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(c) Pester Lloyd / 05 - 2013   OSTEUROPA 28.01.2013

 

Nachrichten aus Tschechien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien

Miloš Zeman neuer Präsident der Tschechischen Republik

Der erste direkt gewählte Staatspräsident Tschechiens heißt Miloš Zeman. Der Linkspopulist setzte sich in einer Stichwahl mit 54,8% gegen den konservativen Karel Schwarzenberg durch, der nur auf 45,19 Prozent der Stimmen kam. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,11%, wovon 0,5% der Stimmen ungültig waren. Kurioserweise trifft dies auch auf Präsidentschaftskandidat Schwarzenberg zu, der vergessen hatte, seinen Wahlzettel in den dafür vorgesehenen Umschlag zu stecken und somit seine Stimme nicht ordnungsgemäß abgegeben hatte.

Zeman kündigte an, er wollte Präsident aller Tschechen sein. Außerdem sprach er sich für Neuwahlen aus, die so früh wie möglich abgehalten werden sollten, da die aktuelle Mitte-Rechts-Regierung nicht in freien Wahlen gewählt worden sei. Zeman begründete dies damit, dass sich während der Regierungszeit die Regierungspartei VV (Věci veřejné) abspaltete, und ins Oppositionslager wechselte. Daraufhin wiederrum verließen einige Amtsträger VV und gründeten die neue Partei LIDEM, welche seitdem im Parlament sitzt und die Regierungsmehrheit sichert.

Miloš Zeman wird am 8. März in die Prager Burg einziehen. Am Tag zuvor endet die zweite Amtszeit des scheidenden Präsidenten Václav Klaus.

Ein ausführlicher Bericht zur Präsidentenwahl, den Kandidaten und zum Wahlkampf

 

Bulgarien: Attentat auf Politiker sollte nur “Wachrütteln” sein

Am 19. Januar ist während des Parteitages der bulgarischen Partei DPS („Bewegung für Rechte und Freiheiten“) ein Attentat auf den Vorsitzenden Ahmed Dogan fehlgeschlagen. Während Dogan eine Rede hielt, gelang der 25-jährige Oktay Enimehmedov auf die Bühne und bedrohte den Politiker mit einer Gaspistole. Dank Ladehemmung wurde jedoch kein Schuss abgefeuert. Der Attentäter wurde noch auf der Bühne überwältigt und sitzt mittlerweile in Haft. Da es sich nur um eine Gaspistole handelte und Enimehmedov beteuerte, er wollte Dogen nicht töten, sondern nur wachrütteln, wird die Staatsanwaltschaft wegen Morddrohung, und nicht wegen versuchten Totschlages, Anklage erheben.

Oktay Enimehmedov ist bereits polizeibekannt und durch die Delikte Drogenbesitz, Raubüberfall und Körperverletzung auffällig geworden. Staatspräsiden Rossen Plewneliew verurteilte den Anschlag und bezeichnete diesen nicht nur als einen Angriff auf einen Politiker, sondern auch als Angriff auf die demokratischen Werte und Grundlagen der bulgarischen Gesellschaft und des Staates. Als der Parteitag nach mehrstündiger Unterbrechung fortgesetzt wurde, kündige Ahmed Dogan seinem Rücktritt vom Parteivorsitz an. Dies war allerdings schon vor dem gescheiterten Attentat so festgelegt.
 

Rumänien: Gesetzesänderung bietet korrupten Parlamentariern größeren Schutz vor Strafverfolgung

Eine Gesetzesänderung, welches die Aufhebung der Immunität für rumänische Parlamentsabgeordnete erschwert, garantiert diesen von nun an einen wesentlich größeren Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung. Dabei wurden die Kompetenzen der Nationalen Agentur für Integrität (ANI) herabgesetzt, welche die Vermögensverhältnisse der Parlamentarier überprüft. Sollte ANI unklare Kontobewegungen bei einem Parlamentarier feststellen, muss vor Gericht ein rechtskräftiges Urteil gegen diesen erwirkt werden, damit dessen Mandat aufgehoben wird. Zuvor musste der Verdächtigte selbst vor Gericht gegen ANI vorgehen, um diesem Schicksal zu entgehen.

Außerdem können Hausdurchsuchungen bei Parlamentsabgeordneten nur dann durchgeführt werden, wenn konkrete Beweise vorliegen. Auf dieser Grundlage entscheidet das Parlament dann, ob Hausdurchsuchungen zulässig sind oder nicht. Zuvor waren konkrete Beweise nicht nötig, damit das Parlament sich damit befasst.

