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(c) Pester Lloyd / 05 - 2013   POLITIK 30.01.2013

 

Die 15 Millionen-Dollar-Frage

Wozu braucht der Premier von Ungarn eine Stiftung in den USA?

Wie aus einer Mitteilung des Amtsblattes "Magyar Közlöny" hervorgeht, sind 3,1 Milliarden Forint bzw. 15 Mio. USD Stiftungskapital der in den USA angesiedelten Stiftung "Friends of Hungary" der direkten Kontrolle des Ministerpräsidenten unterstellt worden. Diese Gelder stammen aus einem Fonds für "außerordentliche Regierungsmaßnahmen", angesiedelt beim Entwicklungsministerium. Doch wofür sind sie eigentlich gedacht?

Wir berichteten bereits im November über diese Konstellation, deren Fragwürdigkeit vor allem in der allgemein notwendigen Sparsamkeit, aber auch hinsichtlich der dubiosen Ziele und fehlenden Kontrollmechanismen besteht. Mittlerweile wurden zum eigentlichen Stiftungskapital, das bei normaler Bewirtschaftung jährlch rund 1 Mio. EUR Rendite abwerfen dürfte, weitere 780 Mio. Forint (2,65 Mio. EUR) zusätzlich für "operative Kosten" aus dem Haushalt zur Verfügung gestellt. Für weitere Unklarheit sorgt ein Posten "Unterstützung und Spenden", mit 612 Mio. HUF (1,05 Mio. EUR) veranschlagt und ebenfalls der Kontrolle der Stiftung übergeben. Das Amt des Ministerpräsidenten soll zunächst bis 2062 die Stiftung koordinieren und kontrollieren.

Wer leitet die Stiftung, wer sind die Hinterleute? Interessante Recherchen dazu auf den Blog Pusztaranger

Ziel der Stiftung sei die "Stärkung der nationalen Identität und des Zusammenhaltes der in der Diaspora lebenden Ungarn." Dazu gehören Veranstaltungen, Informationsbroschüren, Stipendien  sowie auch Werbekampagnen für die vereinfachte doppelte Staatsbürgerschaft, mit der sich die Regierungspartei einen Stimmenzuwachs bei den nächsten Wahlen ausrechnet. Allerdings verwundert, dass diese Maßnahmen nicht z.B. über die Botschaften, die Kulturinstitute oder über bestehende Freundschaftsgesellschaften bzw. Vereine abgewickelt werden. Auch die Höhe der Summe ist herausragend, wenn man bedenkt, dass - offiziell - ungarische Organisationen und Projekte im Siebenbürgen im Vorjahr mit rund 3-5 Mio. EUR  unterstützt wurden, wiewohl dort rund 1 Mio. ethnische Ungarn wohnen.

 

Die Regierung rechtfertigt den Posten so: "wie es die Verfassung verlangt, ist Ungarn für die Ungarn in der ganzen Welt verantwortlich, für die intellktuellen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zur Diaspora", "Ungarn als Mutterland will versuchen, eine alte Schuld an der Diaspora abzutragen." Zu diesem Zwecke wurde die Stiftung "in den USA eingerichtet." In den Ausführungen vom 7. Dezember auf der Webseite der Regierung heißt es weiter, dass man auch "das Image des Landes gegenüber politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern verbessern will".

Die Opposition vermutet dahinter also nicht ganz zu Unrecht ein - für ungarische Verhältnisse - sündteures Lobby-Büro, um Einfluss auf die Bewertung der ungarischen Politik in den USA zu nehmen und Pöstchen und Aufträge unter Parteifreunden zu verteilen. Neben den Kosten wird vor allem die direkte Unterstellung beim Premier kritisiert, es sei auch nicht notwendig gewesen, die Stiftung direkt in den USA anzusiedeln, denn dort habe weder der Steuerzahler noch das Parlament die Möglichkeit, die Verwendung der Gelder zu kontrollieren. Besonders bissige Kommentatoren vermuten in der Stiftung eine Art "Fluchtmillionen" für den Premier, falls die Dinge in der Heimat für ihn nicht mehr so gut laufen sollten...

red. / z.s.

Zum Thema:

Milliarden in Orbáns Vorzimmer: Ungarn und die EU-Gelder
http://www.pesterlloyd.net/html/1305eumilliardenlazar.html

Allianz der Phantome - Wer unterstützt die Pro-Regierungsbewegung in Ungarn?
http://www.pesterlloyd.net/html/1249phantomallianz.html

Ungarische Lottogelder für Fidesz-Politkampagne in Rumänien
http://www.pesterlloyd.net/2011_24/24lottogelder/24lottogelder.html

FC Gernegroß: Die schöne neue Fußballwelt in Ungarn
http://www.pesterlloyd.net/html/1241fussballakademie.html#

Nach Gutsherrenart: Neues aus Felcsút Teile 1-5
http://www.pesterlloyd.net/html/1226landvergabe.html

Mit Vitamin B zum Pachtland - Neues aus Felcsút, Teil 6
http://www.pesterlloyd.net/html/1232felcsut6.html

 

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