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(c) Pester Lloyd / 33 - 2012     KULTUR 13.08.2012

 

Beschränkte Freiheit

China stellt zeitgenössische Kunst in Ungarn vor

"Offenheit und Integration" unter diesem Titel zeigt das Musem der Schönen Künste in Budapest seit diesem Wochenende für einen Monat 120 Werke zeitgenössischer Künstler aus China und versucht einen Querschnitt des dortigen Schaffens der letzten 30 Jahre. Dass systemkrtische Künstler oder vom Plan abweichende Stilrichtungen ausgespart bleiben, wird verschwiegen. Im Gegenteil, die "Freiheit der Künstler" wird über den grünen Klee gelobt. Die Schau ist dennoch überaus lohnenswert.

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Die Schau kommt nicht von ungefähr an die Donau, ist doch der Ausbau der Beziehungen zur "Volksrepublik" wichtiger Bestandteil der "Ostöffnung" und der Acqusition neuer "strategischer Partner in der Welt." China wedelt mit ein paar Milliarden und die ungarische Regierung ebnet auf allen Gebieten den Weg, seien es Investitionen, Zukäufe, Arbeitnehmerrechte. Auch die Kultur soll als Kitt zwischen den beiden, die sich offenbar gefunden haben, wirken.

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So nimmt es auch nicht Wunder, dass die Werke einer offiziellen Auswahl entstammen und allesamt aus dem Nationalmuseum in Peking entsandt worden sind. Der "Überblick über die chinesische Kunst der letzten 30 Jahre", den uns die Ankündigung verspricht, muss also unter der nicht geringen Einschränkung gesehen werden, dass systemkritische Werke oder Stilrichtungen, die nicht den kulturellen Vorstellungen der Machthaber in China entsprechen, ausgespart bleiben. Trotzdem eröffnet sich dem Besucher eine Welt des Reichtums, sowohl der Sujets wie auch der Techniken. Neben Ölgemälden, Drucken und Skulpturen findet auch die traditionelle Kunst der Tintenwischtechnik in die Ausstellung nach Budapest.

 

Die Rundreise durch das Schaffen anerkannter zeitgenössischer Künstler beginnt 1978 und wird über 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in drei Bereiche gegliedert: "Widrigkeiten der Zeit" widmet sich "den sozialen Entwicklungen in der Reformperiode unter Deng Xiaoping" und changiert dabei beredt zwischen heroischen, teils verfremdeten Anklängen an die Staatskunst der Vorreformzeit und einer wieder neuen Heldenehrung, in der lediglich die Objekte der Verehrung wechselten sowie der Spielerei mit westlichen Einflüssen. Man hätte die Epoche auch "Von der Diktatur des Proletariats zur Herrschaft des Geldes" überschreiben können, wobei Täter und Opfer im wesentlichen dieselben geblieben sind. Die Ausdrucksformen der westlichen Dekadenz findet man hier nur formal und vorsoertiert und nun gekoppelt mit chinesischen Traditionen.

Im zweiten Abschnitt geht es um die "Poesie der Natur", in der die uralte Kunst chinesischer Landschaftmalerei ihr Überlebensfähigkeit in die heutige Kunst unter Beweis stellt. Nur Kennern werden sich die vielen stilistischen Zitate und Anklänge in dortzulande geläufige Epochen erschließen, dem Laien - und das sind gegenüber der chinesischen Kunst praktisch alle Europäer - öffnet sich eine fremdartige und doch so anziehende Welt voller Exotik und Kontemplation.

Landschaft in Tintenwischtechnik.

Der dritte Bereich ist mit "Die Lust an der Vielfalt" überschrieben und kann als Sammelsurium verschiedener Rcichtungen, Trends und Themen gelten, in denen Ost und West, Alt und Neu ineinander verschwimmen. Die offizielle Ankündigung behauptet, dass "die chinesischen Künstler in der neuen Ära "frei" bei der "Wahl ihrer Themen und Techniken und Ausdrucksweisen" sein. Vielleicht mag man in Ai Wei Wei keinen Künstler erkennen oder ist überzeugt, dass seine Verschleppung tatsächlich ein Steuerrechtsfall war, jedenfalls befremdet die Kritiklosigkeit der Ausstellungsmacher doch sehr. Natürlich verlangt man bei der Ankündigung einer Ausstellung, die durch staatliche chinesische Stellen zusammengestellt wurde, nicht unbedingt Systemkritik, aber man hätte an der Stelle auch einfach schweigen können...

Im Gegenzug übrigens "gelang" es dem mittlerweile abgedankten Kulturminister Géza Szöcs auch ungarische zeitgenössische Künstler samt ihrer Werke nach Peking zu bringen. Dabei ließ man sich zu der Prognose hinreißen, dass die Werke chinesischer Künstler auch 30 Jahre gebraucht hätten, um auf dem internationalen Kunstmarkt Anerkennung zu finden, so könne es auch den Ungarn ergehen. Welche Art von Werken die ungarische Kulturadministration dabei im Auge hatte, ist am Ende dieses Berichtes genauer zu erfahren und zu sehen.

 

Auch für die chinesische Kunst, die traditionellen Genres wie die modernen sehen die Budapester Kuratoren "ein goldenes Zeitalter" anbrechen. Die Öffnung des Landes hat chinesische Künstler internationaler werden lassen und sie selbst "formen nun auch internationale Trends", ohne dabei "ihre nationale Charakteristik aufzugeben". Wenn man zur Nationalcharakteristik auch die Einhaltung parteigegebener Grenzen hinzuzählen mag, stimmt die Einschätzung der Budapester Ausstellungsmacher sicher und man darf fürchten, dass die Kunst, so sie staatlich gefördert sein will, in China tatsächlich eines Tages freier sein wird als in Ungarn.

Trotz der misslungenen Einordnung und der Anbiederung der Kulturoffiziellen ist die Ausstellung absolut lohnend, denn einen solch reichen Querschnitt zeitgenössischer Werke aus dem Nationalmuseum in Peking findet man nicht aller Tage. Die Schau ist noch bis zum 9. September geöffnet.

www.szepmuveszeti.hu

red.

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