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(c) Pester Lloyd / 31 - 2012     BUDAPEST 02.08.2012

 

Freiheit feiern

Das 20. Sziget Festival in Ungarn zwischen Business und jugendlichem Leichtsinn

Sie wollen besser sein als je zuvor, obwohl sie weniger Geld zu Verfügung haben als in den Vorjahren. Die Veranstalter des europaweit bekannten Sziget Festival, das in diesem Jahr vom 6. bis 13. August bereits zum 20. Male in Budapest auf der Studenteninsel stattfindet, haben sich viel vorgenommen, dabei stand das Festival fast vor dem Aus.

Die Hauptbühne im Baustadium.

In letzter Minute sprang Mitgründer Károly Gerendai mit einigen Investoren bei und kaufte sich in das Event, das er längst veräußert hatte, wieder ein. So konnte die Betreiberfirma, die übrigens auch das Volt, Balaton Sound und andere Events ausrichtet, immerhin die Kreditlinie verlängern und das Festival war vorerst gerettet. Wie es nach Ablauf der Verkaufsoptionen dann weitergehen wird, wenn Gerendai sein Geld zurück haben will, wissen womöglich nur die Gläubigerbanken.

 

Wenig offizielles ist darüber zu erfahren, wie hoch der Einfluss der neuerdings erhobenen Platzmiete - eine Idee der Fidesz-Stadtregierung - sowie die erhöhten Auflagen für Reinigung, Sicherheit und Regeneration auf das Darben der Veranstalter gewesen sind. Die verschwenderischen Vorgängerregierungen verzichteten weitgehend auf städtische Gebühren, weil man über die Umwegrentabilität auch so Millionen für Stadt und Land generierte. Die Fidesz-Bürokraten stellten zunächst eine ruinöse Mietforderung für die Insel in den Raum, ließen sich dann aber unter unbekannten Bedingungen herunterhandeln.

10% in Verbesserungen gesteckt

Gerendai betonte in der vor wenigen Tagen abgehaltenen Pressekonferenz, dass man "viel dafür getan hat, um das einzigartige Image des Festivals" zu stärken, damit es aus dem großen Angebot in Europa weiterhin herausragen möge. So seien 10% des diesjährigen Budgets von 3 Milliarden Forint (10,3 Mio. EUR), in "Verbesserungen investiert worden", man habe zusätzliche Videowände und bessere Projektoren installiert, neue "visuelle Effekte" entwickelt und das Design der einzelnen Bühnenbereiche geschärft. Immerhin verpflichte der im Februar errungene Titel als "bestes europäisches Großfestival".

Der Gründer des Festivals, Gerendai, der übrigens auch Ungarns erstes Michelin-besternte Restaurant sein eigen nennen kann, beklagte die 10%ige Budgetkürzung um immerhin rund 1 Mio. EUR nur mäßig, sei es doch gelungen, die "Vielfalt und Qualität" der Programme zu erhalten. Als Beleg dafür führte er die Top-Acts "Snoop Dogg, Killers, LMFAO, Placebo, Stone Roses und Korn" an.

Ab 6.8. sollte es dann ungefähr so aussehen...

Ein Fest für Ausländer?

Dass die Sziget für Einheimische zu teuer ist, belegt eine Zahl deutlich: 85% der Wochentickets, die zum Besuch an jedem Tag berechtigen, gingen im Vorjahr an Ausländer. Insgesamt registrierte man dabei junge Leute aus 50 Ländern, angeführt von einer wahren Invasion von Holländern, die 10.000 Dauerbesucher stellten, wohl auch, weil campen Teil dieses Festivals ist. Die Rangfolge der ausländischen Besucher wird fortgeführt von Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland. Auf den 19 bisherigen Festivals begrüßte man bereits 5 Millionen Besucher und hofft, noch in diesem Jahr den 6. Millionsten empfangen zu können.

Sogar der Wirtschaftsminister kommt...

Was die Sziget so einzigartig macht, ist sicher ihre Universalität. Es ist ein Festival, das einfach für jeden Musik- und Feiergeschmack etwas bereit hält. Es gibt Mainstream-Pop, Rock, Heavy Metal, es gibt aber auch Folk, Weltmusik, Jazz. Es gibt die ganz große Bühne und das intime Happening. Die Festivalbesucher leben zum Teil auf der Insel, es geht um eine Woche Spaß und natürlich ums Business, das monetäre, sogar das politische und so finden sich neben einer Captain Morgan Bar und einer Unicum Lounge auch ein MOL-Stand und eine OTP-Bühne und sogar unser Wirtschaftsminister, die Spaßbremse Nr. 2 des Landes, richtet eine "Neuer Széchenyi Plan Internetecke" auf der Insel ein, kurz ÚSZT. Irgendwo muss man schließlich auch mal schlafen können...

Kompromisse auf der Insel

Es gab Gerüchte, wonach es massive Versuche gegeben hat, den "ungarischen Anteil" an den Auftritten zu vergrößern und solche Extras wie ein "Romazelt" zu Gunsten allgemeinen Patriotismus` zu streichen. Im Gegenzug vermarktet die ungarische Tourismusagentur das Event international mit und man kommt den Veranstaltern bei den vielen Reibungspunkten mit Stadt und Bezirk entgegen. Eine Bühne mit ausschließlich ungarischer Musik gibt es, ist aber keine Neuheit auf der Sziget, und auch das Romazelt ist geblieben. Unweit davon gibt es ein "Hungarikum-Dorf" und auch die linksliberale Népszabadság zeigt Präsenz. Insgesamt hat das linksliberale Sodom und Gomorrha als das Rechtsradikale und auch nationalkonservative Spießer die "drogenverseuchte" Sziget verachten, also Bestand und das ist auch gut so.

 

Die Sziget ist auf der einen Seite ein knapp kalkuliertes, aber auf Gewinn ausgerichtetes Geschäft, auf der anderen aber auch eine Manifestation jugendlicher wie urbaner Freiheit geblieben. Beides hilft ihre Schwierigkeiten im heutigen Ungarn erklären, die schiere Masse und die Begeisterung ihrer Besucher kann sie am Leben erhalten und auch dem Rest des Landes ein Zeichen fröhlicher Normalität vermitteln, auch wenn sich die meisten Ungarn diese Freiheit bezeichnenderweise nur tageweise erkaufen können.

Mehr zum Line up, den Nebenevents, Tickets und dem Drumherum auf der offiziellen Seite in deutscher Sprache: http://szigetfest.de/

red.

 

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