Die Initiative kam von der sozial-liberalen Regierung um Ministerpräsident Victor Ponta, die im Parlament eine Zweidrittel-Mehrheit hat. Diese bestätigt damit bereits zum wiederholten Male, dass sie ihre Macht zum Schutz der eigenen “Leute” missbrauchen könnte.

Das erneuerte Gesetz beschäftigt derweil schon den Europarat. Dessen Rechtsexperten sollen nun überprüfen, ob die Änderungen mit den Vorstellungen des Europarates vereinbar sind.

Mehr zur neuen Regierung in Rumänien, den letzten Wahlen, Korruptionsbekämpfung, der Staatskrise um den Präsidenten.

 


 
Prager Stadtgericht erklärt Amnestie für ungültig

Das Prager Stadtgericht hat die von Präsident Václav Klaus erlassene Amnestie für Häftlinge für verfassungswidrig erklärt und diesbezüglich eine Empfehlung an das tschechische Verfassungsgericht (US) abgegeben. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war, dass die Amnestie innerhalb der Regierung nicht ausreichend diskutiert wurde. Faktisch fand dies gar nicht statt, da Premier Petr Nečas die Amnestie nur gegenzeichnete, ohne diese der Regierung zu übermitteln. Damit erzielt der Einspruch einiger Senatoren einen ersten Erfolg. Die Prager Richter schlugen auch vor, alternativ jene Passagen zu streichen, mit denen die Einstellung von laufenden Strafverfahren ermöglich wurde.

Rechtsexperten bezweifeln allerdings, dass das Verfassungsgericht die Amnestie für ungültig erklären wird. So sagte Jan Kysela, Verfassungs-Experte von der Karls-Universität Prag, dass es die Entscheidung des Premiers ist, ob und mit wem er einen Amnestie-Vorschlag diskutiert. Sein Kollege Aleš Gerloch ist gleicher Meinung. Ihm zufolge sei die Amnestieerlassung seitens des Präsidenten faktisch eine politische Entscheidung, obwohl diese eine gewisse Rechtsform habe.

Die am Neujahrstag erlassene Amnestie hatte hohe Wellen in Tschechiens Gesellschaft geschlagen, da sie auch Drahtzieher von Korruptions-Skandalen in den 1990er Jahren betrifft.



Slowakei: Arbeitslosenquote erreicht Höchststand seit 2004

Im Dezember 2012 gab es in der Slowakei über 390.000 Erwerbslose, was einer Arbeitslosenrate von 14,5% entspricht. Dieser Wert ist zugleich der fünfthöchste innerhalb der Europäischen Union und der höchste für die Slowakei seit 2004.

Wesentlicher Grund hierfür ist zunächst die Wirtschaftskrise. Noch 2007 war die Slowakei die am drittschnellsten wachsende Volkswirtschaft der EU. So konnte beispielsweise die Arbeitslosenquote von 16,4% im Jahre 2005 innerhalb von drei Jahren auf 9,6% gesenkt werden. Mit dem Einsetzen der Wirtschaftskrise verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum immens, war zeitweise gar stark rückläufig, und die Arbeitslosenzahlen stiegen wieder an.

Als weiterer Grund für die aktuellen Zahlen gelten Änderungen von Arbeitsgesetzen. So werden Entlassungen ab 2013 für Unternehmen wesentlich teurer, weshalb einige sich dafür entschieden hätten, diesen Schritt bereits Ende 2012 zu vollziehen. Auch Erhöhungen von Steuer- und Sozialabgaben sollen für die aktuelle Arbeitslosenquote eine Rolle spielen.

 

Tschechien: weiten Fremdsprache wird in Schulen zur Pflicht

Das Bildungsministerium hat Änderungen des Bildungsrahmenplans für tschechische Schulen vorgestellt. Die auffälligste Änderung ist, dass das Erlernen einer zweiten Fremdsprache nun Pflicht ist. Dies soll ab der achten Klasse stattfinden, kann auf freiwilliger Basis aber auch schon früher geschehen. Dabei sollen sechs Stunden pro Woche dafür aufgewendet werden. Momentan ist das Erlernen einer zweiten Fremdsprache optional.

Weitere Änderungen betreffen die Bruchrechnung, die nun früher gelehrt werden soll. Außerdem werden mehr Akzente auf Verkehrserziehung, dem Schutz vor verbreiteten Risiken und Notfällen, Landesverteidigung, Korruption sowie Sexual- und Familienerziehung gelegt werden.

Die Änderungen werden ab dem nächsten Schuljahr wirksam und sollen den seit sieben Jahren existierenden Plan den aktuellen Bildungstrends anpassen.

Zusammengestellt von Christopher Schulz

 

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