermögensverwaltung angewandt werden sollte. Dadurch hatte man sich 120 Mrd. HUF (425 Mio. EUR) zusätzliche Einnahmen versprochen. Offenbar ist jedoch keinem der Ministeriumsmitarbeiter aufgefallen, dass die Gewinne der Vermögensverwaltung sowieso in den Haushalt zurückfließen. Nun ist plötzlich nur noch von 10 Mrd. (35 Mio.) die Rede. Von Einsicht des Fehlers jedoch keine Spur, ein neuer Entwurf des Ministers Matolcsy weist plötzlich 160 Mrd. HUF (565 Mio. EUR) zusätzliche Einnahmen aus, die durch die geniale Idee zustande kommen sollen, „die Steuererhebung durch den Staat effizienter zu gestalten“.

GKI warnt vor “Job protection”-Plan der ungarischen Regierung

 

Das Wirtschaftsforschungsinstitut GKI warnt vor einer Umsetzung des Plans der Regierung "zum Schutz von Arbeitsplätzen" (unsere Analyse dazu hier). Dieser 300 Mrd. Forint teure Plan (1,2 Mrd. EUR), so ein Bericht des GKI, wird dem Haushalt schaden, ohne einen maßgeblichen Anstieg der Beschäftigung mit sich zu bringen. Unternehmensgewinne, die durch die befristete Verringerung der Arbeitskosten für die Arbeitgeber möglicherweise erzielt werden können, werden durch die erhöhte Telefonsteuer und die Finanztransaktionssteuer sowie anderen Zusatzbelastungen wieder verspielt. Zudem wird die Entschädigung für die Mindestlohnerhöhung im kommenden Jahr abgesenkt werden, was die zusätzlichen Kosten für Unternehmen auf bis zu 200 Mrd. HUF steigern könnte und so die Entlastungen bei den Lohnnebenkosten wirkungslos macht. Ministerpräsident Orbán hatte am vergangenen Dienstag die neuen Steuern und Beschäftigungsprogramme vorgestellt und Firmen dadurch Steuererleichterungen von umgerechnet 1 Mrd. EUR versprochen. Er hielt auch an der umstrittenen Finanzierung des Projektes fest, das noch im letzten Augenblick in den Haushalt 2013 aufgenommen wurde.

Arbeitsmarktsituation unverändert

Die Arbeitslosenrate in Ungarn ist seit zwei Jahren so gut wie unverändert hoch: Für den Zeitraum April bis Juni wird eine Quote von 10.9 bei den 15-74jährigen angegeben, im März-Mai lag diese noch bei 11,2%, im Vorjahr bei 10,8%. 472.200 Personen waren im benannten Zeitraum offiziell als arbeitslos gemeldet. Beschäftigungsimpulse gehen derzeit nur von den unwürdigen lokalen Beschäftigungsprogrammen aus Die Regierung hat ein Arbeitsplatzschutz und -schaffungsprogramm aufgelegt, das aber erst ab 2013 Wirkung entfalten könnte. In der freien Wirtschaft wurden binnen eines Jahres 30.000 Arbeitsplätze abgebaut, dennoch gaukelt die Regierung in ihren offiziellen Statements eine "ständig wachsende Beschäftigung" vor.

Starker Rückgang beim Häuserbau in Ungarn,
Trügerischer "Boom" auf dem Immobilienmarkt

In der ersten Jahreshälfte 2012 wurden in Ungarn 4463 Häuser / Wohnungen (Wohneinheiten) fertiggestellt, die zum Bezug freigegeben wurden. Dies sind 20,1 Prozent weniger als im Vergleich zum Vorjahr, teilte das Nationale Statistikamt mit. Auch die neu ausgegebenen Baugenehmigungen sind mit 4888 in der Summe um 16,8 Prozent niedriger als 2011. Der Rückgang fällt zwar niedriger aus als im ersten Halbjahr 2011 im Vorjahresvergleich, wo es 35 Prozent weniger Fertigstellungen bzw. 36 Prozent weniger Genehmigungen gab, doch der klare Abwärtstrend im Häuserbausektor hält nach wie vor an. Seit 2007 ist die Zahl der Neubauten stetig gesunken, im Gesamtjahr 2011 zuletzt um ganze 39 Prozent. Bei den Neugenehmigungen hält der Negativtrend sogar bereits seit 2004 an, mit einem Rückgang um 28 Prozent im vergangenen Jahr. Ein Vertreter der Branche warnte davor, dass man 2012 mit weniger als 10.000 neu gebauten Wohneinheiten unter die Rate von 1% am Gesamtbestand rutschen könnte, die zur Regenaration von Verfall und Abriss notwendig ist.

