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(c) Pester Lloyd / 09 - 2013   WIRTSCHAFT 27.02.2013

 

Jobkauf

Zweifelhafte Arbeitsplatzsubventionen für Berufseinsteiger in Ungarn

Mit 1. März wird ein Modellprojekt zur Arbeitsplatzschaffung von Berufseinsteigern neu aufgelegt, das im Jahr 2012 im Versuchsstadium gestartet wurde. Insgesamt 7.200 jungen Leuten soll so ein Arbeitsplatz "gesichert" werden, zumindest im Rahmen der Förderperiode. Der Staatssekretär für den Arbeitsmarkt Sándor Czomba erklärte, dass man in diesem Jahr 5 Milliarden Forint, also rund 17 Mio. EUR dafür bereitstellen werde.

“Ich liebe meinen Job!” - “Die Regierung unterstützt Ihren Arbeitsplatz!” Alles nur Parolen?

Die Sache funktioniert so: Facharbeiter, aber auch Hilfsarbeiter können sich beim Arbeitsamt für das Projekt bewerben. Interessierte Unternehmen melden dann ihren Bedarf an, bzw. suchen sich aus dem Personal-Pool das Passende heraus. Der Staat zahlt sodann für sechs Monate das Gehalt, das jedoch nicht höher sein darf als das 1,5fache des gesetzlichen Mindestlohnes und übernimmt auch die arbeitnehmer- wie arbeitgeberseiteigen Sozialabgaben für diesen Zeitraum. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, den Arbeitnehmer mindestens noch weitere drei Monate auf eigene Rechnung weiter zu beschäftigen.

Der Staatssekretär behauptete, dass alle im Vorjahr auf diese Weise geförderten Arbeitspltäze noch bestehen würden, ja, sogar, dass aus den 2012 subventionierten 3.200 Arbeitsplätzen insgesamt 7.200 feste Stellen geworden sind, weil die Unternehmen, die daran teilnahmen, einen derartigen Push erlebten. Das sind natürlich Märchen. Wäre dem nämlich so, hätte man das Programm um ein Vielfaches ausgedehnt, was aber nicht der Fall ist.

Fachleute kritisieren vor allem, dass das Programm zu kurzfristig angelegt ist und unproportional wirkt, es sei schlicht sinnlos alle Lohnkosten für ein halbes Jahr zu zahlen und dann nur drei Monate Weiterbeschäftigung zu verlangen. Auf diese Weise würden Unternehmer jeden x-beliebigen Antragsteller mit samt der Staatsgelder aufnehmen. Weiser wäre es gewesen, nur einen prozentualen Anteil zu finanzieren - als Anreiz, damit die Unternehmer, die wirklich Personal suchen, gefördert werden und sich nur solche beteiligen, die tatsächlich Ausschau nach für sie passendem Personal suchen. Kritiker bemängeln außerdem die intransparente Vergabepraxis und vermuten, dass die Gelder vornehmlich an Unternehmen in entsprechenden Netzwerken gelangen.

In Ungarn gibt es derzeit offiziell 72.000 als arbeitslos registrierte Berufsanfänger, also junge Menschen bis 27 Jahre, die zwar eine Ausbildung oder Studium haben, aber noch nie einen Job hatten. Die Arbeitslosenquote liegt in dieser Gruppe bei 28,4%, die Regierung vergisst nicht, hinzuzufügen, dass sie im EU-Schnitt (wegen Ländern wie Spanien, Griechenland, Italien) über 30% liegt. Eine andere Rechnung sagt aus, dass die Quote nur deshalb "so niedrig" ist, weil die meisten, betroffenen jungen Leute längst das Weite im Westen gesucht haben.

 

Solange solche Programme wie das obige nicht durch eine Verbesserung der öffentlichen Investitionen, einschließlich transparenter und für alle zugänglicher Vergabepolitik (vor allem auch von EU-Geldern) sowie eine berechenbare und tatsächlich entlastende Steuer- und Wirtschaftspolitik getragen werden, bleiben sie Kosmetik. Das gilt auch für das 300-Milliarden-schwere Arbeitsplatzschutzprogramm.

Der Staatssekretär verwahrte sich bei der Präsentation am Dienstag übrigens vehement gegen Presseberichte, die es wagen, die Zahlen des Statistischen Zentralamtes KSH vom Vortag hinsichtlich des Arbeitsmarktes so auszulegen, als würde die ansteigende Beschäftigung nur auf Teilnehmer der Kommunalen Beschäftigungsprogramme zurückzuführen sein. Allerdings ist es genau so,
denn das KSH selbst errechnete es so. Hier muss die Regierungskommunikation also noch "professioneller" werden.

cs.sz.

 

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