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(c) Pester Lloyd / 08 - 2013   SERBIEN 18.02.2013

 

Vendetta oder Inszenierung?

Attentatsversuch auf Premier von Serbien: "Habe nichts zu verbergen."

Serbiens Premierminister Ivica Dačić ist am Donnerstag, nach Angaben Belgrader Sicherheitsbehörden, nur knapp einer Katastrophe entgangen. An dem Flugzeug, in dem er von Dublin nach Belgrad fliegen sollte, hatten sich Kriminelle zu schaffen gemacht. Dabei muss ein Komplize direkten Zugang zum Flugzeug gehabt haben, welches auf Grund technischer Probleme zuletzt mehrfach kontrolliert werden musste.

Dačić erklärt in “White House”-Ambience, dass er nichts zu verbergen hat.
Noch steht der Präsident hinter ihm.

Nach dem Start wäre das Flugzeug wohl verunglückt, es hätte wie ein Unfall ausgesehen. An Bord wäre neben Dačić noch sein Stellvertreter Aleksandar Vučić gewesen.Die eingreifende Polizei hatte Informationen vom serbischen Geheimdienst (BIA) bekommen und stoppte das Flugvorhaben. Als Dačić in Belgrad wieder auf sicheren Boden stand, sagte er, keine kriminelle Vereinigung könne die Arbeit der Regierung beeinflussen. Von welcher kriminellen Vereinigung der Anschlagsversuch ausging, wollte weder der Premier, noch die Polizei verraten.

Die Sache ist insofern von feiner Ironie, da Dačić selbst im Verdacht steht, sich mit Unterweltgrößen eingelassen zu haben, was bereits zu einer Regierungskrise in Serbien geführt hatte. Kritische Beobachter behaupten daher, dass es für die Anschlagsstory nur zwei Erklärungen geben könne: die Unterwelt wollte Dačić zum Schweigen bringen, was seine Verbindungen belegen würde oder: die Sache ist als Ablenkung inszeniert, damit Dačić nun die Staatsmacht einsetzen kann, um unliebsame Zeugen zum Schweigen zu bringen. In beiden Fällen wäre der Premier rücktrittsreif.

Serbiens Premier Dačić hat „nichts zu verbergen“

 

Wie Ivica Dačić am Dienstag aber nochmals beteuerte, habe er zum Zeitpunkt der Treffen mit dem zwielichtigen Geschäftsmann Rodoljub Radulović nichts über dessen kriminellen Hintergrund gewusst. Da es während der Treffen nie um solche Machenschaften ging, habe er auch nichts zu verbergen. Wie Anfang Februar bekannt wurde, traf Ivica Dačić im Jahre 2008 und 2009 als damaliger serbischer Innenminister Rodoljub Radulović, dem wiederrum Kontakte zum flüchtigen Mafiosi und „Kokain-König“ Darko Šarić nachgesagt werden. Radulović wird in Serbien des Schmuggels von 1,8 Tonnen Kokain verdächtigt. Eine Belgrader Zeitung hat unterdessen einen Brief Radulovićs veröffentlicht, in dem er abstreitet irgendwelche Verbindungen zu Darko Šarić zu haben.

Präsident Nikolić verlangte zwar auch "umfassende Aufklärung", stärkte seinem Premier jedoch den Rücken und hält einen Rücktritt oder gar Neuwahlen im Moment für keine gute Sache, denn alle machten ja einen prima Job und man sollte den Premier jetzt nicht "mental" weiter schwächen. “Ich denke, es war ein Fehler, er sollte schon alles aufklären als es das erste Mal bekannt wurde.” so Nikolic, andererseits “ist Dačić unter großem Druck und das letzte, was er jetzt braucht, ist, dass wir ihn weiter attackieren...” Wer jetzt Neuwahlen fordere, “spiele mit der Stabilität”.

Nikolić wie Dačić waren beide bereits unter Milošević, dem Hauptverursacher der mörderischen Balkankriege, politisch in Kabinettspositionen tätig.

c.s.

 

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