Ost-West-Drehscheibe
Pester Lloyd Stellenmarkt

Das Archiv ab 1854

 

Hauptmenü

 

 

 

 

(c) Pester Lloyd / 08 - 2013   NACHRICHTEN 18.02.2013

 

Einschüchterungsversuche gegen Studenten in Ungarn: 300 besetzten Brücke

Während eine Fakultät der größten Uni des Landes (ELTE) noch immer von Aktivisten der Studentenbewegung HaHa besetzt gehalten wird, machten sich am Montagabend rund 300 Studierende auf, um durch eine Demonstration und eine Brückenbesetzung auf ihre nach wie vor ungelösten Probleme aufmerksam zu machen. Der Demonstrationszug marschierte, völlig unnötigerweise eingerahmt von einem Polizeikordon, von der Petöfi zur Freiheitsbrücke, wo man durch "kollektives Schnürsenkelbinden im Zeitlupentempo" eine Blockade veranstaltete, ohne eine solche zu deklarieren, da die Polizei die nicht genehmigte Aktion andernfalls zur gewaltsamen Räumung provoziert hätte.

Budapest, Montagabend. Der Zug geht von der Petöfi- zur Freiheitsbrücke, wo die Studentenproteste im Dezember ihren Ausgang nahmen. Alles weitere auf der Themenseite Hochschulreform & Studentenproteste

Schon im Vorfeld dieser Demo gab es Einschüchterungsversuche von Seiten der Staatsgewalt. So erschienen bei den Besetzern der ELTE-Uni im Laufe des Tages Ermittler vom Zentralen Ermittlungsbüro, NNI und "warnten" Aktivisten in "Einzelgesprächen" vor der "Begehung von Straftaten", wird von dort berichtet. Auch soll die Unileitung in internen Gesprächen disziplinarische Maßnahmen angekündigt und - ohne richterliche Anordnung - Daten über die Aktivisten an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet haben.

 

Vor wenigen Tagen wurde ein Ex-Rektor der ELTE zum Nachfolger von Rózsa Hoffmann als Staatssekretär für die Hochschulbildung eingesetzt. Sein Auftrag ist, wie sein Auftreten belegt, jedoch nicht die Vermittlung, sondern die Niederschlagung jeglichen Widerstandes gegen die Hochschulreform und die Disziplinierung der Hochschulleitungen, wozu er über die richtigen Kontakte zu verfügen scheint. Die Gelegenheit scheint derzeit günstig, wo nicht mehr Zehntausende, sondern nur einige Hundert demonstrieren. Auch, das auf einmal “Fußballhooligans” als Gegendemonstranten und Provokateure bei den Studenten auftauchen, scheint kein Zufall zu sein. Den Behörden könnte nichts besseres passieren, als dass - wie auch immer - eine “öffentliche Bedrohungslage” entsteht, um jegliche Art von Veranstaltung zu untersagen. Auch bei der Großdemo der Studenten am 12. Dezember waren rechtsradikale Provokateure aufgetaucht und versuchten die Massen zu einem Sturm auf das Parlament zu bewegen, was die Besonnenheit der Beteiligten verhinderte.

Die Einschüchterung von Schülern und Studenten ist dabei nicht neu, schon im Dezember wurden auch Gymnasiasten in mehreren Einrichtungen von den Schuldirektoren "verhört" und entspr. Berichte - ganz in alter Stasitradition - an Regierungsstellen weitergeleitet. Andere Leiter von Bildungseinrichtungen wollten den Schülern jeden Protest einfach per Aushang "verbieten", wieder andere drohten teils unverhohlen mit "Nachteilen" bei der Bewertung oder empfahlen das Gebet. Ein Transparenzportal hat all diese Fälle fein säuberlich dokumentiert, hier auch auf engl. nachzulesen (Link im unteren Teil des Textes) Als dann herauskam, dass sich Aktivisten der HaHa Rat von US-amerikanischen Organisationen auch zu Techniken des zivilen Widerstandes erteilen ließen, war sich die Regierung vollends sicher: die ganze Bewegung ist eine reine Oppositionsveranstaltung, die Studenten sind fremdgesteuert und -finanzert.

Alles weitere auf der Themenseite Hochschulreform & Studentenproteste

red.

 

Möchten Sie den Pester Lloyd unterstützen?