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(c) Pester Lloyd / 08 - 2013   POLITIK 22.02.2013

 

Der Master und sein Plan

Orbáns Rede zur Lage der Nation: Ungarn besser als Europa

Der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán, hielt am Freitag seine traditionelle "Rede zur Lage der Nation", die fünfzehnte seit 1999. Im Budapester Millenáris Theater eröffnete der Premier dabei die Vision eines prosperierenden Landes, dem es unter seiner Regierung besser gehe als zuvor. Orbán plant daher schon einmal für die nächsten 20 Jahre, wobei die Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen im Mittelpunkt steht und warnt vehement vor der Rückkehr des finsterer Mächte.

“Ungarn entwickelt sich gut, besser als zuvor und beim Krisenmanagement erfolgreicher als die meisten Länder in Europa", so lautete die zentrale Botschaft der Rede, die mit einem “Ungarn macht´s besser”-Transparent über der Bühne an die Zielgruppe penetriert wurde. Mit Bedacht auf die Außenwirkung verzichtete Orbán auf die sonst gängigen nationalistischen Übertreibungen, wartete dafür aber vor allem im ökonomischen Bereich mit Hausnummern auf, die in der Realität kaum auffindbar sind. Orbán behauptete u.a., dass zu den Errungenschaften seiner Regierungszeit die "Reduzierung der Alltagssorgen der Bürger" zählt sowie die Gewährung von Unterstützung für Familien, Rentner und die Erhöhung des Respekts vor der Arbeit. "Spürbare Fortschritte" wurden demnach auch bei "unnötigen Ausgaben", "Stärkung der Polizeikräfte", "der Verbesserung des Gesundheitswesens" und der "sozialen Integration" gemacht.

Orbán stellte klar, dass - unabhängig davon, was die EU sich ausrechnet - das Haushaltsdefizit 2013 "in jedem Fall unter 3% des BIP bleiben wird", denn man habe schon 2012 bewiesen, dass man die öffentlichen Schulden reduzieren und die "Finanzen unter Kontrolle halten kann". Kurz zuvor hatte die Regierung in einer Aussendung die EU "falscher Annahmen" hinsichtlich des Wachstums bezichtigt, das die Regierung nach wie vor bei 1% des BIP sieht, während die EU-Kommission in ihrer Schätzung von rund 0% ausgeht, mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf den Haushalt. Orbán: man soll sich davon nicht irre machen lassen, die EU hätte die ungarischen Wirtschaftsindikatoren noch nie richtig vorhergesagt.

Mit Details hielt sich Orbán, der sich betont staatstragend gab, jedoch nicht lange auf, sondern zeichnete mit kühnem Schwunge seine Vision in den Raum: die Ziele der nächsten 20 Jahre seien in seinem inneren "Masterplan" fixiert: "die Abhängigkeit des Landes im Finanz- und Energiesektor" (lies: von ausländischen Konzernen, Anm.) werde "ein Ende finden", jene, "die in Fremdwährungsschulden gefangen sind, werden befreit" und der "Bevölkerungsrückgang wird gestoppt" werden. Ungarns "Ökonomie wird zu den dreißig wettbewerbsfähigsten der Welt" gehören und die "Schuldenquote des Staates wird unter 50% des BIP sinken" (heute 79%, Anm). "Alle Ungarn sollen in der Lage sein in ihrer Heimat Arbeit zu finden und mehr ungarische Universitäten werden zu den Top 200 (!, Anm.) der Welt sein".

Die Verbesserung des Lebensstandards sei von herausragender Wichtigkeit für alle Regierungsentscheidungen. Daher werden man das "Arbeitsplatzschutzprogramm" fortsetzen und ein weiteres Programm für Gehaltsempfänger auflegen. Auch hier kamen noch keine Details.

Orbán zeichnete den Kampf zwischen nationaler Idee und "Internationalismus", repräsentiert durch die "Sozialisten, die das Land an den Kollaps geführt hatten", wie den biblischen Kampf Gut gegen Böse an die Wand. Es gäbe eine ganze Reihe von Leuten, die von dem Niedergang des Landes jahrelang profitiert haben und die das Land zurück in eben diese Vergangenheit führen wollen. Man wisse wer diese Leute sind, die gemeinsam das Land zerstören wollen, so Orbán, der damit einen Ausspruch seiner Fangemeinde von den "Friedensmärschen" aufnahm, was die Anwesenden Vertreter selbiger vor Stolz fast platzen ließ. Jedenfalls werde man das nicht zulassen, das Volk wird das nicht zulassen, etc.

 

Orbán bemühte wieder das Bild von der "Revolution", die sich 2010 an den Wahlurnen ereignete (was in sich ein Widerspruch ist, weil Revolutionen ja meistens ohne Wahlen auskommen...). Die Menschen hätten gemerkt, dass Schicksalsergebenheit nicht die Antwort auf die Missstände sei und daher eine Regierung gewählt, die tut, was zu tun ist und nicht, was andere von uns erwarten, so der Premier, der seine Rede immer mal wieder mit launigen Witzchen und Zitaten großer Schriftsteller würzte.

Der Schlüssel für ein "starkes Ungarn" in der Zukunft sei in jedem Falle ein klares Programm, aber auch die Anstrengung und der Kampf für die Umsetzung desselben. Mit weiteren Phrasen zu Generationen, Enkeln, der Zukunft und den üblichen "Los gehts Ungarn!"-Rufen endete die Rede, die zeitgleich live im TV und im Radio übertragen wurde, im tosenden Applaus eines sich von den Sitzen reißenden Publikums, das, ebenso wie die Rede selbst, jeden vertiefenden Kommentar überflüssig macht.

red. / m.s.

 

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