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(c) Pester Lloyd / 45 - 2012   Advertorial Nov. 2012

 

Globalisierung und regionale Küche

Bei ungarischer Küche kommen Gedanken an Gulasch, ungarische Salami, Paprika-Huhn oder die weltbekannte Esterházy-Torte in den Sinn. Die ungarische Küche hat auch im deutschsprachigen Raum viele Anhänger. Es gibt spezielle Restaurants, Hotels und Fachgeschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die ungarische Gaumenfreuden anbieten. Im Internet gibt es Seiten, die original ungarische Gewürze, Spezialitäten und Zutaten fürs eigene, ungarische Kochen verkaufen. Nun gibt es auch die Möglichkeit, bei einem Bringdienst für Essen landestypische Speisen zu bestellen.

Unter der aktuellen Diskussion über die Globalisierung von regionaler Esskultur, stellt sich die Frage, ob wir in Europa langfristig nur noch Fast Food und Lebensmittel, die gemischt aus ganz unterschiedlichen, nationalen Zutaten stammen, zu uns nehmen werden. Das würde einen gewaltigen Einschnitt in alle lokalen und nationalen Esskulturen geben, somit auch in die ungarische.

Die kulinarische Ethnologie wird im Rahmen von Trends meistens vernachlässigt. Der Ethnologe Prof. Dr. Marin Trenk forscht seit Jahren weltweit im Themenfeld der Esskulturen. Er stellte sich bei „Spiegel online“, im Oktober 2012, im Interview Fragen zur Auswirkung der kulinarischen Globalisierung und kam zu spannenden Erkenntnissen. Er sieht die japanische Esskultur als eine der „Gewinner-Küchen“ im Rahmen der kulinarischen Globalisierung. Bei der Frage, ob die Globalisierung die regionale Küche zerstören kann, erwähnt Prof. Trenk, dass bereits seit dem Fall der Berliner Mauer, im Jahre 1989, die Debatte über die globale Durchsetzung von Fast-Food-Ketten und das Ausgrenzen der lokalen Küchen entbrannt ist. Er sieht bei dieser Diskussion keine wirklichen Gewinner oder Verlierer. Er bestätigt zwar die äußerst erfolgreiche Etablierung von Fast Food, betonte aber, dass durch die Ausbreitung von Fast Food die lokale Küche, in den einzelnen Regionen, nicht unter stärkeren Druck gesetzt wurde.

siehe auch: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/ethnologe-marin-trenk-ueber-globale-trends-in-der-esskultur-a- 860728.html

Prof. Trenk beschreibt die Globalisierung der Esskulturen als kein Phänomen der letzten Jahrzehnte, sondern bezieht sich auf das 15. Jahrhundert, als bereits Kolumbus durch seine Reisen, im Jahre 1492, die allererste kulinarische Globalisierungswelle auslöste. Trenk spricht von den drei großen Globalisierungswellen in der Geschichte der Kulinaristik. Die kolonialen Begegnungen beschreibt er als die zweite große Welle. Die dritte dieser Wellen habe uns aktuell im Griff. Sie sei sehr intensiv und verlaufe sehr beschleunigt. Dennoch sei über Kolumbus die größte Veränderung in der Weltgeschichte auf diesem Sektor entstanden. Durch ihn seien die regionalen Küchen revolutioniert worden. Seither werde vermehrt in Südostasien mit Chili gekocht, in Italien mit Tomaten und in Ungarn mit Paprika.

Wer sich heute Speisen aus aller Welt nach Hause bringen bzw. bringen lassen möchte, braucht nicht, wie Kolumbus, die Welt umsegeln oder einen Boten schicken, sondern kann sich ganz bequem, beispielsweise über
Lieferando ungarische, italienische oder asiatische Speisen in großer Auswahl bestellen.

Das Jahr 1492 und Kolumbus haben alle Küchen dieser Erde verändert. Auch Deutschland hat ihm die Kartoffel zu verdanken. Viele typisch deutsche Gerichte wären ohne die Kartoffeln, in heutiger Form, nicht existent. Spannend ist allerdings, dass Kolumbus nur die Rohprodukte entdeckte, nicht aber komplette Rezepte in der ganzen Welt verbreitete. Gerade in den letzten Jahren werden in Deutschland wieder viele alte Kartoffelsorten kultiviert, die selbst viele Bundesbürger zum Stauen in ihren unterschiedlichen Farben, den verschiedenen Größen, der unregelmäßigen Gestalt und vor allem der Geschmacksvielfalt bringen.

Bei der zweiten großen kulinarischen Globalisierungswelle gab es über die spanischen Kolonien in Mexiko und Peru komplett neue Akzente. Erstmals fanden hier neue kulinarische Praktiken von sogenannten „Fusionen“ und „Crossover“ statt. Unterschiedlichste, vorher undenkbare, Zutaten aus aller Welt wurden mit einander ungewohnt kombiniert. Die holländische Küche wurde von der indonesischen und die britische von der indischen Küche intensiv inspiriert.

Zu der dritten großen kulinarischen Globalisierungswelle beschreibt Prof. Trenk, in dem oben erwähnten Interview, dass gerade die asiatische Esskultur eine starke Ausbreitung gefunden hat. In Deutschland selbst wurde sie allerdings sehr deformiert. Auch wenn vor allem die chinesischen, indischen und thailändischen Gerichte in Deutschland großen Anklang gefunden haben, zeigen sie hier zu Lande nur einen minimalen Ausschnitt aus den kulinarischen Möglichkeiten ihres Heimatlandes. Viele Gerichte sind sozusagen „eingedeutscht“. Dagegen die japanischen Esskulturen konnten auf viel höherem Niveau in Deutschlands Restaurants, privaten Küchen und sogar in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung Einzug erhalten. Nicht nur in der Welt der deutschen Spitzenköche, sondern auch bei anderen Verbrauchergruppen, wie beispielsweise Studenten, findet die japanische Küche aktuell hohen Anklang. Die japanische Esskultur besticht möglicher Weise mit ihrem klaren und dabei frischem Minimalismus in der Rezeptur und Umsetzung.