Der Hauskauf und -verkauf ist im ersten Halbjahr hingegen zweistellig gestiegen, was jedoch überwiegend an den niedrigen Basisdaten des Vorjahres, vor allem aber an dem Forex-Kreditablösesystem lag, das etliche Haus- und Wohnungsbesitzer dazu trieb, ihr Wohneigentum weit unter Wert zu verscherbeln, um überhaupt an Geld zu kommen, um sich der sündteuren Forex-Kredite entledigen zu können. Mehr dazu in: Plünderung als Gesellschaftsmodell

Zentralbank: Kritik bleibt trotz Verfahrenseinstellung der EU

Das im Januar gestartete Verfahren gegen Ungarn wegen Vertragsverletzung wurde vor Ende Juli eingestellt. Die Entscheidung erfolgte aufgrund von Änderungen am Gesetz, auch wenn diese die Forderungen nur in einigen Punkten erfüllten. Die EZB äußert sich weiterhin kritisch zur Finanztransaktionssteuer. Sie fürchtet, durch die Ausweitung der Steuer auf die Zentralbank werde deren Unabhängigkeit abermals beeinträchtigt. Darüber hinaus könnte es sich negativ auf die Finanzwirtschaft auswirken, wenn die Zentralbank nicht vollkommen autonom agieren könne. Ähnliche Sorgen hatte bereits der Chef der Zentralbank, András Simor geäußert. Eine erneute Prüfung mit drohender Einleitung eines neuen Verfahrens ist damit denkbar.

Verhaltene Töne von EU/IWF nach erster Verhandlungsrunde

Vergangene Woche ging die erste Runde der Verhandlungen um einen Stand-By-Kredit für Ungarn mit dem IWF und der EU zu Ende. Während der Gespräche hatten beide Parteien keine offiziellen Statements abgegeben und auch hinterher erfährt man nur wenig Details. Vor allem die potentiellen Kreditgeber bleiben in ihren Äußerungen sehr zurückhaltend. Lediglich allgemeine Ratschläge an die ungarische Regierung, für wirtschaftliche und finanzielle Stabilität zu sorgen, waren öffentlich zu vernehmen. „Die wirtschaftlichen Aussichten stellen Ungarn vor einige Herausforderungen“, hieß es aus Reihen der EU-Kommission, gerade deshalb müsse sich das Land an geplante Maßnahmen, bspw. des ursprünglichen Szell Kálman Plans halten. Das langfristige Ziel müsse es sein, das Vertrauen des Finanzsektors zurückzugewinnen, beim Kreditabkommen mit dem IWF könne die Regierung daher nicht stehen bleiben.

Regierung gibt Land an Gemeindevertretungen ab

Vergangene Woche beschloss die ungarische Regierung, Land, das in Staatsbesitz ist und im Nationalen Bodenfonds zusammengefasst wurde, an Gemeindevertretungen zur Verwaltung abzutreten, damit diese die Möglichkeit bekommen, auch in wirtschaftlich weniger entwickelten Landesteilen Jobs anzubieten. Dies teilte das Landwirtschaftsministerium auf seiner Webseite mit. Im Rahmen des sogenannten „Sozialen Landprogramms“ der Regierung soll nun zum ersten Mal kostenlos Land vom Nationalen Bodenfonds (NFA) an die Kommunen abgegeben werden. Der NFA hatte die Wünsche der Kommunalvertretungen berücksichtigt und einen Vorschlag ausgearbeitet, nachdem nun zunächst 132 Hektar vom Staat abgegeben werden. Kritiker befürchten dadurch jedoch einen weiteren Missbrauch der Bodennutzung, sind doch die meisten Kommunen unter der Regierung von Fidesz-Leuten. Diese könnten nun mit den neuen Ländereien und den billigen Arbeitskräften Profite erwirtschaften und dies noch als Sozialmaßnahme verkaufen.
Mehr über den Landhunger der Machthaber in Ungarn.

Poker um Ungarns ältesten Fleischproduzenten

Der finanziell angeschlagene Fleischhersteller Gyulai Húskombinát braucht etwa 1 Mrd. HUF (3,5 Mio. EUR) neues Kapital, um die Produktion am Laufen zu halten. Derzeit laufen Gespräche mit der ungarischen Regierung und der Stadt Gyula über Finanzhilfen für das Unternehmen mit dem höchsten Steueraufkommen im Südosten des Landes. Details zur möglichen Rettung des Konzerns sind noch nicht bekannt, doch je länger man warte, desto ernster werde die Situation, sagte Erno Görgényi, Bürgermeister von Gyula. Der Fleischproduzent machte im vergangenen Jahr einen Verlust von 300 Mio. HUF (1 Mio. EUR), nach eigenen Angaben vor allem durch gestiegene Energie- und Fleischkosten. Gyulai beschäftigt rund 400 Mitarbeiter direkt, doch mehrere hundert Arbeitsplätze bei Zulieferern hängen ebenfalls von dem Unternehmen ab. Die Gyulai Kolbász ist EU-Schutzmarke. Beobachter sehen in dem langwierigen Sanierungsvorgehen ein "sturmfreif"schießen für diverse Interessenten. Die beiden traditionsreichen Salami-Hersteller Pick und Herz gelangten nach ähnlichen Szenarien in die Hände des OTP-Bankchefs und Oligarchen Sándor Csányi, einem Vertrauten von Premier Orbán. Der Wurstamarkt ist auch Tummeplatz von anderen Mafiosi.

