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(c) Pester Lloyd / 48 - 2012   NACHRICHTEN 26.11.2012

 

Strafe wegen Unberechenbarkeit

Ratingagentur stuft Ungarn weiter ab - Regierung will das "nicht Ernst nehmen"

Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die mittel- bzw. langristige Kreditwürdigkeit des ungarischen Staates weiter herabgestuft, von BB+ auf BB, also eine Kategorie niedriger im sogenannten Ramschstatus. In der Folge ist mit steigenden Zinsaufschlägen bei Staatsanleihen zu rechnen, womit sich wiederum die Kosten für den Schuldendienst erhöhen, was Steueraufkommen bindet und den Handlungsspielraum der Regierung einschränkt. Auch die Währung kann nun weiter unter Druck geraten, was vor allem die vielen Forex-Schuldner unmittelbar und schmerzhaft an der Höhe ihrer Monatsraten spüren.

Zinsratenentwicklung auf 10jährige ungarische Staatsanleihen

Als Hauptbegründung der Agentur gilt aber nicht die unmittelbare Angst, dass das Land seine Schulden nicht bedienen könnte, sondern die "weiter gesunkene Vorhersagbarkeit der Politik (Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik, Anm.), die die mittelfristigen Wachstumsaussichten negativ beeinflussen kann." Man kann in der Herabstufung auch eine Strafaktion für die weitere und nun dauerhafte Belastung der in Ungarn aktiven Banken mit diversen Sondersteuern sehen sowie auch als Warnschuss gegen das Vorhaben, die von der Zentralregierung übernommenen Milliardenschulden der Kommunen neu zu verhandeln und einen größeren “Rabatt” dabei herauszuholen.. Die Rating-Analysten stuften dieses Ansinnen als "partiellen Staatsbankrott" ein, mit dem entsprechenden Durchschlag auf den Anleihemarkt, weshalb die Regierung die Idee vorerst wieder verwarf.

Auch die politischen Tänzchen um einen neuen IWF-Deal spielten eine Rolle bei der Beurteilung, die Agentur hatte mit ihrer Herabstufungspolitik vor einem Jahr nicht unwesentlichen Anteil daran, dass sich die ungarische Regierung wieder an den IWF wandte, was das Orbán-Kabinett eigentlich vermeiden wollte. Ungarn findet sich bei S&P nun auf derselben Stufe wie die Türkei, Serbien und Mazedonien, der Ausblick ist als "stabil" angegeben, womit kurzfristig keine weiteren Herabstufungen zu erwarten sind.

 

Der ungarische Nationalwirtschaftsminister György Matolcsy, dem auch das Finanzressort untersteht, nannte die Entscheidung "nicht ernst zu nehmen", denn diese wie auch die anderen Agenturen seien lediglich "Lobby-Vereine von Spekulanten". Sie hätten praktisch jedes Land der Welt herabgestuft, es wäre an der Zeit, diese Agenturen selbst "herunterzustufen". So nachvollziehbar der Ärger über die strukturelle Fehlinstallation von Ratingagenturen sein mag, so eindeutig ist das Urteil: Ungarn wird nicht wegen wirtschaftlicher Schwäche herabgestuft, sondern aus Gründen, die eine vernünftig agierende Regierung hätte vermeiden können.

Es ist davon auszugehen, dass die anderen namhaften Agenturen S&P nachfolgen werden, Fitch will noch vor Weihnachten die derzeitige BB+-Wertung überprüfen. - Zur Zeit kann Ungarn seine Schulden relativ gut bedienen, kurzfristige Anleihen sind sehr stark nachgefragt, wenn auch auf relativ hohem Zinsniveau, das dauerhaft über realistischen Wachstumsraten liegt und damit die destruktive Schuldenspirale, wenn auch sehr verlangsamt, doch weiter antreibt. Bei den langfristigen Anleihen zahlt Ungarn (10 Jahre) derzeit rund 6,85% pro Jahr, zwar in diesem Jahr der niedrigste Wert, aber europaweit der dritteuerste Zinssatz, nach Griechenland und Portugal, gleichauf mit Zypern und noch vor Rumänien und Spanien.

Ungarn verfügt Dank eines permanenten Außenhandelsüberschusses über Devisenreserven auf Rekordnniveau (rund 35 Mrd. EUR bzw. 30% des BIP), was wiederum die Begehrlichkeiten der Regierung weckt. Im März wird ein neuer Zentralbankchef gewählt. Die für die Staatsschulden zuständige Behörde ÁKK hat 2012 viel Werbung für den Verkauf von Staatsanleihen an inländische Anleger, auch nicht-institutionelle, betrieben, im Oktober wurde sogar eine Euro-Anleihe (200-300 Mio. EUR, 5 Jahre) speziell für den ungarischen Markt angekündigt, die Zinsen in Höhe von 2,5% über der EU-Inflation bringen soll. Reguläre Devisenanleihen will das ÁKK erst nach Abschluss eines IWF-Deals wieder auflegen.

cs.sz. / red.

 

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