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(c) Pester Lloyd / 51/52 - 2012   WIRTSCHAFT 17.12.2012

 

Rente oder Gehalt

Ungarn bestaft arbeitende Rentner durch Streichung der Pension

Nach einer Kabinettsvorlage müssen sich Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, die das gesetzliche Mindestrentenalter von 62 überschritten haben, aber noch arbeiten, ab April 2013 entscheiden, ob sie ihren Verdienst oder ihre Rente empfangen wollen. Doch die Rente ist oft so gering, dass den meisten gar keine Wahl bleibt.

Das "Hinzuverdienen" ist, zum Beispiel bei vielen Lehrern, Verwaltungsangestellten, aber auch Ärzten oder städtischen Arbeitern, sogar bei Hochschullehrern für ein erträgliches Einkommen absolut notwendig, da aufgrund der niedrigen Einkommen die Rente sonst schlicht nicht zum leben reicht. Das arbeiten über die Mindestrentenaltergrenze hinaus, ist daher in Ungarn auch allgemein üblich. Dabei geht es jedoch nicht nur um einen teils dramatischen Einbruch beim Einkommen und damit dem Lebensstandard der Betroffenen, sondern, im Hinblick auf Ärzte werden auch Versorgungsengpässe für Patienten befürchtet, warnen Gewerkschaften.

Durch diese Maßnahme will die Regierung 400 Milliarden Forint pro Jahr einsparen, also umgerechnet rund 1,4 Mrd. EUR. Dass damit zwangsläufig auch gleichviel Kaufkraft abgezogen wird, liegt auf der Hand, ebenso, dass sich das Elend der unteren Mittelschichten, denn die meisten der Betroffenen sind Einkommensmäßig dort zu verorten, vergrößern wird, auch. Interessanter- und auch typischerweise wurde diese Maßnahme durch den Budgetausschuss des Parlamentes am Freitag in aller Stille ins Parlament gebracht und als Anhang an das bereits zuvor beschlossene Budget geheftet, immerhin eine Größenordnung von ca. 1% des BIP.

 

Wer sich ab April nicht rechtzeitig von seiner Arbeitsstelle abmeldet, erhält dann keine Rente mehr, erst wenn die Vertragsauflsöung amtlich dokumentiert wird, wird die Zahlung wieder aufgenommen. Ausgenommen davon sind nur Wahl- und Berufungsfunktionen sowie Angestellte, die mit Auftrag der Regierung tätig sind, was wieder einen ganzen Horizont für persönliche Bevorzugungen öffnet. Einige Punkte im Entwurf sind außerdem missverständlich, so könnten Forscher möglicherweise weiterarbeiten, Lehrkräfte an Hochschulen nur bei besonderem Bedarf. Auch Ankündigungen aus dem Gesundheitsstaatssekretariat sehen vor, dass die Umsetzung Ausnahmen kennt, spezifiziert aber nicht, welche. Die freiwerdenden Stellen sollen übrigens bis zur Erreichung des Sparziels auch nicht nachgefüllt werden.

Der Chef der Ärztekammer konstatiert - einmal mehr - dass das Gesetz ohne Rücksprache mit den Interessensverbänden verabschiedet wurde und warnt vor Engpässen. Vor allem im ohnehin schon benachteiligten und schlecht versorgten Nordosten des Landes sind die Mehrzahl der Ärzte längst über dem Pensionseintrittsalter. Die Rente ist durchgehend viel geringer als der Lohn, d.h. die meisten würden letztlich auf die Rente verzichten müssen, würden also dafür, dass sie über das Rentenalter hinaus arbeiten, noch bestraft. Die Regelung würde dort ein riesiges "aus tausend Wunden blutendes" Chaos anrichten. Er rechnet vor, dass im Gesundheitssektor rund 30.000 Menschen über dem Rentenalter tätig sind, das Funktionieren dieses Sektor kann also derzeit nur mit Menschen über 62 Jahren (so heute das neue Renteneintrittsalter in Ungarn, das nach und nach auf 67 angehoben wird) gewährleistet werden.

cs.sz.

 

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