Regierung treibt die „Ostöffnung“ weiter voran

Ungarn wird vier neue Handelshäuser in Aserbaidschan, China, Russland und Saudi-Arabien eröffnen, teilte Péter Szijjártó, Staatssekretär für Außenhandelsbeziehungen im Amt des Ministerpräsidenten mit. Dadurch möchte die Regierung vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen beim Exportgeschäft in den Osten helfen. Die Regierung will so ihre Strategie, neue Märkte im Osten zu erschließen, weiter vorantreiben,
um weniger abhängig von der Eurozone zu sein. Diese vier Länder seien dafür beispielhaft, sagte Szijjártó. Weitere Länder, beispielsweise auf dem Balkan, seien aber ebenfalls Ziel der Wirtschaftsstrategie. So könnten ungarische Unternehmen beispielsweise beim Aufbau der Infrastruktur in Mazedonien eine große Rolle spielen, ähnlich wie bei bereits existierenden strategischen Partnerschaften mit Kasachstan und Georgien. Mehr zur neuen Nähe zu alten Diktaturen in: Ungarns neue strategische Partner in der Welt

China-Exporte steigen um 2300 Prozent – Nahrungsmittelexporte als Zukunftsmarkt

Im letzten Jahr ist die wirtschaftliche Kooperation zwischen Ungarn und China rasant angestiegen. Die Bilanz hat sich um mehr als das 23-fache auf eine Gesamtsumme von 9,2 Mrd. USD erhöht. Davon sind nur etwa 34 Mio. USD auf Exporte von Nahrungsmitteln zurückzuführen, doch genau darin sieht die ungarische Regierung einen zukunftsträchtigen Markt. „Ungarns Voraussetzungen in der Landwirtschaft sind perfekt, um die stetig wachsende und von Importen abhängige chinesische Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen“, sagte der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, Endre Kardeván, am Rande eines zweitägigen Treffens mit Experten der chinesischen Behörde für Lebensmitteleinfuhr und Quarantäne. Dabei stellte China auch in Aussicht, eine permanente Vertretung der Behörde in Budapest einzurichten, um den gemeinsamen Handel zu erleichtern. Mehr in: Wilde Phantasien: Milliarden aus dem Reich der Mitte

Panasonic verlagert Solarzellen-Produktion nach Malaysia

Nicht nur in Deutschland leidet die Solarbranche unter steigendem Kostendruck aus Ostasien, auch Osteuropa kann mit den dortigen Lohnstückkosten kaum mehr mithalten. Der große Elektronikkonzern Panasonic plant, die Produktion von Solarzellen in Ungarn drastisch zu kürzen und die Kapazitäten sowie die Jobs nach Malaysia auszulagern, wie es aus Kreisen, die mit dem Vorhaben vertraut sind, heißt. Ab Oktober soll demnach der Ausstoß in Ungarn um 30 Prozent zurückgefahren werden, woraus etwa 400 Stellenstreichungen resultieren sollen. In der neuen Fabrik im südostasiatischen Malaysia werden dann ab Dezember günstigere Arbeitskräfte die Produktion übernehmen.

Erste Bank schreibt in Ungarn weiter Verluste

 

Seit Jahren fährt die - sonst sehr profitable - Erste Bank in ihrer ungarischen Filiale herbe Verluste ein. Im ersten Halbjahr 2012 waren es 72,7 Mio. EUR nach Steuern, nach 51,2 Mio. Minus im Vorjahreshalbjahr. Als Hauptgrund gibt die Erste das gesetzliche Forex-Ablösemodell vom Jahresanfang an, doch auch Bankensondersteuer und das sich weiter deutlich verschlechternden Kreditportfolio im "Consumer"-Segment tragen zu dem dicken Minus bei. Die Erste-Zentrale in Wien kündigte bereits vor längerem an, dass das ungarische Kreditgeschäft nurmehr aus eigenen Einlagen gespeist würde. Auch sonst fährt man das Geschäft deutlich zurück: der Personalbestand wurde binnen eines Jahres um fast 12% auf noch 2.600 Mitarbeiter reduziert.

Tim Allgaier / red.

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