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(c) Pester Lloyd / 32 - 2012     WIRTSCHAFT 07.08.2012

 

Ein Unicum

Auf ein letztes Glas: Zum Tode von Péter Zwack

Seinen Namen kennt in Ungarn jeder, denn er ist eine echte Marke. Mit Péter Zwack starb am Sonntag im Alter von 85 Jahren nicht nur einer der letzten, vielleicht der letzte ungarische Unternehmenspatriarch alter Schule, sondern auch eine Persönlichkeit, in der sich das Auf und Ab der jüngeren ungarischen Geschichte, ihre Brüche und Hoffnungen wie in kaum einer zweiten spiegelten.

Péter Zwack 1927 - 2012

Stalinisten verfuselten das Familienwerk

Zwack wurde 1927 in Budapest geboren, in eine bereits 1917 zum Christentum konvertierte Familie mit jüdischen Wurzeln. Seine Eltern János Zwack und Vera von Wahl gingen diesen Weg wie viele der längst assimilierten, zumindest aber säkularen Vertreter des jüdischen Pester Kaufmannsadels, meist aus einer Mischung aus Pragmatismus, Patriotismus und Berechnung. Es gelang ihm noch 1945 seinen Schulabschluss zu machen und er entkam, auch Dank guter Kontakte in Budapest dem Holocaust an hunderttausenden seiner Landsleute. Dass er “Jude war”, merkte er erst, als er sich vor Eichmann und den Pfeilkreuzlern verstecken musste. Zu dieser Zeit existiert übrigens ein sehr aufschlussreiches Interview bei der Internationalen Raoul Wallenberg Stiftung.

 

Das Familienwerk, die Zwack-Fabrik im IX. Bezirk, aus der jener legendäre Unicum kam, dem einst, Ende des 18. Jahrhunderts, Kaiser Franz Joseph seinen Namen gegeben haben soll, weil das Kräuterdestillat ihm als wahre Medizin erschien, wurde im Krieg genauso zerstört wie die ganze Stadt. 1948 gaben die Stalinisten ihr den Rest, verstaatlichten den Betrieb und enteigneten die Familie. Vater János entkam mit Sohn Péter und dem Original-Rezept des Unicum. Onkel Béla blieb in Budapest und wurde zum einfachen Fabrikarbeiter in seiner eigenen Fabrik degradiert. Er musste zusehen, wie die neuen Eigner mit einem Fantasiegebräu den guten Namen des Hauses verfuselten.

János Zwack und sein Sohn Péter. Erinnerungen aus dem Familienalbum

Odyssee durch die Welt

Über Italien emigrierten Vater und Sohn in die USA, nach Monaten im Durchgangslager Ellis Island, ließ man beide einwandern, auch hier half das wertvolle Unicum-Patent weiter, Péter machte einen Uniabschluss und begann als Staubsaugervertreter in Queens, startete später als Verkäufer im Getränkehandel. Schon 1954 war er Miteigner einer Weinimportfirma in Chicago. Hier eignete er sich viel von der Finesse an, die es im rauhen Geschäftsleben braucht. Den Riecher für Qualität hatte er von der Familie. Neben dem Geschäft beschäftigte die Familie immer wieder der Lizenzstreit mit der Ungarischen Volksrepublik. Nach der Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn 1956, organisierte Zwack einen Fonds "Erste Hilfe für Ungarn" und sammelte, mit prominenter Unterstützung u.a. des Ex-Präsidenten Hoover mehr als 120.000 US-Dollar ein, damals ein echtes Vermögen. 1964 wurde er amerikanischer Staatsbürger und konnte endlich sein eigenes Unternehmen gründen.

Rückkehr und Auferstehung

1970 die Rückkehr nach Europa, hier leitete er zunächst in Wien das Familienunternehmen und zog dann nach Florenz. Noch vor dem Fall des Eisernen Vorhanges, 1988, kehrte Zwack bereits nach Ungarn zurück. Mit ausländischen Geldgebern, darunter auch die nicht minder berühmte Familie Underberg aus Deutschland, gründete er die Firma Unicum erneut und konnte sowohl die alten Fabrikanlagen zurückkaufen als auch den Original-Unicum wieder etablieren. 2011 kehrte auch Péters Vater wieder in ungarische Erde zurück.

Politische Zwischenspiele

 

In und nach der Wendezeit folgte ein Gastspiel auf politischer Ebene, Zwack wurde Parlamentsabgeordneter, dann Botschafter seines Landes in Washington, einen Posten, den er wegen zu offener Kritik an seinem Chef von heute auf morgen zu räumen hatte. Er schloss sich Mitte der Neunziger der liberalen Partei SZDSZ an, in der viele Dissidenten organisiert waren, 2002 legte er sein Parlamentsmandat nieder und konzentrierte sich fortan wieder auf sein Unternehmen sowie die vielen Ehrenmitgliedschaften und sonstigen Tätigkeiten im Klub der oberen Zehntausend, wo er mit seiner eigenwilligen Haartracht und seinem freundlichen Wesen immer herausstach. Häufiger als viele andere aber verbrachte er Zeit mit seiner Familie, meist in Italien, das ihm zur zweiten Heimat geworden war. Aus zwei Ehen hatte er sieben Kinder, Mangel an Geselligkeit dürfte es nicht gegeben haben.

Etabliert und beliebt wie eh und je

Heute ist die Zwack Unicum Rt. im Besitz der Familien Zwack und Underberg, des Diageo-Konzerns sowie im Streubesitz und hat sich über die Jahre wieder fest im Premiumsegment sowohl mit Eigen- wie auch mit Handelsmarken etabliert. Dass eine nationale Marke sich heute nicht mehr ohne internationales Ambiente und Kapital halten kann, auch das ist ein Zeichen der Zeit, das rechtzeitig und unsentimental erkannt werden will, will man Namen und Tradition retten.

2008 beendete der nun 80jährige seine aktive Tätigkeit im Unternehmen, blieb ihm aber, man verzeihe den Kalauer, als Spiritus rector bis zum Schluss verbunden. Seine Kinder Sándor und Izabella führen sein Werk fort. Letztere hat sich vor allem in die Welt der Weine vertieft, während Sándor sich um die Reinheit der berühmten Obstbrände aus Kecskemét kümmert. Ein professionelles Management steuert das Zwack-Schiff durch die wirtschaftlich bewegten Zeiten und die Marke Unicum ist heute in Budapest präsenter denn je und damit bleibt den Budapestern wie Besuchern der Stadt auch der Name Péter Zwack immer vor Augen, wenn sie das Glas erheben, um sich vom geheimnisumwitterten Kräuterdestillat berauschen zu lassen.

Die bewegte wie bewegende Geschichte von Familie und Firma Zwack kann übrigens im betriebseigenen Museum erfahren werden. www.zwack.hu

Die Jungen übernehmen das Ruder - Ein Besuch bei Zwack Unicum in Budapest - Juni 2008

red. / ms.

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